Trotz Diesel-Fahrverbot in Hamburg: Die Luft wird schlechter
Dieselfahrverbote auf der Stresemannstraße und der Max-Brauer-Allee verbessern die Luft nicht. Die Linke fordert ein LKW-Verbot, die CDU will Verbote abschaffen.
Lagen die Monatswerte im Oktober 2017 noch bei jeweils 39 Mikrogramm NO2 je Kubikmeter Luft, und damit haarscharf unter dem Grenzwert von 40 Mikrogramm, so stieg der Wert auf jeweils 48 Mikrogramm im Oktober 2018. Trotz Fahrverboten bedeutet das eine Zunahme von über 23 Prozent. Während die Linkspartei als Konsequenz aus diesen Daten nun ein LKW-Transitverbot durch Hamburg fordert, möchte die CDU die „Sinnlosfahrverbote“ lieber heute als morgen abschaffen.
Die zuständige Umweltbehörde hingegen hält die Daten für wenig aussagekräftig und den Vergleich für unseriös. Die Behörde halte deshalb an den Durchfahrtsbeschränkungen fest. Ein Monatsvergleich liefere keine belastbaren Zahlen, erklärt Behördensprecher Björn Marzahn. Entscheidend seien die Jahresmittelwerte, die erst im April vorliegen werden.
Hier hat die Behörde recht und irrt zugleich. Tatsächlich sind die Schadstoffwerte von vielen Faktoren, etwa der Witterung, abhängig. Monatsvergleiche haben deshalb sehr beschränkte Aussagekraft. Die Entwicklung der Schadstoff-Werte im vergangenen halben Jahr, seit Einführung der Durchfahrtsbeschränkungen aber spricht eine klare Sprache.
Tendenz: schlechter
An der Max-Brauer-Allee lag in den drei von fünf Monaten seit Einführung der Durchfahrtsbeschränkungen der Stickoxid-Mittelwert höher als im Vorjahr. Einmal blieb er gleich, nur einmal, im August lag er geringfügig niedriger als 2017. Und in allen Monaten lag der Mittelwert zwischen 44 und 51 Mikrogramm und damit zwischen zehn und 27 Prozent über dem zulässigen Grenzwert.
Ein 580 Meter langer Teil der Max-Brauer-Allee ist seit dem 31. Mai für Dieselfahrzeuge gesperrt, die nicht die Abgasnorm Euro 6 erfüllen.
Ein rund 1,6 Kilometer langer Abschnitt der Stresemannstraße fällt ebenfalls unter ein Fahrverbot. Dieser wurde Ende Mai aber nur für Diesel-Lkw gesperrt, nicht für Pkw.
Ausgenommen sind Anwohner und deren Besucher, Lieferfahrzeuge und Taxis.
Nicht ganz so dramatisch sieht es an der Stresemannstraße aus: Hier blieb das Monatsmittel zwischen Juni und September unter den Schadstoffwerten des Vorjahres, und überholte erst im Oktober den Vorjahreswert deutlich.
Auch für den laufenden Monat, für den noch kein Mittelwert vorliegen kann, ist die Tendenz eindeutig: An der Max-Brauer-Allee überschritt das Tagesmittel an elf von 19 Tagen die erlaubte Höchstgrenze, an der Stresemannstraße war dies sogar an zwölf Tagen der Fall. An einzelnen Tagen stieg die mittlere Stickoxid-Konzentration an beiden Messstellen gar auf 60 und mehr Mikrogramm an, und wies damit über 50 Prozent mehr als der zulässige EU-Grenzwert auf.
Besserung ist nicht in Sicht. „Dazu kommt, dass der Senat mögliche negative Folgen dieser Luftnummer an anderer Stelle nicht überprüft: Zahlen zu den Schadstoffwerten auf den Ausweichstrecken liegen nicht vor“, bringt der Bürgerschaftsabgeordnete der Linken, Norbert Hackbusch, einen weiteren Aspekt in die Diskussion.
„Hunderte Anwohner werden auf der kilometerlangen Ausweichstrecke zusätzlich belastet“, klagt auch der umweltpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Stephan Gamm. Doch das lässt sich nicht erheben: Messstationen stehen hier nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“