Südkorea beschließt Hundeschlachtverbot: Guten Appetit!
Über das Verbot werden sich alle freuen, die es begrüßen, wenn auch andere Teile der Welt unserer Ethik folgen. Doch das greift zu kurz.
S üdkoreas Parlament hat am Dienstag ein Schlachtverbot von Hunden beschlossen. Das mit 208 Stimmen ohne Gegenstimme bei zwei Enthaltungen beschlossene Verbot soll nach dreijähriger Übergangszeit in Kraft treten, womit der Verzehr von kommerziellem Hundefleisch unterbunden werden soll. Laut Schätzungen werden 1 Million Hunde in 1.000 Hundefarmen gezüchtet. 1.600 Restaurants bieten das Fleisch an.
Über das Verbot werden sich Hundefreunde freuen und alle, die es begrüßen, wenn auch andere Teile der Welt unseren ethischen Normen folgen. Essen ist nicht nur Geschmackssache, sondern oft auch kulturell, religiös, sozial oder politisch brisant. In Südkorea wird im April ein neues Parlament gewählt und das Schlachtverbot scheint jetzt allen Parteien opportun, zeigt es doch den gesellschaftlichen Wandel der letzten Jahre. Laut Umfragen sollen keine 10 Prozent der Südkoreaner überhaupt noch bereit sein, Hundefleisch zu essen.
Wie sah Ihr Weihnachtsessen aus? Und wie wäre es woanders goutiert worden? Hindus sind Kühe heilig (dafür werden sogar Menschen gelyncht). Muslime und Juden essen kein Schweinefleisch, bei uns scheiden sich am Pferdefleisch die Geister. In den 70er Jahren war die Aufregung über Italien groß, wo Singvögel zum Verzehr gefangen wurden, und in Ecuador werden Meerschweinchen gegessen. Aus deutschen Familien sind Dramen bekannt, wenn das lieb gewonnene Kaninchen aus dem Stall verzehrt werden soll. Und US-Präsident Joe Biden begnadigt Truthähne, statt sie zum Thanksgiving in den Ofen zu schieben. Eine wachsende Zahl Vegetarier isst kein Fleisch, Veganer essen überhaupt keine tierischen Produkte.
Aber: Gedanken über die Essenswahl kann sich nur leisten, wer nicht hungert. In chinesischen Arbeitslagern stritten sich Gefangene sogar um die Ratten. Gängig war in China damals der Gruß: „Hast Du schon gegessen?“ (Chifan le ma?). Wer sich über sein Essen Gedanken machen kann, hat Glück – trägt aber die Verantwortung für die Folgen eigener Entscheidungen. Und die sind nie frei von Prägungen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Der Jahrestag der Ukraine-Invasion
Warum Russland verlieren wird
Wahlsieg der Union
Kann Merz auch Antifa?
Sieger des rassistischen Wahlkampfes
Rechte Parolen wirken – für die AfD
Alles zur Bundestagswahl
Grüne Manöver vor dem Wechsel
Alles zur Bundestagswahl
Lindner und die FDP verabschieden sich aus der Politik
Nach der Bundestagswahl
Jetzt kommt es auf den Kanzler an