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„Titan“-Insassen für tot erklärtTauchboot-Trümmer entdeckt

Vier Tage nach dem Verschwinden der „Titan“ mit fünf Männern an Bord scheint sicher: Das Tauchboot ist verunglückt, die Insassen sind tot.

Am Donnerstag hofften die Suchmannschaften noch, die Crew der „Titan“ lebend zu finden Foto: Maxar Technologies/AP

New York AP | Nach tagelanger Suche im Nordatlantik hat der Fund der Trümmerteile des Tauchboots „Titan“ jede Hoffnung auf eine Überlebenschance der fünf Insassen zunichte gemacht. Alle an Bord seien wohl ums Leben gekommen, als die „Titan“ nahe dem Wrack der „Titanic“ implodiert sei, teilte John Mauger, Leiter der Küstenwache-Missionen im Nordosten der USA, am Donnerstag mit. Ein Akustik-System der US-Marine registrierte die Implosion offenbar schon am Tag, an dem das Tauchboot verschollen war. Auch die in die Kritik geratene „Titan“-Betreiberfirma geht vom Tod der fünf Männer an Bord des Tauchboots aus und hat ihr Büro vorerst geschlossen.

Die „Titan“ war am Sonntagmorgen um 6.00 Uhr (Ortszeit) etwa 700 Kilometer südlich von Neufundland für eine Expedition zum 1912 gesunkenen Luxusdampfer „Titanic“ abgetaucht. Die Kommunikation zwischen dem Boot und dem Begleitschiff riss ab, die „Titan“ tauchte nicht wieder auf und wurde noch am selben Tag als vermisst gemeldet.

Daraufhin habe die US-Marine ihr akustisches Unterwassersystem analysiert und eine „Anomalie“ festgestellt, die auf eine „Implosion oder Explosion in der allgemeinen Umgebung“ schließen lasse, in der die „Titan“ unterwegs gewesen sei, als der Kontakt abbrach, teilte ein hoher Navy-Offizier der Nachrichtenagentur AP mit. Die Daten habe die Marine nicht als konkret genug eingestuft, sie jedoch der Küstenwache gemeldet, die die Suche fortgesetzt habe.

Das Suchgebiet umfasste ein Areal, das doppelt so groß wie der US-Staat Connecticut war, also rund 26.000 Quadratkilometer, wie Jamie Frederick von der amerikanischen Küstenwache vorrechnete. Rasch wurden zusätzliche Schiffe, Flugzeuge und Geräte – darunter Tauchroboter und ein spezielles Bergungssystem – in die Gegend verlegt.

Der Einsatz lief unter immensem Zeitdruck ab. Nach vorangegangenen Schätzungen hätte der Sauerstoff der „Titan“-Crew noch bis Donnerstag 14.00 Uhr (MESZ) gereicht.

Unterwassergeräusche weckten kurzzeitig Hoffnungen auf einen Erfolg der Mission, doch kamen die Laute wohl nicht von dem Tauchboot, wie Mauger von der Küstenwache erklärte. Der Hinweis der US-Marine wurde erst am späten Donnerstagabend publik, nachdem ein Unterwasserroboter das Trümmerfeld am Meeresboden entdeckte und die Besatzung für tot erklärt wurde.

Im Tauchboot saßen der Vorstandschef der Betreiberfirma OceanGate Expeditions, Stockton Rush, der britische Unternehmer und Abenteurer Hamish Harding, der pakistanische Geschäftsmann Shahzada Dawood und dessen Sohn Suleman und der französische „Titanic“-Experte Paul-Henri Nargeolet.

OceanGate würdigte die Crew in einer Erklärung. „Diese Männer waren wahre Entdecker, die einen ausgeprägten Abenteuergeist teilten, und eine tiefe Leidenschaft für Erforschung und Schutz der Weltmeere. Wir trauern um den Verlust des Lebens und der Freude, die sie jedem brachten, der sie kannte.“ Während die Belegschaft den tragischen Verlust eines Team-Mitglieds zu bewältigen versuche, bleibe das Büro von OceanGate am Hafen Port of Everett bei Seattle „auf unbestimmte Zeit“ geschlossen.

In den Jahren 2021 und 2022 hatte das Unternehmen mindestens 46 Menschen erfolgreich per Tauchboot zu den Überresten der „Titanic“ gebracht, wie aus Schreiben von OceanGate an ein Bezirksgericht im US-Staat Virginia hervorgeht, das die Angelegenheiten rund um den Untergang des Ozeankreuzers betreut. Doch wurde in den vergangenen Tagen bekannt, dass frühere Passagiere Sorgen um die Sicherheit des Tauchboots geäußert hätten.

Die Küstenwache kündigte an, den Meeresboden nach weiteren Hinweisen auf das Schicksal der „Titan“ und deren Besatzung abzusuchen.

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14 Kommentare

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  • Eine gewisse Tragik ist da schon dabei.



    Um die Überreste eines gescheiterten technischen Wunderwerks in Augenschein zu nehmen begeben sich drei Personen und zwei Crewmitglieder in ein, aus neuartigen Materialien gefertigtes Boot. (Kohlefasern)



    Ob die Beteiligten als Helden der Technikoffenheit in die Geschichte eingehen muss bezweifelt werden.



    Der Verlust der Titan ist mE. schlimmer als der der Titanic selbst. Zum einen weil Menschen dem Vertrauen in Technik erlegen sind. Zum Anderen gab es beim Untergang' der Titanic 712 Überlebende. Bei dem zerbröseln der Kohlefaserkonstruktion gab es keine.

    #Technikoffenheit

  • David Lochridge, ein Ingenieur der Oceangate Titan, bemängelte zuvor die Sicherheit des U-Boots. Auch war das U-Boot nicht auf solche Tiefen zugelassen.

    David Lochridge wurde deswegen entlassen.

    Sicherheit hat nunmal nichts zu suchen, wenn man sein Kapital vergrößern will.

  • Das Boot vor Griechenland ist nicht einfach gekentert sondern bei einem Schleppversuch durch die griechische Küstenwache versenkt worden.

    Das beschäftigt die Medien noch eine Zeit lang...

    • @Moonlight:

      ...eigentlich war das hier die Antwort auf einen Kommentar, aber der Kommentar ist weg... es wäre sinnvoller in so einem Fall die direkten Antworten auch zu löschen ?!

  • Die Titanic war zu einem kleinen Teil auch Luxusdampfer. Ein Großteil der Passagiere reiste dritter Klasse unter Deck, weil die Menschen sich in den USA einbesseres Leben versprachen. Somit hatte das Schiff eine nicht unerhebliche Anzahl sog. "Wirtschaftsflüchtlinge" an Bord

    Es ist schon ein Stückweit Ironie vorhanden, dass diese Handvoll Luxustoutristen nun das gleiche Schicksal ereilt, wie die Menschen, die nicht nur zum Vergnügen mit der Titanic unterwegs waren.

  • Es liegt weniger am Einkommen als an der Tatsache wie viel Medienspektakel das Thema liefern kann. Winziges U-Boot in der Tiefe und Kinder in einer Höhle sind hat spektakulärer im Aufmacher als "erneut Flüchtlings-Boot gekentert" - leider.

  • Meine Welt ist das Abenteuer dieser Größenordnung ganz sicher auch nicht, eher schätzte ich die Welt der vielen "W"-Fragen und der wissenschaftlich fundierten Antworten. RND hat ein spannendes Video publiziert mit einer 3-D-Rekonstruktion der Titanic auf der Grundlage von (!)700 000 Fotos, sehenswert. Im Netz gibt es auch gute Recherchen zu Teilnehmenden am Dark Tourism, die Titanic ist auch dort "präsent".



    //



    "Ob reiche Menschen, für die hohe Ticketpreise kein finanzielles Problem darstellen, oder Menschen, die sich das Geld dafür jahrelang zusammensparen – sie alle hätten eine «ganz besondere Risikoneigung», sie suchten dieses Risiko aktiv und sähen es als Kick, sagt die Berliner Psychologie-Professorin Birgitta Sticher von der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR). «Es geht dabei auch um das Gefühl von Herausforderung und Lebendigkeit. Das kann man als eine Persönlichkeitseigenschaft bezeichnen. Das andere Extrem sind Menschen mit einem sehr großen Bedürfnis nach Sicherheit und Kontrolle.»"



    Aus:



    www.wochenblatt-ne...nschen-das-risiko/

  • Können die Rettungsschiffe jetzt bitte ins Mittelmeer verlegt werden, um dort Menschen zu retten, die sich nicht aus purer Langeweile in Gefahr begeben haben?

    • @Alexander Kosubek:

      Was soll die US Küstenwache dort, ist nicht ihr Auftrag. Wichtiger wäre vor Ort das Ablegen seeuntürchtiger Schiffe zu verhindern.

      • @Machiavelli:

        Noch wichtiger wäre es, die Gründe dafür, solche Boote überhaupt zu besteigen, zu beseitigen.



        Das allerdings würde einen Systemwechsel oder mindestens eine Systemreform voraussetzen.

  • Schlimm finde ich, dass jetzt Stimmen zu hören sind, die es schon immer bedenklich fanden, so ein Boot zu bauen und zu betreiben. Es gibt doch schon seit Jahren derartige Boote, eher Kapseln, die auch funktionieren. Die sind rund und aus Metall (Stahl). Die Rundung ist stabiler, der Druck wird dadurch anders verteilt. Aber nein, es musste ja ein "Panorama-Boot" sein, dass keinerlei Zertifikate hatte, Hauptsache die Vermarktung funktionierte. Und Haarrisse bei Carbon führen dann halt zum Bruch. Ist bei Fahrrädern ja auch immer wieder festzustellen.

  • Offensichtlich und schlimme Welt: - für die Rettung unter dem Meer werden Millarden für Milliardäre ausgegeben - für die Geflüchteten Armen fast kein Cent pro Person.

    • @Evelyn Schwirkus:

      Als 2018 12 Jungen und ihr Trainer in einer Höhle in Thailand durch Wasser eingeschlossen wurden und drohten zu sterben, wurde um den halben Globus Rettung organisiert, vor allem britische Spezialtaucher und Höhlenforscher.

      Insgesamt waren 1500 Personen beteiligt und aus Ländern rund um die Welt, UK, China, Myanmar, Laos, Australien, den USA, Russland, Finnland, Schweden, Dänemark, der Ukraine, Israel und Deutschland.

      Keins dieser Kinder war Milliardär, ein paar der Kinder Stastenlose, trotzdem wurden alle Hebel in Bewegung gesetzt um sie zu retten, einer der Taucher ist gestorben, auch die Berichterstattung war riesig.

      en.m.wikipedia.org..._Luang_cave_rescue

      • @Sven Günther:

        Bingo. So was wird immer vergessen.