Studie zum Klimaschutz: 1,5-Grad-Grenze unrealistisch
Ein Stopp der Erderhitzung bei gefährlichen, aber noch kontrollierbaren 1,5 Grad? Mangels sozialem Wandel nicht mehr plausibel, meinen Forscher:innen.
Das fatale Fazit ziehen die Wissenschaftler:innen nicht, weil der Stopp der Erderhitzung physikalisch nicht mehr möglich sei. Sie attestieren eher politische und soziale Blockaden als solche technologischer Art.
Laut dem Weltklimarat IPCC müssen sich die weltweiten CO2-Emissionen für das 1,5-Grad-Ziel bis 2030 praktisch halbieren, um bis 2050 bei null zu liegen. Das gilt seit Jahren ohne nennenswerten Fortschritt – und das Zeitfenster für das drastische Vorhaben schließt sich. Jenseits der 1,5 Grad Erderhitzung werden katastrophale Folgen der Klimakrise noch wahrscheinlicher, etwa weitere Probleme bei der Welternährung oder lebensgefährliches Wetter. Aktuell hat sich die Erde schon um 1,2 Grad aufgeheizt.
Für die am Mittwoch vorgestellte Studie haben rund 60 Sozial- und Naturwissenschaftler:innen in einem interdisziplinären Team zehn gesellschaftliche, klimarelevante Faktoren untersucht. Dazu zählen die UN-Klimapolitik, die Gesetzgebung zum Klimaschutz, Proteste, soziale Bewegungen, transnationale Initiativen, Klagen vor Gericht, Konsumverhalten, der Abzug von Investitionen aus der fossilen Wirtschaft, die Wissensproduktion und die Medien.
Es sei einiges in Bewegung gekommen, heißt es. Doch vor allem das Verhalten von Konsument:innen und Unternehmen bremse den weltweit dringend notwendigen Klimaschutz. „Die notwendige umfassende Dekarbonisierung verläuft einfach zu langsam“, erklärte Anita Engels, die Leiterin des Exzellenzclusters „Klima, Klimawandel und Gesellschaft“ (Cliccs). Dekarbonisierung bedeutet die Reduktion von Kohlendioxidemissionen.
Medienberichterstattung wird besser
Auch die Medien verhalten sich nach Ansicht der Autor:innen ambivalent: Mal unterstützten sie das Ziel einer CO2-neutralen Gesellschaft, mal unterminierten sie es. Engels sieht dabei den professionellen Journalismus eher positiv.
Anders als in den USA verzichteten Medien in Europa zunehmend auf ein fälschliches Ausbalancieren zwischen der Mehrheitsmeinung der Wissenschaft und randständigen Gegenstimmen. In sozialen Medien fänden sich dagegen viele Fake News, vor allem Autoren aus dem rechten Spektrum verbreiteten unzutreffende Berichte, so die Soziologin.
Entscheidend für eine Eindämmung der Erderwärmung ist nach Auffassung der Wissenschaftler:innen der soziale Wandel. „Wir sind nicht mal in Ansätzen auf dem richtigen Pfad“, sagte Engels.
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