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Treffen der Koalition in ParisSchwieriger Anti-IS-Gipfel

Die Konferenz beginnt mit dem Eingeständnis des Misserfolgs. Die Verantwortung dafür schieben sich die Teilnehmer gegenseitig zu.

Schiitische Milizionäre greifen nördlich von Ramadi IS-Einheiten an. Foto: ap

PARIS taz | Am Dienstag haben sich die Außenminister einer Reihe von Staaten in Paris getroffen, die an der Koalition gegen die Organisation Islamischer Staat (IS) in Syrien und Irak beteiligt sind. Das erklärte Ziel der rund zwanzig Delegationen war es, die Strategie im Kampf gegen die dschihadistischen Terrormilizen zu verbessern, um das in den letzten Wochen verlorene Terrain zurückzuerobern und die Kämpfer von IS zurückzudrängen. Das Treffen begann indes mit dem Eingeständnis des gegenwärtigen Misserfolgs.

Der irakische Premierminister Haider al-Abadi scheute sich nicht, vor den Delegationen der Koalition von einem Scheitern der bisherigen militärischen und politischen Anstrengungen zu sprechen. Dafür macht er aber nicht nur die Verbündeten verantwortlich, sondern pauschal „die internationale Gemeinschaft“, die das Ausmaß der Gefahr unterschätze.

Dazu gehöre namentlich das Problem der ausländischen Kämpfer, die nach irakischen Regierungsangaben bei IS rund 60 Prozent ausmachen. Das mache allein schon deutlich, dass es sich hier um „ein internationales Problem“ handele, das ebenso angegangen werden müsse.

Aber auch gegenüber den Mitgliedern der Anti-Dschihad-Koalition sparte al-Abadi nicht mit Kritik am mangelnden Willen und Engagement: „Hinsichtlich der Unterstützung des Iraks [gibt es] viele Worte, aber wenig Aktionen auf dem Terrain.“ Er warf den Verbündeten auch vor, seinen Truppen zu wenig Kriegsmaterial und Munition zu liefern.

Konflikt zwischen Schiiten und Sunniten

Luftschläge der Allianz gegen den IS allein seien nicht ausreichend. Mehr Unterstützung sei notwendig, damit der gestartete Vormarsch zur Rückeroberung der Region um Ramadi gelänge. Bei den Erörterungen in Paris hat die Koalition diesen Plänen zur Rückeroberung der von IS besetzten Gebiete ihre Unterstützung versprochen.

Wie in einer Pingpong-Diplomatie spielt Washington den Ball der Verantwortung an die irakische Regierung zurück. Gerade in den USA waren schon in den Tagen zuvor die irakischen Regierungstruppen wegen einer „mangelnden Kampfbereitschaft“ kritisiert worden.

Eine notwendige Voraussetzung für einen militärischen Erfolg gegen IS wäre es nach Meinung der westlichen Koalitionsmitglieder außerdem, dass es der weitgehend aus Schiiten bestehenden Regierung in Bagdad gelänge, die sunnitische Gemeinschaft vermehrt einzubeziehen und zu beteiligen. Denn ein Ausgleich zwischen den beiden religiösen Gemeinschaften sei nicht nur ein Ziel, sondern eine Vorbedingung für einen Sieg über die Dschihadisten.

Keine Entsendung von Bodentruppen

Sorge bereiten der Koalition auch die an der Seite der irakischen Armee kämpfenden schiitischen Milizen, die vom Iran unterstützt werden. Der Iran aber unterstützt in Syrien bedingungslos Baschar al-Assad und ist nicht Teil der aus rund 40 Staaten bestehenden Koalition, die seit September 2014 mit Luftangriffen und Waffenlieferungen den Kampf gegen IS unterstützt.

In Syrien bombardieren neben den USA und Kanada auch mehrere arabische Länder – mit unterschiedlichem Erfolg – IS-Ziele; darunter Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Jordanien und Bahrain. Im Irak beteiligen sich zudem Australien, Belgien, Dänemark und Frankreich an den Luftangriffen.

Deutschland hat sich bisher mit Lieferungen von Gewehren, Panzerabwehrwaffen und Handgranaten an die kurdischen Peschmerga-Kämpfer im Nordirak und durch Ausbildung von Soldaten an der Koalition beteiligt. Für eine Entsendung von Bodentruppen in den Irak oder nach Syrien wollten sich in Paris erneut weder die französischen Gastgeber noch die USA aussprechen.

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