TV-Rechte Frauen-WM: Zu groß für Unsichtbarkeit
ARD und ZDF zeigen die Frauen-Fußballweltmeisterschaft nun doch. Der Frauenfußball ist zu wichtig geworden, um ihn nicht zu beachten.
E s ist vollbracht: Die kommende WM der Frauen in Australien und Neuseeland wird nach langem Gezerre doch bei ARD und ZDF zu sehen sein. Kollektives Aufatmen bei Bundestrainerin, DFB-Präsident und Spielerinnen. Nachdem in den großen westeuropäischen Märkten die Fronten zwischen dem Weltfußballverband Fifa und Sendern beim Streit über den Preis der TV-Rechte verhärtet waren, haben sich die Beteiligten nun mit einem Kniff geholfen: Die Rechte gehen an die Europäische Rundfunkunion (EBU), die sie an die Länder weitergibt. Ein gesichtswahrendes Ende für alle, ohne Zahlen da-rüber, wer wie viel zahlt, und somit auch ohne die Info, wer vor wem einknicken musste.
Der viel befürchtete TV-Blackout war jedoch faktisch nie ein realistischer Ausgang. Und das ist die gute Nachricht dieser Posse. Zu groß war seit Monaten der öffentliche Druck, längst auch durch Ministerinnen wie Annalena Baerbock und Nancy Faeser, zu wichtig ist der Fußball der Frauen geworden, als dass man eine Weltmeisterschaft noch einfach so ins Internet delegieren könnte. Erst recht seit dem letzten EM-Finale, der am meisten gesehenen Fernsehsendung des Jahres 2022.
Dieser viel zitierte Vergleich mit der Männer-WM in Katar ist gewiss etwas unlauter, weil die deutschen Männer früh ausschieden, die Frauen hingegen ins Finale kamen, und in der Katar-Hysterie einige boykottierten, andere keine Lust auf Winter-WM hatten. Dennoch ist der gesellschaftliche Wandel unübersehbar. Das Spiel der Frauen wird nicht mehr zurück in die Unsichtbarkeit fallen. Und das liegt nicht nur an den Kapitalisierungsabsichten der Verbände, sondern maßgeblich an den aktiven Frauen (und zunehmend interessanterweise Sponsoren), die Gleichbehandlung einfordern.
In diesem Klima war das durchschaubare Verhandlungsschauspiel um die erstmals separat ausgeschriebene Frauen-WM – offenbar boten die Öffentlich-Rechtlichen zuletzt sechs Millionen, die Fifa wollte zehn Millionen – schädigend für beide Seiten. Die Öffentlich-Rechtlichen blamierten sich mit dem Verhältnis 214:6: 214 Millionen zahlten sie nämlich für die letzte Männer- plus letzte Frauen-WM. Das spricht Bände über ihre sexistischen Prioritäten.
Gleichberechtigt und besser statt gleich schlecht
Die Fifa wiederum kleidete ihre Geldgier allzu durchschaubar in Feminismus. Die Erpressungsversuche des Präsidenten Gianni Infantino blieben zudem wenig überzeugend, weil er außer eines Blackouts, der auch für die Fifa schlecht ausgesehen hätte, gar kein wirkliches Druckmittel hatte: Die Bezahlsender Sky und Dazn bekundeten schon vor Wochen offen Desinteresse und die hauseigene Gratis-Plattform Fifa+ wäre ein eher peinliches Szenario gewesen, bei dem die Fifa außerdem ihre 110 Millionen Dollar Preisgeld nicht hätte refinanzieren können. Nun werden beim Deal mit der EBU gerüchteweise rund 50 Millionen Euro fließen.
Die Frauen-WM ist sichtbar, die Fifa macht mehr Geld und die Spielerinnen ohnehin, nämlich 270.000 Dollar für jede Weltmeisterin, Fans bekommen Spitzenfußball im guten alten Free-TV – es könnten alle zufrieden sein. Grundsatzfragen werden gerade bei Frauen-Turnieren selten gestellt. Ob es sinnvoll ist, 270.000 Dollar an jede Siegerin zu zahlen oder es nicht 27.000 auch täten? Ob es sinnvoll ist, einen Großteil der Mittel als Konsumgeld in private Taschen an der Spitze zu geben, statt in Infrastruktur, kleinere Länder und Breitensport zu investieren? Ob es sinnvoll ist, Turnierkosten auf die Zahler:innen von Rundfunkgebühren abzuwälzen?
Gleichberechtigung wird im Fußball immer noch am Ist-Zustand definiert. Es wäre gewiss klüger, sich an einem Wird-Zustand zu orientieren: gleichberechtigt und besser statt gleich schlecht.
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