Bericht von Save the Children: 78 Millionen gehen nicht zur Schule

Die globale Lebensmittelkrise gefährdet das Recht auf Bildung, so eine Studie. Kinder, die nicht zur Schule gehen, leiden häufiger unter Hunger und Gewalt.

Ein Mädchen arbeitet in einer Backstein-Fabrik in Afghanistan

Afghanistan, August 2022: das neunjährige Mädchen arbeitet in einer Ziegelfabrik am Rande von Kabul Foto: Ebrahim Noroozi/ap

BERLIN taz | Hunger, Krieg und Wetterextreme gefährden die Bildung von Millionen von Kindern. Davor warnt die Hilfsorganisation Save the Children in einem Bericht, der vergangene Woche vorgestellt worden ist. Schätzungsweise 78 Millionen Kinder weltweit können aktuell nicht in die Schule gehen. Bewaffnete Konflikte, aber auch Dürren oder Überschwemmungen zwingen ganze Familien zur Flucht.

Auch Lebensmittelknappheit und steigende Lebensmittelpreise beschneiden in vielen Ländern den Zugang zu Bildung, schreiben die Autor:innen. So müssten Kinder oft mithelfen, das Einkommen der Familie aufzubessern, oder seien aufgrund der mangelnden Ernährung zu schwach, um jeden Tag den Fußmarsch zur Schule und zurück zu bewältigen.

Besonders gefährdet, keine angemessene Bildung zu erhalten, sind Kinder aktuell in Afghanistan, im Sudan, in Mali und Somalia. Sieben der zehn am stärksten betroffenen Länder liegen in Afrika – in allen Top-10-Risikoländern ist die Versorgungslage mit Lebensmitteln kritisch. In Afghanistan, Somalia, im Sudan, in Jemen und der Zentralafrikanischen Republik befinden sich mehr als 20 Prozent der Bevölkerung in einer Hungerskrise.

Recht auf Bildung in extremer Gefahr

Für den Bericht hat Save the Children nach eigenen Angaben die Bildungssysteme von 182 Staaten untersucht. Berücksichtigt wurden unter anderem die Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen, der Anteil binnenvertriebener Minderjähriger, die Häufigkeit von Attacken gegen Schulen, die Verfügbarkeit von Internet zu Hause, die Impfquote gegen das Coronavirus sowie die Quote der Kinder im Grundschulalter, die nicht zur Schule gehen. Im Vergleich zum Vorjahr haben sich zwar einige Länder wie Kolumbien verbessert, was die Au­to­r:in­nen vor allem mit dem besseren Zugang der Bevölkerung zu Covid-Impfstoffen erklären. Insgesamt ist das Recht auf Bildung aber nach wie vor in mehr als 30 Ländern in „extremer“ oder „hoher“ Gefahr.

Mit dramatischen Folgen für die Betroffenen, warnen die Autor:innen. Denn Kinder, die nicht zur Schule gehen, leiden deutlich häufiger unter Hunger, Gewalt, Missbrauch, Kinderarbeit und Frühverheiratung. Das trifft insbesondere Mädchen sowie Kinder in Kriegsgebieten und in Flüchtlingslagern. Im September erst hatte das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) in seinem jährlichen Bildungsreport festgestellt, dass Flüchtlingskinder bei der Schulbildung nach wie vor drastisch benachteiligt werden.

UN-Generalsekretär António Guterres sprach kürzlich zum Auftakt der Generaldebatte der Vereinten Nationen Ende in New York von einer globalen „Bildungskrise“ und forderte die Weltgemeinschaft auf, dieser Krise die volle Aufmerksamkeit zu schenken. Laut UN waren im Jahr 2021 wegen der Pandemie 244 Millionen Kinder und Jugendliche nicht in der Schule.

Von all den heute 10-Jährigen auf der Welt können Schätzungen zufolge gerade mal 36 Prozent eine einfache Geschichte lesen. Das heißt im Umkehrschluss, dass im schlimmsten Fall mehr als 800 Millionen Kinder in ein paar Jahren die Schule ohne wirkliche Ausbildung verlassen werden. „Anstatt Chancen zu ermöglichen“, sagte Guterres in New York, „zementiere Bildung mittlerweile die Ungleichheit.“ Die Reichen hätten Zugang zu den besten Ressourcen, Schulen und Hochschulen, während die Armen gegen riesige Widerstände ankämpfen müssen, um die Bildung zu erhalten, die ihr Leben verbessern kann.

Zusammen mit dem UN-Sonderbeauftragten für Globale Bildung, Gordon Brown, kündigte Guterres an, ab dem kommenden Jahr 2 Milliarden US-Dollar für Bildungsprogramme zur Verfügung stellen zu wollen – unterstützt wird die UN dabei von Schweden, Großbritannien, den Niederlanden sowie der Asiatischen und der Afrikanischen Entwicklungsbank. Bis 2030 könnten weitere 10 Milliarden US-Dollar folgen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.