Prozess gegen Bürgerrechtler in China: Kritik ist nicht erwünscht

Seit drei Jahren sitzt der chinesische Anwalt Wang Quanzhang in Haft. Nun wird ihm unter Ausschluss der Öffentlichkeit der Prozess gemacht.

Wang Quanzhang und seine Frau Li Wenzu mit ihrem Sohn

Wang Quanzhang und seine Frau Li Wenzu mit ihrem Sohn Foto: dpa

Am Mittwoch hat in einem Volksgericht der nordchinesischen Hafenstadt Tianjin der Prozess gegen den Bürgerrechtler und Anwalt Wang Quanzhang begonnen. Sicherheitskräfte hatten schon vor Beginn das Gerichtsgebäude weiträumig abgeriegelt. Die Polizisten machten sehr klar deutlich: Niemand ist erwünscht. Dabei ist der Prozess formell öffentlich. Als es einem Unterstützer des Bürgerrechtlers doch gelang, sich dem Gericht zu nähern, und er rief: „Wang Quangzhang ist ein guter Mensch“, stürmten zwei Sicherheitskräfte in Zivil auf ihn zu und führten ihn in einem schwarzen Wagen ab.

Wangs Frau, Li Wenzu, berichtet, als sie am Morgen ihre Wohnung verlassen wollte, um sich auf den Weg nach Tianjin zu machen, waren ihr ebenfalls sofort Sicherheitskräfte auf den Fersen. Sie hätten alle sechs Ausgänge ihrer Wohnanlage blockiert. Sie habe schließlich aufgegeben müssen.

Wang war bis zu seiner Festnahme Anwalt und hat unter anderem Bürgerrechtsaktivisten, Opfer von Landenteignungen und Anhänger der in China verfolgten Falun-Gong-Sekte vertreten. Der 42-Jährige hat sich zudem für mehr politische Freiheiten eingesetzt und immer wieder das Gebaren der chinesischen Justiz kritisiert.

Im August 2015 wurde er im Zuge der sogenannten „709-Aktion“, einer großangelegten Verfolgungswelle, neben rund 300 weiteren Anwälten, Kanzleimitarbeitern, Aktivisten und deren Angehörigen festgenommen. Vor allem auf die inzwischen geschlossene Anwaltskanzlei Fengrui hatten es die chinesischen Behörden abgesehen. Sie hat unter anderem den nun in Berlin lebenden Künstler Ai Weiwei vertreten. Kanzleigründer Zhou Shifeng ist wegen „Untergrabung der Staatsgewalt“ bereits zu sieben Jahren Haft verurteilt. Die Verhaftungswelle hatte am 9. Juli 2015 begonnen, daher die Bezeichnung „709“.

Von Wang gab es als einzigem drei Jahre lang nicht ein Lebenszeichen. Die Behörden verweigerten seiner Frau und seinen Verteidigern jegliche Auskunft

Die meisten der damals Verhafteten sind inzwischen zwar frei, viele von ihnen aber waren nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Amnesty International in Haft Misshandlungen ausgesetzt. Sie mussten zudem Schuldeingeständnisse abgeben. Von Wang gab es als einzigem drei Jahre lang nicht ein Lebenszeichen. Die Behörden verweigerten seiner Frau und seinen Verteidigern jegliche Auskunft. Seine Frau befürchtete bereits, dass er gar nicht mehr am Leben sei, und entschloss sich im April, eine öffentlichkeitswirksame 12-tägige Wanderung zu Fuß von Peking nach Tianjin zu machen, um auf das Schicksal ihres Mannes aufmerksam zu machen.

Im Juli dieses Jahres durfte ein Anwalt ihn schließlich in Haft in Tianjin besuchen. Wangs Frau hat ihn aber immer noch nicht sehen dürfen. Vermutet wird, dass Wang ein Schuldgeständnis verweigert hat. Die Erfahrung aus früheren Verfahren zeige, dass Aktivisten zu sehr harten Strafen verurteilt wurden, wenn sie sich weigerten, im Ausgleich für Milde ein Geständnis abzulegen, befürchtet Doriane Lau von Amnesty. Inzwischen ist bekannt, dass Wang „Untergrabung der Staatsgewalt“ vorgeworfen wird. Er soll zudem Kontakte zum schwedischen Aktivisten Peter Dahlin gepflegt haben, mit dem Ziel der „Ausbildung feindlicher Kräfte“. Für beides droht in China lebenslange Haft.

Von westlichen Beobachtern wird vermutet, dass die chinesischen Behörden den Prozessbeginn bewusst auf den zweiten Weihnachtsfeiertag gelegt haben. Denn in diesen Tagen sind die meisten Diplomaten und auch Korrespondenten auf Heimaturlaub. Daher sei mit weniger Aufmerksamkeit der westlichen Welt zu rechnen.

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