TV-Debatte zur US-Wahl: Biden schwächelt, Trump lügt
US-Präsident Joe Bidens Auftritt bei der TV-Debatte im US-TV schürt erneut Zweifel an seiner Eignung. Herausforderer Trump verbreitet Unwahrheiten.
Teilweise war es schwierig, dem mächtigsten Mann der Welt zu folgen. Seine schwache Performance überschattete Trumps mit Lügen gespickte Darbietung. US-Medien zufolge löste das mit Spannung erwartete TV-Duell in der Demokratischen Partei Panik aus. Biden bewirbt sich bei der Präsidentenwahl Anfang November um eine zweite Amtszeit. Der 78 Jahre alte Trump will für die Republikaner noch einmal ins Weiße Haus.
In Umfragen deutet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen der beiden an. Ein Dauerthema im Wahlkampf ist das hohe Alter der Kontrahenten. Das TV-Duell läutete die heiße Phase im US-Wahlkampf ein und wurde vom Sender CNN in Atlanta im US-Bundesstaat Georgia ausgerichtet. Biden und Trump durften während des Schlagabtauschs keine Spickzettel benutzen und mussten frei sprechen. Die Debatte fand ohne Studiopublikum statt. Das Mikrofon des jeweiligen Präsidentschaftsbewerbers, der gerade nicht sprach, war stumm geschaltet.
Trump als Gewinner der Debatte
Eine Schnell-Umfrage des US-Senders CNN sah Trump eindeutig als Gewinner des Duells. Demnach votierten 67 Prozent der Befragten für den 78-Jährigen, nur 33 Prozent sahen Biden als Gewinner. Biden sagte nach dem Auftritt, er denke, dass er das „gut“ gemacht habe. „Ich habe Halsweh“, fügte er hinzu. Bidens Vize Kamala Harris musste sich nach dem Spektakel im US-Fernsehen für Bidens Auftritt rechtfertigen. US-Kommentatoren gaben sich entsetzt über Bidens Debatten-Leistung. „Bidens Antworten waren in vielen Fällen ohne Zusammenhang“, sagte Politikjournalistin Abby Phillip.
Bidens Alter ist im Wahlkampf immer wieder Thema. Er zog als ältester US-Präsident aller Zeiten ins Weiße Haus ein und ist inzwischen 81 Jahre alt. Trump ist mit 78 Jahren allerdings kaum jünger. Doch bei den Demokraten schrillen nun offenbar die Alarmglocken. Die „Washington Post“ schrieb, dass Bidens Wahlkampfteam intern eingeräumt habe, dass der US-Präsident auf der TV-Bühne zu kämpfen hatte und sein Auftritt seine Kandidatur beschädigt habe. „Eine Katastrophe“, sagte ein demokratischer Abgeordneter dem CNN – wollte aber wie viele Kritiker aus der Partei anonym bleiben.
Biden hatte sich intensiv auf die Debatte vorbereitet und in der Woche vor dem Duell keine öffentlichen Termine mehr absolviert. Seinen Auftritt nutzte Biden dann, um Trump ungewöhnlich hart und persönlich anzugreifen. Doch all die Attacken verfingen kaum, weil Biden regelmäßig ins Stolpern geriet. Oftmals schien er während des Schlagabtauschs ins Leere zu starren und hatte seinen Mund offen. Selbst bei dem Thema Abtreibung, eigentlich ein Gewinnerthema für Demokraten, konnte Biden nicht wirklich punkten.
Trump rückt in den Hintergrund
Abtreibungen seien in manchen Fällen nötig, betonte er. Dann versprach er sich aber offensichtlich und sagte: „Es gibt viele junge Frauen, die von ihren angeheirateten Verwandten vergewaltigt werden, von ihren Ehepartnern, Brüdern und Schwestern.“
Bei dem TV-Spektakel wurden Biden und Trump von den Moderatoren zu einer Palette von Themen befragt. Die beiden Politiker standen Rede und Antwort zu Wirtschaftspolitik, Abtreibung, Migration und mussten sich auch zu internationalen Krisen wie dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine oder dem Nahost-Konflikt äußern. Trump ging Biden dabei hart an, machte ihn für den russischen Angriffskrieg in der Ukraine verantwortlich und warf ihm vor, nicht für das Präsidentenamt geeignet zu sein. „Er ist, ohne Frage, der schlechteste Präsident (…) in der Geschichte unseres Landes“, schimpfte er.
In einem bizarren Moment diskutierten die beiden über ihre Fähigkeiten auf dem Golfplatz und forderten sich gegenseitig zum Duell heraus. Biden verhaspelte sich, als er sich über Trumps Gewicht lustig machen wollte. Dieser hingegen verbreitete erneut diverse Unwahrheiten und machte etwa falsche Angaben zu bestimmten Wirtschaftsdaten während seiner Amtszeit im Vergleich zu der von Biden. Erneut wollte sich der Republikaner nicht darauf festlegen, ob er den Ausgang der Wahl im November akzeptieren wird. Für Aufregung sorgte das angesichts von Bidens Auftritt nicht. Trump hatte bei der Präsidentenwahl 2020 gegen Biden verloren, gesteht die Niederlage aber bis heute nicht ein.
Der Republikaner vermied es allerdings, wie sonst üblich, in lange Monologe voller Selbstmitleid zu verfallen. Auffällig war, dass Trump ohne die Begleitung seiner Ehefrau Melania nach Atlanta gereist war. Während Bidens Ehefrau Jill am Ende der Debatte zu ihm auf die Bühne kam, blieb Trump allein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Schraubenzieher-Attacke in Regionalzug
Rassistisch, lebensbedrohlich – aber kein Mordversuch