Subventionen für fossile Energien: Hauptsache, der Flug ist günstig
Klimaschädliche Subventionen verlangsamen die Energiewende. Statt das zu ändern, gibt es neue Gelder – auch in Deutschland.
Ein Flug von Berlin nach Barcelona für Ende November kostet je nach Anbieter nur rund 150 Euro. Doppelt so viel, rund 300 Euro, würden fällig, müsste auf das Kerosin eine Energiesteuer und auf den Flugpreis die Mehrwertsteuer gezahlt werden.
Diese Kostensenkungen für Flugreisen sind klimaschädliche Subventionen. Darunter versteht man Finanzhilfen und Steuervergünstigungen für Aktivitäten und Industrien, die die Klimakrise verschärfen – zum Beispiel also, dass Fluggesellschaften auf Kerosin keine Energiesteuer zahlen und dass der internationale Flugverkehr von der Mehrwertsteuer befreit ist. So sollen die Flugpreise für den Wettbewerb niedrig gehalten werden.
Häufig ist von „fossilen Subventionen“ die Rede, die die Förderung, den Transport und den Verbrauch von fossilen Brennstoffen wie Kohle, Öl und Erdgas günstiger machen sollen. Doch solche Subventionen gibt es in vielen Bereichen. In der Landwirtschaft etwa ist es die niedrigere Mehrwertsteuer für tierische Produkte: Für Kuhmilch geben die Hersteller sieben Prozent des Preises an den Staat ab, bei Hafermilch sind es hingegen 19 Prozent. Dabei verursacht die Viehwirtschaft enorme Mengen an Treibhausgasen.
Die Definition klimaschädlicher Subventionen ist umstritten. Die Bundesregierung etwa zählt dazu deutlich weniger Finanzhilfen als zum Beispiel das Umweltbundesamt (UBA). So listet die Regierung in ihrem Subventionsbericht die Befreiung von der Energiesteuer für Kerosin gar nicht erst auf. Demgegenüber beziffert das UBA die deutschen Subventionen für das Jahr 2018 auf 65,4 Milliarden Euro.
Die Akteure
Das Wissen über die Klimakrise ist da, das gesellschaftliche Bewusstsein auch. Was fehlt, sind Konsequenzen: Politische Entscheidungen, die die nötigen Veränderungen zügig vorantreiben. Für diese Blockade sind nicht „die Verhältnisse“ verantwortlich, es gibt konkret Verantwortliche. Das sind Akteure, die die Interessen klimaschädlicher Industrien vertreten, an diesen verdienen und nötige Veränderungen verhindern oder verschleppen.
Die Serie
In der vom Weltklimastreik am 3. März bis Ende 2023 laufenden Serie „Klimasabotage“ fragt die taz: Wer sabotiert die Entscheidungen, die das Klima und unsere Lebensgrundlagen retten? Wer blockiert, was nötig ist – und warum? Wer führt uns in die Krise?
Der Schwerpunkt
Die Schwerpunktseite Klimasabotage auf taz.de versammelt bereits zahlreiche Texte zum Thema. Zuletzt haben wir uns unter anderem der fossilen SPD gewidmet: Das Blockieren von Klimaschutz ist schon in der Struktur der Partei angelegt – durch Verflechtungen mit der Wirtschaft, durch Gewerkschaftsnähe und durch Traditionen.
Milliarden für Fossiles
Die Subventionen allein für fossile Brennstoffe weist die European Environment Agency mit 14 Milliarden Euro für das Jahr 2020 in Deutschland aus. Der Energy Policy Tracker kommt für das gleiche Jahr auf 28,5 Milliarden.
Weltweit betrugen die Subventionen 2022 für fossile Brennstoffe laut dem jüngsten Bericht des Internationalen Währungsfonds 7 Billionen US-Dollar. 2020 waren es noch 5,9 Billionen. Erklärt wird der Anstieg damit, dass Regierungen Verbraucher:innen und Unternehmen wegen des russischen Überfalls auf die Ukraine und der Coronapandemie mit Geldern in Form von Tankrabatten oder Gas- und Strompreisbremsen unterstützten.
Von den umweltschädlichen Subventionen in Deutschland fließt der Großteil in die Bereiche Verkehr (fast 50 Prozent) und Energie (knapp 40 Prozent). Im Verkehr sorgen eine ganze Reihe von Subventionen dafür, dass Fahrer:innen keinen Anreiz haben, verbrauchsarme Fahrzeuge zu kaufen oder ihr Mobilitätsverhalten zu ändern. Auch Unternehmen haben dadurch weniger Anreize, in umweltfreundlichere Antriebstechniken zu investieren. Besonders hohe Subventionen im Verkehrssektor sind die Energiesteuerbefreiung von Kerosin, aber auch das Dienstwagenprivileg oder der niedrigere Steuersatz für Diesel.
Im Energiesektor verlangsamen die Subventionen die Energiewende. Durch die künstliche Kostensenkung bei fossilen Energien haben es erneuerbare schwerer als Konkurrenzprodukte. Außerdem bekommen Unternehmen in energieintensiven Industrien die Energie oft günstiger und haben so weniger Anreize, sparsam zu produzieren.
Das Forum ökologisch-soziale Marktwirtschaft (FÖS) untersuchte zehn besonders klimaschädliche Subventionen in Deutschland und was deren Abbau bewirken würde. Demnach könnten jährlich fast 100 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Zum Vergleich: ungefähr so viel CO2 stoßen alle Pkws in Deutschland zusammen aus. Allein eine Kerosinsteuer würde nach Schätzungen des FÖS knapp 26 Millionen Tonnen CO2 einsparen.
Doch anstatt fossile Subventionen abzubauen, kommen weitere hinzu. Eine neue Analyse von Oil Change International zeigt, dass mehrere große Länder unvermindert viel Geld in internationale Projekte für fossile Brennstoffe pumpen. Von den untersuchten Ländern hat Deutschland mit neun Projekten die größte Zahl offener Anträge. Von Januar bis September 2023 vergab die Bundesregierung demnach 472 Millionen Dollar für drei Projekte und stellte eine Voranfrage für Flüssigerdgaslieferungen aus den USA im Wert von 3 Milliarden Dollar – obwohl im Koalitionsvertrag festgelegt ist, dass überflüssige klimaschädliche Subventionen abgebaut werden sollen.
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