Tschetschenien und der Ukraine-Krieg: Kadyrow droht Kiew
Das Oberhaupt der Tschetschenen behauptet, in der Ukraine zu kämpfen. Seine Truppen sind berüchtigt und dort schon länger aktiv.

Derlei Gerüchte hatte Kadyrow aber selbst befeuert. Am Sonntag hatte er auf seinem Telegram-Kanal Fotos veröffentlicht, die ihn mit anderen tschetschenischen Kämpfern angeblich nach der erfolgreichen „Eroberung“ eines Waisenhauses zeigen – nur sieben Kilometer von Kiew entfernt.
24 Stunden später reagierte Kadyrow auf eine Äußerung von Oleksij Arestowitsch. Der Berater des Chefs der Kiewer Präsidialverwaltung hatte gesagt, es gebe Informationen, wonach Kadyrow am Vortag in der tschetschenischen Hauptstadt Grosny gesichtet worden sei.
Der retournierte postwendend mit einem Video von tschetschenischen Soldaten der Nationalgarde (so etwas wie die Privatarmee von Präsident Wladimir Putin), vorgeblich aufgenommen im Donetsker Gebiet in der Ostukraine. „Habt ihr etwa dieses Video nicht gesehen oder soll ich an eure Tür klopfen?“, heißt es da. Und an den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski und „seine Bande“ gerichtet: „Wohin auch immer ihr gehen und wo auch immer ihr euch verstecken werdet: Unsere Kämpfer werden euch erwischen.“
„Kadyrowtsy“ wegen Brutalität gefürchtet
In sozialen Medien wird besagtes Anschauungsmaterial von Kadyrow mit Skepsis kommentiert. Kadyrow sei nicht in der Ukraine, aber er brauche Aufmerksamkeit. Beim Thema Ukraine-Krieg wolle er sich so gut wie möglich in Szene setzen, heißt es auf dem anonymen Telegramm-Kanal 1ADAT, den Kadyrow-Kritiker seit 2020 betreiben. „Kadyrows Propagandamaschine tut alles mögliche, um ihn als wahren Kämpfer zu präsentieren. In Wahrheit ist er aber nichts anderes als ein Feigling und Schisshase.“
Aber fürs Grobe hat man ja seine Leute. So ist die mithilfe tschetschenischer Truppen bei der Spezialoperation zur „Demilitarisierung“ und „Denazifizierung“ an verschiedenen Orten in der Ukraine mittlerweile hinreichend belegt – und das nicht erst seit Ausbruch des jüngsten Angriffskrieges. Die wegen ihrer Brutalität gefürchteten „Kadyrowtsy“ waren in den sogenannten Volksrepubliken Donetsk und Luhansk genauso unterwegs wie in Syrien.
Auch in ihrer Heimatrepublik gehen sie ihrem tschetschenischem Oberhaupt bereitwillig zur Hand. Sie sind für schwerste Menschenrechtsverletzungen an der tschetschenischen Bevölkerung, wie Ermordungen, Entführungen und Verschwindenlassen, verantwortlich.
Selbst im Ausland sind Tschetschen*innen nicht vor ihnen sicher. In den Jahren 2017 und 2019 nahm Kadyrows Sicherheitsapparat vor allem homosexuelle Männer ins Visier. Diese wurden zum Teil Opfer tödlicher „Säuberungsaktionen“.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?