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Studie zum Klimawandel1,2 Grad reichen für mehr Dürren

Schon jetzt sind Perioden extremer Trockenheit viel wahrscheinlicher als zu vorindustrieller Zeit. Das zeigt eine Studie von Klimawissenschaftlern.

So sieht Bayern bei Waldbrunn im August nach einem Sommer ohne Regen aus Foto: dpa

London dpa/taz | Der Klimawandel macht Dürren in West- und Mitteleuropa in diesem Jahr etwa 3 bis 4 mal so wahrscheinlich wie zu vorindustriellen Zeiten. An der Bodenoberfläche hat sich die Wahrscheinlichkeit für eine Dürre in der Wurzelzone der Pflanzen um das 5- bis 6- fache erhöht. Das ist das Ergebnis einer Studie eines internationalen Teams aus Klimawissenschaftlern, die am Freitag veröffentlicht wurde. Das bedeutet, schon bei der derzeitigen Temperaturerhöhung von durchschnittlich 1,2 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit, sind Dürren auf der Nordhalbkugel öfter zu erwarten.

In den außertropischen Gebieten der nördlichen Hemisphäre hat der vom Menschen verursachte Klimawandel danach die Wahrscheinlichkeit von Dürren in der Wurzelzone um mindestens das 20-fache erhöht. Die analysierten Modelle zeigen, dass Dürren mit einer zusätzlichen globalen Erwärmung weiter zunehmen werden, was mit den prognostizierten langfristigen Trends in Klimamodellen übereinstimmt, wie sie zum Beispiel im Sechsten Sachstandsbericht des Weltklimarats IPCC vom vergangenen Jahr berichtet werden.

Das besondere Augenmerk der Forscher lag auf der Trockenheit von Böden in den Monaten Juni, Juli und August diesen Jahres. Sie betrachteten dabei den ersten Meter unter der Erdoberfläche, der für die Wasserversorgung von Pflanzen besonders wichtig ist. Ist dieser ausgetrocknet, sprechen Fachleute von einer landwirtschaftlichen und ökologischen Dürre.

Die Forscher können belegen, dass durch den Klimawandel verursachte höhere Temperaturen zu den weit verbreiteten Dürren in diesem Sommer geführt haben. „In Europa haben Dürren zu geringeren Ernten geführt“, sagte die deutsche Klimaforscherin Friederike Otto vom Imperial College London. „Das war besonders deshalb besorgniserregend, da die Dürren auf klimawandelbedingte Hitzewellen im Süden Asiens folgten, die auch Getreideernten zerstört haben – und das alles zu einer Zeit, in der die Lebensmittelpreise aufgrund des Krieges in der Ukraine ohnehin extrem hoch waren.“

Dürre alle 20 statt alle 400 Jahre

Nach Angaben der Forscherinnen und Forscher war der diesjährige Sommer einer der heißesten jemals gemessenen in Europa mit insgesamt mehr als 24 000 verzeichneten Hitzetoten.

Die Wissenschaftler weisen darauf hin, dass es trotz der enormen Fortschritte in der Forschung schwierig sei, exakt zu bemessen, welchen Anteil die Erderhitzung für ein einzelnes Dürreereignis hat. Das liegt auch daran, dass die Trockenheit des Bodens schwieriger zu messen und zu berechnen ist als etwa Temperaturen und Niederschläge. Daher seien die Ergebnisse der Studie extra konservativ angesetzt. Das bedeutet: Der tatsächliche Einfluss des menschengemachten Klimawandels ist den Forschern zufolge mutmaßlich noch höher.

Neben West- und Mitteleuropa schauten sich die Forscher auch die Zunahme von Dürren auf der gesamten Nordhalbkugel der Erde an und kamen zu noch drastischeren Ergebnissen. Dort hat sich die Wahrscheinlichkeit eines Dürresommers wie in diesem Jahr sogar verzwanzigfacht.

Während heute alle 20 Jahre mit solchen Dürren zu rechnen sei, kämen sie ohne menschengemachten Klimawandel nur etwa alle 400 Jahre vor. Allerdings weisen die Forscher darauf hin, dass die Ergebnisse für die nördliche Hemisphäre sowie West- und Mitteleuropa wegen der unterschiedlichen Fläche nicht direkt miteinander verglichen werden können.

„Wir müssen damit aufhören, fossile Brennstoffe zu verbrennen, wenn wir das Klima stabilisieren und eine weitere Verschlimmerung dieser Dürreereignisse vermeiden wollen“, sagte Sonia Seneviratne, eine beteiligte Forscherin der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich, der Mitteilung zufolge. Mit jeder weiteren Zunahme der Erderwärmung würden Dürren häufiger und intensiver.

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9 Kommentare

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  • Man stelle sich vor, es würde kühler und feuchter, 8 Mrd. Menschen könnten gar nicht ernährt werden.

  • Düren sind eine lokal begrenzte Folge des Klimawandels. In Summe wird die Erde feuchter.

  • " Die Forscher können belegen, dass durch den Klimawandel verursachte höhere Temperaturen zu den weit verbreiteten Dürren in diesem Sommer geführt haben. "

    Falsch - eine typische und für die Wissenschaft äußerst peinliche Verwechslung von Ursache und Wirkung ! Eine Menschheit, die nicht erst seit der Industrialisierung (1750), sondern seit Jahrtausenden ihre Landschaften und Kontinente entwässert, kanalisiert, entwaldet, versiegelt, Grundwasserpegel und Aquiferen plündert...etc./etc. - wundert sich nun, dass sich Wüsten und Dürreperioden ausbreiten und logischerweise mit Rekordtemperaturen einher gehen. Wie dumm ist das denn ???

    Weniger die CO2 & Klimagas-Konzentrationen, sondern der immense, akkumulierte Verlust von verdunstungsfähigen Landschaften ist die Hauptursache von Klimawandel.

    climateprotectionh...are.wordpress.com/

  • Eine weitere Studie, deren Ergebnisse zur Kenntnis genommen werden und die keine politischen Konsequenzen haben wird.



    Leider wird in der Berichterstattung nur das Ergebnis vorgestellt, es aber nicht in einen größeren Zusammenhang gebracht, z.B. mit den Ankündigungen bis 2035/40/45 in Deutschland oder Europa klimaneutral sein zu wollen. Wenn es stimmt, dass feuchte Böden mehr CO₂ speichern als trockene Böden, dann ist das ausschließlich mathematisch und nur unter Laborbedingungen zu erreichende Ziel, Klimaneutralität gegenüber dem Bezugsjahr 1990, das, was es immer war: reinster physikalischer Nonsens.



    Die Natur ist nicht statisch! CO₂-Senken verändern sich auf natürliche Weise (Dürren, Windbruch, Bodenerosion etc.) und durch Nutzung (Land- und Forstwirtschaft, Flächenversiegelung etc.).



    Solange wir nicht anfangen in Zusammenhängen zu denken und die Natur als nicht statisch zu begreifen, wird das Klimamarketing für ein Weiter-so erfolgreich sein.

  • „Wir müssen damit aufhören, fossile Brennstoffe zu verbrennen, wenn wir das Klima stabilisieren und eine weitere Verschlimmerung dieser Dürreereignisse vermeiden wollen“

    Ja.

    Aber das reicht nicht.



    Der Artikel spricht die offenkundige Wahrheit aus, aber er klammert sich nur an das, was theoretisch getan werden sollte, um die Erwärmung zu bremsen.



    Aber das reicht eben nicht!

    Wir müssen DRINGEND Maßnahmen entwickeln, um mit den FOLGEN des Klimawandels zurechtzukommen.



    Das betrifft zu einem Großteil die Landwirtschaft, das betrifft aber auch den Städtebau, das betrifft die Organisation unseres alltäglichen Lebens.



    Das zwar berechtigte, aber hehre Ziel, Treibhausgasausstoß zu reduzieren um vielleicht, eventuell ein paar Zehntelgrad weniger zu erreichen ist psychologisch schwer vermittelbar.



    Massiver Aufwand, unsicheres Ergebnis in Jahrzehnten.

    Wir müssen endlich anfangen, die Reduzierung von Treibhausgasausstoß ZUSAMMEN mit der Vorbereitung auf das Unvermeidliche, die Klimaerwärmung, zu propagieren und vor allem umzusetzen.

    Denn in der Anpassung an sich verändernde Lebenswelten sind wir Menschen psychologisch stark. Hoher Aufwand, aber direkt zu spürende Wirkung.

    Die Ergebenheit gegenüber des Armageddons seitens der Klimaschutzbewegung macht depressiv und schließlich suizidal.

    Wir brauchen Leute, die anpacken, nicht nur anmahnen. Wir brauchen eine Politik, die uns fit macht, die Herausforderungen anzunehmen. Wir brauchen Wissenschaftler*innen, die tragfähige Konzepte entwickeln.



    Und wir brauchen ein Bewusstsein in der Gesellschaft dafür, was wir realistischerweise erreichen können.

    Wohlgemerkt: die Reduzierung der Treibhausgase ist wesentlicher Bestandteil davon. Aber eben nicht alleine.

  • „Wir müssen damit aufhören, fossile Brennstoffe zu verbrennen, wenn wir das Klima stabilisieren und eine weitere Verschlimmerung dieser Dürreereignisse vermeiden wollen“

    Ja, so ist es. Das wissen wir. Aber das Gegenteil geschieht.

    In Anbetracht ungeheuerlichen Leides, was der Klimawandel aller Wahrscheinlichkeit in nahe Zukunft verursachen wird (und teilweise bereits verursacht), steigen die Emissionen Europas, verfehlt die USA ihre früheren Ziele, die völlig unzureichend waren, und gibt es keinerlei Hinweise darauf, dass die Industriestaaten mit den notwendigen Entschädigungszahlungen an den globalen Süden beginnen werden oder sich auf die Aufnahme ggf. hunderter Millionen Geflüchteter vorbereiten würden.

    Das einzige, was wir sehen, ist, dass der Klimawandel anderen Prioritäten untergeordnet wird und die Abschottung der Reichen von den Armen verstärkt wird. Es ist zum verzweifeln, zumal der Widerstand gegen die systematische Zerstörung unseres Planeten bei weitem zu gering ist, um die Verursacher und die Politik beeindrucken zu können.

    • @PolitDiscussion:

      " Ja, so ist es. "

      --- Nein, so ist es nicht !



      Regen- und Wasserrückhalt sind logischerweise die wesentlich erfolgreichere Strategien, um Dürreereignisse & Rekordtemperaturen im Sommer zu vermeiden.



      Das sollte auch die Autorin erkennen, um als Expertin für Dürren, Ihren Horizont zu erweitern.

      climateprotectionh...are.wordpress.com/

  • Der esrte Schritt wäre, hierzulande jetzt alle großen klimarelevanten Verheizer in der Industrie SOFORT abzustellen. Sie haben sowieso keinerlei Chancen mehr auf einem Weltmarkt, nur haben das die vermeintlich handelnden 'Politiker' (im Gegensatz zu fast allen europäischen Nachbarn) noch nicht verstanden. Da bliebe dann auch noch für kreative, weniger CO² verschleudernde Mittelständler, die sowieso mehr Arbeitsplätze bieten, mehr Luft zum Atmen. Das ist schon eine erschreckende Erkenntnis, dass ein sich grün nennender Wirtschaftsminster den Zusammenhang zwischen Ökonomie und Ökologie nicht versteht. Es spricht ausserdem gegen die 'Qualifizierung' und den Aufstieg eher von der Einsicht in Realitäten unbedarfter Kandidaten in diesem Parteiensystem, in dem sich diejenoigen durchsetzen, die über die spitzesten Ellenbogen verfügen!

    • @Dietmar Rauter:

      Nicht so einfach. Ich finde auch, dass die Mittelstandsförderung in D immer bedauerlich schlecht war. Dabei haben wir so viele Spitzenbetriebe dort.



      Aber: was machen wir mit der BASF?



      Die chemischen Produkte die sie herstellen werden von allen möglichen Betrieben - eben auch Mittelständlern benötigt.



      Also: alles nicht so einfach.