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Terroranschlag in BarcelonaTransporter fährt in Menschenmenge

Ein Lieferwagen tötet in Barcelona 13 Menschen und verletzt 80. Die Polizei meldet zwei Festnahmen. Der IS reklamiert die Tat für sich.

Die Polizei riegelt in Barcelona das Areal um den Anschlagsort ab Foto: dpa

Barcelona/Berlin taz/dpa | Auf Barcelonas beliebter Flaniermeile Las Ramblas ist am Donnerstagnachmittag ein Lieferwagen in eine Menschenmenge gerast. Es handle sich um einen Anschlag, erklärte die katalanische Autonomiepolizei Mossos d'Esquadra. Nach Angaben des katalanischen Innenministers Joaquim Forn wurden dabei 13 Menschen getötet und 80 verletzt, 15 von ihnen schwer. Laut einer Sprecherin des Auswärtigen Amtes in Berlin gibt es noch keine Erkenntnisse dazu, ob Deutsche unter den Opfern sind.

Kurz nach 20 Uhr bestätigte die Polizei die Festnahme eines Verdächtigen. Zur Identität des Mannes machte sie keine Angaben. Sie widersprach aber über ihr Twitter-Konto Medienberichten, wonach einer oder mehrere Verdächtige in einer Bar nahe den Ramblas Zuflucht gesucht hätten. „Niemand hat sich in einer Bar im Zentrum Barcelonas verschanzt.“ Die Polizei gab aber vorerst keine Entwarnung. Im Gegenteil, sie ordnete eine Räumung aller Lokale und Läden rund um die Ramblas an.

Um 21.30 Uhr meldete der katalanische Regierungschef Carles Puigdemont eine weitere Festnahme. Einer der Festgenommenen wurde als Driss Oukabir identifiziert, wie ein Sprecher der Polizeigewerkschaft sagte. Es sei weiter unklar, wie viele Angreifer beteiligt waren.

Die IS-Terrormiliz hat laut ihrem Sprachrohr Amak den Terroranschlag mit einem Lieferwagen in Barcelona für sich reklamiert. Einer „der Soldaten des Islamischen Staates“ habe die Tat ausgeführt, meldete Amak am Donnerstagabend im Internet unter Berufung auf nicht näher genannte Sicherheitsquellen.

Suche nach Lieferwagen

Die Ermittler suchten einen weiteren Transporter, den der oder die Täter als Fluchtfahrzeug angemietet haben sollen. Er wurde schließlich in Vic, einer Kleinstadt 70 Kilometer nördlich von Barcelona gefunden. Dies legt nahe, das der oder die Täter weitere Komplizen hatte.

Beide Lieferwagen wurden – so erste Ermittlungsergebnisse – in der spanischen Exklave Melilla an der marokkanischen Nordküste angemietet. Im Tatfahrzeug fand die Polizei einen spanischen Ausweis, ausgestellt auf einen Mann mit nordafrikanischem Namen.

Augenzeugen schilderten, wie das Tatfahrzeug gegen 17 Uhr einen halben Kilometer die Ramblas auf dem in der Mitte der Straße gelegenen breiten Fußgängerweg mit seinen Kiosken und Gartenkneipen in Schlangenlinie entlang raste. Dabei überfuhr der Wagen alles, was ihm in den Weg kam, bis er vor dem bekannten Theater Liceu zum Stehen kam. Zum Zeitpunkt des Anschlages befanden sich, wie jeden Tag, tausende von Einheimischen und Besuchern auf der Flaniermeile.

Mehrere Überlebende berichteten von zahlreichen dumpfen Aufprallgeräuschen und durch die Luft geschleuderten Menschen. Erste Bilder zeigten einen weißen Lieferwagen, dessen Front eingedrückt war. Der Kühler und die Motorhaube wurden bei der Terrorfahrt völlig zerstört. Videos in den sozialen Netzwerken zeigten schreckliche Szenen von blutüberströmten Menschen mit schmerzverzerrten Gesichtern. Unversehrte Passanten halfen ihnen spontan.

Polizei: Altstadt meiden

Die Polizei forderte die Bevölkerung auf, die Altstadt zu meiden. U-Bahn und Nahverkehrszüge fuhren die innerstädtischen Haltestellen nicht mehr an. Ein nahegelegenes Kaufhaus wurde geräumt. Das Fremdenverkehrsamt der Stadt Barcelona brachte diejenigen Urlauber in Hotels ausserhalb der Innenstadt unter, die wegen der Polizeisperren nicht in ihre Unterkunft zurückkehren konnten.

Taxifahrer boten kostenlose Fahrten für die Betroffenen an. Die Krankenhäuser in Barcelona forderten die Bevölkerung zum Blutspenden auf. Alle kulturellen Aktivitäten und das derzeit stattfindende Stadtfest wurden abgesagt. Auch in der spanischen Hauptstadt Madrid wurden auf mehreren Zufahrtsstraßen und breiten Avenidas Polizeikontrollen eingerichtet.

Zumindest für die spanischen und katalanischen Behörden kam die Tat nicht völlig überraschend. Laut El Periódico soll der US-amerikanische Geheimdienst CIA die spanischen Kollegen bereits vor zwei Monaten gewarnt haben, dass Barcelona und ganz besonders die Ramblas zum Ziel radikaler Islamisten werden könnte. Diese Nachricht wurde allerdings nicht öffentlich gemacht.

Das Attentat trifft Spanien und Katalonien in einem denkbar kritischen Augenblick. Die katalanische Autonomieregierung bereitet für den 1. Oktober ein Referendum über die Unabhängigkeit der nordostspanischen Region vor. Madrid will dies unterbinden.

Schock und Betroffenheit

Politiker weltweit reagierten geschockt und betroffen: Die Bundesregierung hat sich erschüttert über den Terroranschlag in Spanien gezeigt. „In tiefer Trauer sind wir bei den Opfern des widerwärtigen Anschlags in Barcelona“, schrieb Regierungssprecher Steffen Seibert auf Twitter. Man stehe in Solidarität und Freundschaft an der Seite der Spanier.

US-Präsident Donald Trump sagte, man werde alles tun, was nötig sei, um zu helfen. „Seid zäh und stark, wir lieben Euch!“ schrieb Trump. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg äußerte: „Wir stehen vereint im Kampf gegen den Terrorismus.“ Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte: „All meine Gedanken und die Solidarität Frankreichs für die Opfer der tragischen Attacke in Barcelona. Wir bleiben vereint und entschlossen.“ EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani bekannte, die EU sei vereint in der Verteidigung des Friedens.

„Bin tief erschüttert über Nachrichten aus Barcelona. Unser Mitgefühl gilt den Opfern und ihren Freunden und Angehörigen“, teilte Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) am Donnerstag über den Kurznachrichtendienst Twitter mit. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz sprach von einem „feigen Anschlag auf unsere Werte“.

Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amts

Das Auswärtige Amt aktualisierte seine Sicherheitshinweise für Spanien: „Reisenden wird geraten, den Bereich weiträumig zu meiden, den Anweisungen der Sicherheitskräfte Folge zu leisten und sich über die lokalen Medien zu informieren“, teilte das Auswärtige Amt mit.

Der bisher blutigste Terroranschlag in Spanien ereignete sich am 11. März 2004. Damals hatten islamistische Attentäter in Madrid Bomben in Pendlerzügen gezündet und 191 Menschen getötet. Rund 1.500 weitere wurden verletzt.

Seit vergangenem Sommer war es in Europa wiederholt zu Anschlägen mit Fahrzeugen gekommen. Im Juli 2016 raste ein Attentäter mit einem Lkw auf dem Strandboulevard von Nizza in eine Menschenmenge. 86 Menschen starben. Beim Anschlag mit einem gekaperten Laster auf den Berliner Weihnachtsmarkt wurden im Dezember zwölf Menschen getötet. Im Frühjahr 2017 gab es zudem tödliche Attacken mit Fahrzeugen in London und Stockholm.

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25 Kommentare

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  • Bei dem Bericht über die Ereignisse in

    Charlottesville hat die Taz in der Überschrift geschrieben "US-Neonazi tötet Gegendemonstrant" und nicht "Auto rast in Menschenmenge".

    War das für sie dann auch nicht journalistisch?

    Jeder Trottel weiß doch, daß das Auto von jemanden gefahren geworden ist. http://www.taz.de/US-Neonazi-toetet-Gegendemonstrant/!5439443/

    • @Suchender:

      Dies ist eigentlich eine Antwort auf Tino Trivino weiter unten.

      Dachte diesmal hätte alles richtig gemacht.

    • @Suchender:

      Nazis und Islamisten sind absolut gleich verdammungswürdig.

      Bennen Sie bitte Unterschiede.

    • 8G
      80576 (Profil gelöscht)
      @Suchender:

      In Charlottesville kam der Täter allerdings auch aus einem grundsätzlich verdammungswürdigen Umfeld. Da ist man mit der klaren Benennung freier.

      • @80576 (Profil gelöscht):

        und in Spanien war es dann wohl verdammungsunwürdig ?!

  • Kommentar entfernt.

    Die Moderation

  • Tatsache

    dies ist kein Jihad. Dies ist einfach dumm und wird von reichen Personen, die aus dem arabischen Orient stammen, finanziert. Diese reichen Personen nutzen die Armut der maghrebiner und geben Ihnen Geld um diese böse Akten durchzuführen. Beweis: Es leben in Marokko hundertausende Spanier, Franzosen, deutsche ... und keiner tut Ihnen was an. Ganz im Gegenteil, Sie sind herzlich willkommen und werden sehr gut und höflich bedient...

  • "Ein Lieferwagen tötet in Barcelona 13 Menschen und verletzt 80, fünfzehn davon schwer."

    So lautet es in der Sub-Headline der TAZ.

     

    Ich muss da doch widersprechen. Nicht der Lieferwagen tötete und verletzte die Menschen, sondern ganz konkret Terroristen.

    Sprache ist ein Vehikel, Realität dazustellen - oder auszublenden.

    Bitte, liebe TAZ, werdet sprachbewusster!

    • @sagbar:

      Es ist aber schon Richtig das Vehikel zu nennen, es war ein Transportwagen, jeder trottel weiss das es von jemand gefahren worden ist!Immer dieses Labern!Wenn ich zwischen Bild Zeitung (Moslem tötet) oder Taz (Transportwagen fährt durch Menschenmenge) dann ist ganz klar was für Mich Journalistischer ist!

      Und ja, Terroristen sind es, Monster...

      • @Tino Trivino:

        ... all die Melungen im Netz "von LKW überrollt" haben einen terroristischen Hintergrund?

      • @Tino Trivino:

        Sehen Sie, für mich ist es journalistischer, Roß und Reiter beim Namen zu nennen.

         

        Allerdings dürfte die Überschrift hier eher der schlechten Informationslange geschuldet als der Blindheit auf dem islamischen Auge. Die katalanische Polizei war sehr zurückhaltend.

    • @sagbar:

      'Ein Lieferwagen' ist nicht das erste mal, sondern war leider schon mehrfach in der taz unterwegs. Dies hatte ich bereits bei allen von Islamisten verübten Terroranschlägen kritisiert. Déjà-vu.

      • 7G
        73176 (Profil gelöscht)
        @Nikolai Nikitin:

        Da muss ich Ihnen aber widersprechen!

        "(...) war ein Autofahrer in friedliche Gegendemonstranten gefahren (...)" http://www.taz.de/!5439443/ mit der Überschrift "Das Böse beim Namen nennen" ... (!)

        • @73176 (Profil gelöscht):

          Das bestätigt meine These nur. Wenn Islamisten Terror verbreiten, dann war es ein 'Lieferwagen', war es ein Rechter/Neonazi wird dies richtigerweise auch so bezeichnet. Das verstehe ich nicht. Wieso diese verkrampfte Verdrängung mörderischer islamistischer Gewalt ?

        • @73176 (Profil gelöscht):

          Immerhin wurde das Auto von jemanden gesteuert während der Lkw in Barcelona wortwörtlich selbstständig gehandelt hat.

  • Das Gute an den Spaniern, die lassen sich nicht durch Fremdenhass leiten, denn Spanien hat Jahrzehntelang ETA ausgehalten. Und das waren terroristen, die NICHTS mit dem Islam zu tun haben. Und die Spanische Moslemische Gemeinschaft hat es auch total öffentlicht gesagt sie distanzieren sich und verurteilen diese Abscheuliche Praktiken. Dieser Affe ist ein Terrorist und gehört weggesperrt für immer...

    Aber diese ganze "Scheisse" kommt leider wegen dem Krieg gegen den Terror.. ein Krieg der USA die niemals dazu gedacht worden ist um zu siegen, sondern um mehr Terror zu kreiren... Wir müssen endich aufhören Waffenan Dikaturen zu verkaufen, oder uns einmischen in anderen Nationen...

    Spanien ist heute am trauern mittlerweile schon 15 tote!!!! und 32 verletze!!!

    • @Tino Trivino:

      "Das Gute an den Spaniern, die lassen sich nicht durch Fremdenhass leiten, denn Spanien hat Jahrzehntelang ETA ausgehalten. "

      Wo soll denn da der Zusammenhang sein? In Spanien wurde im übrigen die ETA nicht ausgehalten sondern im Gegenteil brutal (und erfolgreich) bekämpft.

       

      "Aber diese ganze "Scheisse" kommt leider wegen dem Krieg gegen den Terror.. "

      Wie es die Benennung schon sagt: der Terror war zuerst da.

    • @Tino Trivino:

      Warum sorgt man sich nach jedem islamistischen Anschlag als erstes um Fremdenhass sorgen? Warum macht man sich nicht um den Islam gedanken?

      Letzte Woche wurde eine Frau von einem Nazi überfahren und die ganze Welt redet über gewalttätige Rechte. Wieso können wir die selbe Reaktion nicht auch bei solchen Fällen haben. Ich verstehe es wirklich nicht.

      Und bitte lieber Taz-Zensor, bitte filtern sie meine Meinung nicht aus

    • @Tino Trivino:

      Aktuell: 12 Tote da einer gerettet werden konnte und 81 verletze!

  • Welch anderen Verdacht, außer ein Terroranschlag, hat die TAZ denn?

    • 3G
      39167 (Profil gelöscht)
      @TazTiz:

      Vielleicht dass der spanische Geheimdienst seine Finger im Spiel hatte um die Unabhängigkeitsbestrebungen der Katalanen zu stoppen.

      Eigenartigerweise wird in dem Zusammenhang diese Forderung gestellt oder in Frage gestellt.