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Testzug erprobt neue digitale KupplungModernisierungsschub für Waggons

Ein Testzug prüft die digitale automatische Kupplung für Güterzüge. Die neue Technik wird den Transport auf der Schiene enorm voranbringen.

Ein Testzug prüft die digitale automatische Kupplung für Güterzüge Foto: Fabian Sommer/dpa

Berlin taz | Der Zug hat sieben Waggons, doch das Besondere an ihm sind nicht die Wagen, sondern es ist die Verbindung zwischen ihnen: eine neue digitale automatische Kupplung. In ihr sehen das Bundesverkehrsministerium und die Deutsche Bahn nicht weniger als eine „digitale Revolution“ für den Güterverkehr auf der Schiene. Am Dienstag ist der Testzug zu einer Fahrt durch Europa gestartet. „Ich bin begeistert über das, was wir hier auf den Weg bringen“, sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) vor der Abfahrt in Berlin.

Die Bundesregierung will den Anteil der Schiene am Güterverkehr bis 2030 von jetzt 18 Prozent auf 25 Prozent steigern. Eine Voraussetzung dafür ist die Einführung der digitalen automatischen Kupplung, die mit der Testfahrt des Zuges näher kommt. Durch sie gewinnen Güterzüge Zeit. Das macht die Schiene gegenüber dem Transport per Lkw konkurrenzfähiger.

Während Züge außerhalb Europas schon weitgehend digital verbunden werden, erfolgt das hierzulande noch immer manuell mit sogenannten Schraubenkupplungen. Rund 70.000-mal am Tag müssen Bahnbeschäftigte 20 Kilogramm schwere Kupplungsbügel auf Schulterhöhe wuchten, um Waggons zu verbinden, berichtete Sigrid Nikutta, Chefin der Gütersparte bei der Deutschen Bahn. So dauert es zwei bis drei Stunden, bis ein Güterzug abfahrbereit ist. Mit der neuen Kupplung kann das auf wenige Minuten verkürzt werden. Dadurch können mehr Züge in kürzeren Abständen fahren. Die Verbindungen der Wagen zu den Bremsen werden mit der neuen Kupplung automatisch hergestellt. Und: „Statt 100 Stundenkilometer kann ein Zug 120 fahren“, sagte Nikutta.

Für die Umstellung auf die neue Kupplung müssen europaweit eine halbe Million Waggons umgerüstet werden, sagte Wissing. Das wird voraussichtlich 8,5 Milliarden Euro kosten. Ihm sei bewusst, dass die Unternehmen der Branche das nicht allein aufbringen könnten, so der Minister. „Ich setze mich deshalb für eine abgestuftes Förderprogramm in der EU ein.“

Der Testzug wird bis Ende des Jahres unterwegs sein. Er ist Teil eines vom Bundesverkehrsministerium mit 13 Millionen Euro finanzierten Forschungsprojekts.

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11 Kommentare

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  • Technik existiert seit Jahrzehnten und wird auch angewendet-> Deutschland startet jahrelange Erprobung:D

  • "Die neue Technik" ??



    Ich lach mich schlapp ! International schon lange eingeführt und bewährt.



    In unseren Nachbarländern lange Jahre erprobt und für gut befunden !

    Und damit es nicht so auffällt schreiben die DB-PR-Muckel "digital" davor ...

  • Schneller = höherer Energieeinsatz. Aber in einem nächsten Schritt: Mit einem grünen Wasserstoffreaktor (ähnlich den französischen Mini-AKW) in einem klimaneutralen Zusatzwagon (Holzbauweise mit Naturfarben) kein Problem, der den Kupplungstrom erzeugt und die überschüssige Energie zum Auftauen der Schienen (im Winter) und Kühlen (im Sommer) nutzt, das Smartphone des Lokführers lädt, bis das autonome Fahren den Güterverkehr in ganz neue Sphären trägt und Umschulungsprogramme für frische Fachkräfte in der Pflege, Gebäudedämmung, Windradbau etc. sorgen.



    Schneller = ganz neue Taktzeiten und Fahrpläne, die mit dem "Deutschlandtakt" (ham wir jelacht!) und den angekündigten europäischen Nachtzügen abgestimmt werden müssen.



    Aber was macht man nicht alles, um sich zusätzliche Milliarden aus Steuermitteln zu sichern und der Bevölkerung Streckennägel in die Augen zu streuen. Und vor allem, nichts anderes als ein Weiter-so mit einer technischen Änderungen will, weil tatsächliche Veränderungen zu lästig und anstrengend wären.

  • Die Bahn blubbert was von "digital" und die Presse schreibt es ungeprüft ab. Und auch wenn alle es schreiben, wird es dadurch nicht richtiger.



    Es gibt einen großen Unterschied zwischen "digital" und "elektronisch". Wäre die Kupplung "digital", würden da vielleicht die Nullen und Einsen durch die Leitung springen um die Lichter ein- und ausschalten zu können. Es sind jedoch "elektronische" (automatische) Kupplungen.



    Bei der Bahn ist im Neusprech jetzt alles digital. Wahrscheinlich gibt es auch bald digitale Kunden.

    • @Mopsfidel:

      Die Formulierung ist durchaus korrekt, obwohl "elektronisch" es auch getan hätte. Es wird allgemein "DAC" oder "digital automatic coupling" genannt, weil die Steuerung über einen digitalen Kommunikationsbus erfolgt. Die Bahn hat diese Begriffe nicht erfunden.

    • @Mopsfidel:

      Laut www.allianz-pro-sc...matische-kupplung/ sind es Kupplungen, die auch Informationen zur Weiterverarbeitung übertragen können: "Bei der DAK Typ 4 werden die Wagen nicht nur automatisch gekuppelt. Neben einer Druckluftleitung für die Bremsen verfügt sie auch über eine Strom- und Datenleitung. So sind diverse Sensoren permanent mit Energie versorgt. Die Datenleitung ermöglicht es, Zustandsdaten der Güterwagen an den Lokführer zu senden."



      Der Artikel beschreibt zwar nicht, welche Art von Kupplung jetzt getestet wird, aber in www.dac4.eu/testko...betriebserprobung/ findet man diese und weitere Informationen, z.B. zur" Messtechnik für den Nachweis der zuverlässigen Datenkommunikation"

      • @Sapparot:

        Digitale Verbindungen über Waggonkupplungen gibt es schon seit mindestens 20 Jahren unter der Bezeichnung "Train Communication Network". Das ist also nicht wirklich neu ... obwohl, wenn man sich die Entwicklungszyklen der Bahn anschaut ist das noch ziemlich jung.

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Das freut ja die Bewohner im Rheintal und ähnlicher Standorte. Die kämpfen für ein Tempolimit und Nachtfahrverbot.



    Und jetzt noch schneller und lauter.

    • @4813 (Profil gelöscht):

      Bei der Umrüstdauer auf nicht kreischende Bremsen, glatte (geräuscharme) Schienen und Räder die die Schienen nicht beschädigen und leicht laufenden (nicht lärmenden) Waggons ist noch viel zu tun. Die elektronische Kupplung kann danach angegenagen werden.

    • @4813 (Profil gelöscht):

      Tja, an den Durchgangsstrassen der Städte und an Autobahnen und Landstraßen ärgern sich die meist überaus wohlsituierten Anwohner, dass sie den schönen Trucker-Sound nun seltener zu hören bekommen, ganz zu schweigen von den spärlicher werdenden Dieselabgasdüften.

      • 4G
        4813 (Profil gelöscht)
        @guzman:

        Waren sie mal im Rheintal? 100 dB am offenen Fenster! Ich hatte mal eine Fortbildung in der Autobahnraststätte, das war ruhiger.