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Trump schickt NationalgardeEin Alleingang, der vielen Angst macht

Das erste Mal seit 60 Jahren entsendet ein US-Präsident eigenmächtig die Nationalgarde. Er dürfte weitere Proteste provozieren.

2.000 Nationalgardisten hat US-Präsident Donald Trump eigenmächtig zur Bekämpfung der Unruhen nach Kalifornien geschickt Foto: Jill Connelly/Reuters

Washington taz | Szenen wie in Los Angeles könnten bald auch andere US-Städte erschüttern. Die Einwanderungsbehörde ICE plant, ihre Razzien gegen illegale Einwanderer landesweit auszuweiten. Ziel ist laut Experten nicht nur die Verhaftung von kriminellen und undokumentierten Einwanderern, sondern auch die Einschüchterung aller Einwanderer.

US-Präsident Donald Trump hatte die Demonstranten, die gegen die Abschiebeoperationen von ICE in Los Angeles protestieren, als „Unruhestifter und Aufständische“ bezeichnet. Sein Erlass zur Entsendung von 2.000 Nationalgardisten gegen den ausdrücklichen Wunsch von Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom ist umstritten.

Es ist das erste Mal seit 60 Jahren, dass ein Präsident diese Option gezogen hat. Als Truppen der Nationalgarde nach dem Polizeimord an George Floyd im Jahr 2020 bei Protesten zum Einsatz kamen, stimmten die Gouverneure der einzelnen Bundesstaaten zu.

Dieses Mal wagt Trump den Alleingang. Die undurchsichtige Rechtslage erlaubt es ihm, diese Maßnahme zu ziehen. Laut Trump sollen die Truppen nur Bundesgebäude und Beamte schützen. Dennoch sehen Kritiker darin eine weitere Anstiftung.

Proteste gegen ICE nichts neues

Brennende Autos, Flaggen, Rauchgranaten und Gummigeschosse zeigen, wie angespannt die Lage ist. Mit der Nationalgarde sendet Trump ein Machtsignal an das demokratische Kalifornien. Gouverneur Newsom, ein möglicher Präsidentschaftskandidat der Demokraten, soll als unfähig und unentschlossen erscheinen.

„Gouverneur Gavin Newscum [sic] und Bürgermeister [Karen] Bass sollten sich bei den Menschen in Los Angeles für die absolut schreckliche Arbeit entschuldigen, die sie geleistet haben, und dazu gehören nun auch die anhaltenden Unruhen in L. A.“, erklärte Trump in einen Social-Media-Post.

Proteste, die sich gegen das Vorgehen von ICE richten, sind nichts Neues. Dass die Situa­tion in Los Angeles in den vergangenen drei Tagen überkochte, hat vor allem damit zu tun, dass die Zahl der Menschen mit Migrationshintergrund in Südkalifornien äußerst hoch ist. In Los Angeles können mehr als 45 Prozent aller Einwohner ihre Wurzeln in Lateinamerika zurückverfolgen.

Vor dem Hintergrund dieser Statistik spielt Angst eine Rolle: Könnte man selbst in eine Razzien geraten und fälschlicherweise abgeschoben werden? Was ist mit Familienmitgliedern oder Nachbarn? Der Fall des Salvadorianers Kilmar Ábrego García zeigt, dass diese Sorgen berechtigt sind. Trotz eines Gerichtsbeschlusses deportierte die Trump-Regierung ihn nach El Salvador. Letzte Woche korrigierte die Regierung den Fehler, nur um ihn bei seiner Heimkehr wegen Menschenhandels anzuklagen.

Einreiseverbot seit Montag

Die Abschiebeoperationen in Los Angeles könnten das soziale Gefüge der Stadt erschüttern. „Die Leute sind empört über die Operationen der ICE in unserer Gemeinde. Sie halten den Einsatz der Nationalgarde für völlig unnötig und ich stimme dem Gouverneur vollkommen zu, dass die Nationalgarde die Situation anheizt und verschlimmert. Und genau das ist passiert“, sagte die kalifornische Kongressabgeordnete Nanette Barragán am Montagmorgen gegenüber NPR. Zu ihrem Wahlbezirk gehört die südliche von L. A. gelegene Stadt Paramount. Dort kam es am Samstag zu Ausschreitungen.

Die Bilder aus Kalifornien zeigen die angespannte Lage im Land. Die USA sind ein Land der Einwanderer, doch Trump und seine Regierung wollen die Zuwanderung verlangsamen und auch die ethnische Zusammensetzung der Einwanderer verändern. Das am Montag in Kraft getretene Einreiseverbot für Menschen aus zwölf mehrheitlich muslimischen Ländern unterstreicht dies.

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6 Kommentare

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  • Militär gehorcht. Überraschung. Schlecht, wenn es einen „Oberbefehlshaber" gibt. Die Welt erlebt live mögliche Folgen des Gehorsams-Systems Militär.



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    Lernen Soldat*innen der deutschen Bundeswehr eigentlich, dass sie in einer sogenannten Parlamentsarmee dienen, dass sie somit zum Widerstand verpflichtet sind, wenn Vorgesetzte Aktionen befehlen, die nicht von Beschlüssen und Anordnungen des Bundestags gedeckt sind? Na, dann is ja gut. Dann kann sowas wie in den USA bei uns ja nicht passieren. [/sarkasmus off]

    • @starsheep:

      Sehr zu recht sind deutsche Soldaten auch von den USA kritisiert worden, wenn sie sich auf "Befehl von oben" berufen hatten und den nicht verweigerten. Manche wurden hart bestraft, bis hin zum Todesurteil. Und was machen die "tapferen, aufrichtigen" Kommandanten in den USA heute?

  • Man muss dieselben Methoden anwenden, die Menschen in osteuropäischen Diktaturen benutzt haben; den Nationalgardisten und Marines Blumen ans Revers heften, die offiziel für Kalifornien stehen, das ist die kalifornische Mohnblume. Wenn sie sie stecken lassen, weiß man, dass sie auf der richtigen Seite sie stehen. Wenn sie sie abreißen, sind sie als Trumpisten entlarvt. Die Proteste müssen derweil landesweit friedlich bleiben aber so ausgeweitet werden, dass Trunp mit seinen Streitkräften nicht nachkommt. Es muss so viel Personal wie möglich gebunden werden, ohne die Grenze zur Gewalt zu überschreiten. Dazu müssen die Demokraten in allen Bundesstaaten konzertiert zusammenarbeiten. Es gilt, unbedingt bis zu den Midterms durchzuhalten. Wenn Trump diese absagt, kann man einen Generalstreik starten.

  • Ein Putschversuch?!



    Trump bezeichnet sich als König von Amerika und postet sich als Papst.



    Bisher wurde versucht, seine gröbsten Entgleisungen, wie die Annektion Kanadas und Grönlands zu ignorieren.



    Offenbar meint er das Alles aber ernst.



    Er ist gekommen um die Demokratie zu zerstören.



    Seit Amtsantritt überschreitet er seine Kompetenzen.



    Nun stellt er Bürgerkriegsähnliche Zustände her. Den riots ist das zwar nicht angemessen, doch was kümmert es trump, der mit der Wahrheit Nichts am Hut hat?



    Schließlich muss er, ein schlichtes Gemüt, irgendwie Dampf ablassen über seinen Ärger mit Musk.



    Da reicht es doch einen Film zu gucken und Fiktion in Realität umzusetzen.



    Seine Internetplattform verbreitet täglich Lügen, nun kommt eine neue, von "unhaltbaren Zuständen", hinzu.



    Der Einsatz der Marines toppt die bereits völlig unangebrachte Reaktion und kommt einer "Ermächtigung" gleich.



    Trump hat die Verbrecher, die das Kapitel stürmten, begnadigt.



    Nun setzt er das Militär im Inland ein.



    Was soll das sein? Ein Putsch?!

  • Das Bild zum Text ist für sich allein schon dystopisch.



    Hollywood könnte nicht besser inszenieren, denkt man.



    Martialisch um jeden Preis in der Außendarstellung und -wahrnehmung?



    equapio.com/kunst/...auf-die-weltsicht/

  • Joseph de Maistre sagte sehr treffend:



    „Toute nation a le gouvernement qu’elle mérite.“