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Streit um die EU-TaxonomieUms Atom geht es nicht

Bernhard Pötter
Kommentar von Bernhard Pötter

So ärgerlich die EU-Vorschläge zur Atomkraft sind: Entscheidend ist jetzt, die Regeln für klimapolitische Investitionen zu sichern und auszubauen.

Idyllischer Blick auf den Kühlturm des französischen Atommeilers Cruas an der Ardèche Foto: Alice Dias Didszoleit/imago-images

D ie hitzige Debatte um die „EU-Taxonomie“ und die geplante Einstufung von Investitionen in Atomkraft und Gas als „nachhaltig“ geht am eigentlichen Kern vorbei. Denn die Frage ist nicht, ob in Deutschland die Atomkraft subventioniert zurückkommt (wird sie nicht) oder ob wir neue Gaskraftwerke verhindern können (sollten wir nicht). Entscheidend ist auch nicht, ob die Bundesregierung diese EU-Regeln verhindern sollte (kann und will sie nicht) oder ob die Grünen dafür einen Koalitionskrach riskieren müssten (sollten sie erst recht nicht). Die Frage muss lauten: Wie retten wir die EU-Taxonomie?

Sicher: Die Vorschläge der EU-Kommission sind ein Ärgernis. Aber sie kommen nicht überraschend. Es bleibt zwar falsch und skandalös, gerade der Atomkraft mit ihren ökologischen und finanziellen Risiken das Label „richtet keinen Schaden an“ anzuheften. Aber das sehen eben viele andere Länder in der EU wie Frankreich, Ungarn oder Tschechien ganz anders, die dringend frisches Geld für alte oder neue Meiler brauchen. Und beim Gas war immer klar, dass gerade Deutschland mit dem endgültigen Atomausstieg Ende dieses Jahres eine Menge neuer flexibler Kraftwerke braucht, um die Energiewende abzusichern. Die heikle Frage ist nur, wie man jetzt Turbinen für fossiles Gas baut, die man möglichst bald auf den Betrieb mit „grünen“ Gasen wie Wasserstoff umstellen kann. Kippen kann Deutschland diesen Kompromiss nicht, dafür reichen die Mehrheiten nicht. Und kippen will ihn Deutschland auch nicht, weil das Gas auf dem Spiel steht – und weil die Regelung ein Hebel sein kann, die vielen anderen Zumutungen des „Fit for 55“-Pakets der EU gerade in Osteuropa durchzusetzen.

Es gab und gibt für den grünen Klimaminister Habeck deshalb wenig Grund, mit seinen Kollegen in Berlin und Brüssel darüber den Konflikt zu suchen. Viel wichtiger ist es, die Taxonomie zu sichern: Also auf der EU-Ebene einen klaren Maßstab dafür beizubehalten, welche Investitionen in Zukunft für eine klimagerechte Transformation von Industrie, Stromnetzen und Gebäuden gebraucht werden und welche nicht. Manche Experten wollen die Liste verbessern, andere diese Unterscheidung etwa über den CO2-Preis regeln. Mit der Taxonomie wollte die EU weltweit Vorreiter für grünes Investment sein. Diesen Vorsprung gilt es zu halten, klare Regeln müssen für Vertrauen bei Investoren und Gesellschaft sorgen. Die bisherige umfangreiche Taxonomie-Liste ist ein guter Anfang, sie muss aber noch klarer und konkreter werden. Denn die Klimapolitik der EU wird sich daran entscheiden, wohin die Billionen Euro privaten Kapitals in den nächsten 20 Jahren fließen. Nicht an ein paar Milliarden für alte AKWs.

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
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26 Kommentare

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  • 0G
    05867 (Profil gelöscht)

    In den vergangenen Jahren lief in der EU ohne Deutschland garnichts.



    Wieso nun gerade Ursula vd Leyen hier angeblich einen Alleingang ohne vorherige Rücksprache mit der Bundesregierung durchgezogen haben soll, erscheint mir höchst unwahrscheinlich.



    Und jetzt tun alle so, als könne man nichts mehr ändern.



    Komisch, beim Glyphosatverbot hat sich Deutschland gegen den EU Beschluß durchgesetzt ...



    Bei der Kernkraft soll es nun plötzlich nicht mehr gehen?

    Das stinkt doch gewaltig!

  • Ich empfehle eine BLick auf die französische Perspektive zu werfen.



    Jean Marc Jancovici ist ein Frankreich ein bekannter Klima und Energieexperte.



    Sein ersten Buch auch Deutsch wird im Mai veröffentlicht:



    "Welt ohne Ende: Vom Energiewunder zum Klimawandel "

    Unten die einzige Präsentation die ich auf English finden konnte.

    www.youtube.com/watch?v=s254IPHXgVA

  • Ich bin keine Energeieingenieur:inn aber Atomenergie und Erdgas mit "Ökosiegel" zu versehen wirkt auf mich sehr verwirrend.



    Sicher müssen wir "die Regeln für klimapolitische Investitionen sichern und auszubauen".



    Aber das muss auch greifbar erklärt und in nachvollziehbare Wörter gefasst werden.



    Atomenergie und Erdgas als Klimafreundliche zu beschreiben wirkt auf mich sehr verwirrend und polarisierend.

  • Da sind die finnischen Grünen schon weiter, die schätzen Atomstrom durchaus als Vehikel für die Energiewende ein. Statt weiterer Gaskraftwerke, für die es derzeit eh keine privaten Investoren gibt, könnten eben auch Atomkraftwerke gebaut werden oder einfach weiter laufen.

    Teuer wird etwas anderes: Die Rohstoffe für die Elektrifizierung und Decarbonisierung werden rar. Kobalt gibt es in den bisherigen Fördergebieten nur noch für wenige Jahre. Für Lithium, Nickel, Kupfer sieht es kaum besser aus. Die Förderung ist zudem extrem Umweltbelastend und teuer. Dagegen wird Kernkraft zum Schnäppchen ....

    • @TazTiz:

      Ein viel zu wenig beachteter Aspekt. Die Dekarbonisierung allein mit Solartechnik und Wind ist schlicht zu ressourcenintensiv. Selbst wenn wir uns das leisten können treiben wir die Kosten für den Rest der Welt so weit nach oben dass der Nettonutzen gegen Null geht.



      Afrika und Indien werden weiter Kohle verbrennen (als Grundlast).

      PS: Wer glaubt mit Geothermie, Biomasse udn Wasserkraft kämen wir weit soll sich bitte mal die Zahlen und das verbleibenden Potential zum Ausbau anschauen.

      • 0G
        05867 (Profil gelöscht)
        @Michael Renper:

        ... jetzt kommen die Verhinderer der erneuerbaren Energien aber schnell aus den Löchern gekrabbelt ...

  • Bei der Betrachtung der Kosten der Atomenergie sollte nicht außer acht gelassen werden, dass die drei bisher größten Havarien von Atommeilern (Harrisburg USA / Tschernobyl UdSSR/Ukraine / Fukushima Japan) die mit Abstand teuersten Schäden überhaupt außerhalb von Kriegen verursacht haben. Vor allem bei Tschernobyl und Fukushima ist der Schaden gar nicht bezifferbar, da ein Abschluss der Arbeiten nicht abzusehen ist. Im Grunde handelt es sich um Arbeiten (Sicherung / Dekontamination / Rückbau u.a.), die noch Generationen beschäftigen werden und damit einen Finanzbedarf bis weit in die Zukunft erfordern.



    Die zahlreichen Havarien, Unfälle und Unregelmäßigkeiten in anderen Atomanlagen, schon beim Uranerz-Abbau, bei der Anreicherung, später noch bei der Wiederaufbereitung und Lagerung, seien nur am Rande erwähnt.

    Da diese Kosten von keinerlei Versicherung getragen wird (Atomenergie ist in keinem Bereich versicherbar, und das weltweit!) und die Betreiber im Zweifel schnell pleite sind, muss das alles aus Steuermitteln bezahlt werden.

    Bei Lichte und ehrlich betrachtet (und die Entwicklungs- und Forschungsgelder mit einbezogen) ist Atomenergie schlicht nicht bezahlbar, extrem hoch subventioniert und per se unwirtschaftlich.

  • Bei der Betrachtung der Kosten der Atomenergie sollte nicht außer acht gelassen werden, dass die drei bisher größten Havarien von Atommeilern (Harrisburg USA / Tschernobyl UdSSR/Ukraine / Fukushima Japan) die mit Abstand teuersten Schäden überhaupt außerhalb von Kriegen verursacht haben. Vor allem bei Tschernobyl und Fukushima ist der Schaden gar nicht bezifferbar, da ein Abschluss der Arbeiten nicht abzusehen ist. Im Grunde handelt es sich um Arbeiten (Sicherung / Dekontamination / Rückbau u.a.), die noch Generationen beschäftigen werden und damit einen Finanzbedarf bis weit in die Zukunft erfordern.



    Die zahlreichen Havarien, Unfälle und Unregelmäßigkeiten in anderen Atomanlagen, schon beim Uranerz-Abbau, bei der Anreicherung, später noch bei der Wiederaufbereitung und Lagerung, seien nur am Rande erwähnt.

    Da diese Kosten von keinerlei Versicherung getragen wird (Atomenergie ist in keinem Bereich versicherbar, und das weltweit!) und die Betreiber im Zweifel schnell pleite sind, muss das alles aus Steuermitteln bezahlt werden.

    Bei Lichte und ehrlich betrachtet (und die Entwicklungs- und Forschungsgelder mit einbezogen) ist Atomenergie schlicht nicht bezahlbar, extrem hoch subventioniert und per se unwirtschaftlich.

  • Um mit Gas für den Übergang die Lücke zu schließen braucht Deutschland ebenso wenig den Segen der EU-Taxonomie wie ihn Frankreich auch nicht für seine AKW benötigt. Deshalb ist der "Kuhhandel" auch nicht nachvollziehbar. Jedes Land darf tun was es will, solange es den CO2-Ausstoß entsprechend den Vereinbarungen verringert. Somit könnte es sich Deutschland leisten, eben nicht vor Macron einzuknicken! Hat es gar nicht nötig, sich erpressen zu lassen! Scholz könnte locker und mit einem Lächeln NEIN sagen. Und D zahlt seine Gaskraftwerke selber, solange dies nötig ist. Denn verboten sind sie nicht, nur weil sie nicht gefördert werden. Es kostet halt nur etwas. Aber sicher weniger, als wenn Deutschland Strafe zahlt wegen Nichterreichen der Einsparziele. Was ihre Verwendung von vorn herein schon begrenzt! Nein zu atomar erzeugtem Wasserstoff zu sagen, wäre nur konsequent. Wasserstoff ist der Speicher für überschüssige Wind-und-Sonnen-Energie!



    Ansonsten gilt weiterhin: sorgsam mit Energie umgehen und Verbrauch senken, wo und in welcher Form es nur geht. Den Wachstumsbegriff überdenken - neu denken. Der Verbrauch sollte das allerletzte sein, das wächst (auch wenn die Bevölkerung wächst). Ressourcen sparen, wo es nur geht. Global denken und an die folgenden Generationen mitdenken!

    • 0G
      05989 (Profil gelöscht)
      @Ane Plat:

      Da will ich Ingo Bernable ergänzen: Investoren mögen es, auf großen Skalen investieren zu können und da sind Großkraftwerke - und nachdem Kohle-Bann bleiben nur noch AKWs in Frankreich und Gaskraftwerke - nahezu alternativlos.

      Die regenerativen Energien sind - und das ist eigentlich gewollt und gut so - viel kleinteiliger und weitgehend ungeeignet für Blackrock & Co.

      Selbst Macron dürfte wissen, dass Kernkraft für Frankreich zu einem stetig wachsenden Problem wird - aber kaum einer weiß besser als Macron, was die sogenannten institutionellen Anleger gerne haben. Zumal er die anlocken muss, wenn er die EDF nicht in eine noch weitere Verschuldung jagen - oder die Erneuerung des AKW-Parks gleich vom Staat bezahlen lassen will.

      Deutschland glaubt mehrheitlich, dass ohne Gaskraftwerke die Energiewende nicht zu erreichen ist - was auch nicht vollkommen falsch ist. Allerdings ist die Stromerzeugung mit Gas ohnehin ziemlich teuer und wenn die BRD nicht die Energiekonzerne verstaatlichen will, um selbst Gaskraftwerke zu bauen, dann müssen die attraktiver für Investoren werden - sonst baut sie einfach niemand. Wenn man sich mal in diese marktwirtschaftliche Falle begeben hat, kommt man da nicht ohne Revolution heraus.

      Deswegen braucht es die Investitionslenkung über die EU-Taxonomie. Und das macht es jetzt auch so schwierig, das gegenüber dem Wahlvolk zu erklären - denn die Erklärung in dieser Logik ist: Wenn die Energiewende nicht ein Bombengeschäft für irgendwen wird, wird sie nicht stattfinden. Und die Tragweite dieser Aussage verstehen auch niederbayrische Bauern, die noch daran glauben, dass die CSU die Welt rettet.

      • @05989 (Profil gelöscht):

        Für private Anleger sind eher die Erneuerbaren mit ihren kurzen Laufzeiten, Einspeisevorrang und Einspeisevergütungen attraktiver als neue Kernkraftwerke mit sehr langen Laufzeiten und relativ hohem Risiko. Während die Kosten für den notwendigen Netzausbau für die EE von der Allgemeinheit getragen werden, genauso wie die anderen Systemkosten.

        " was auch nicht vollkommen falsch ist" - alle großen aktuellen Studien zu Deutschlands Weg zur Klimaneutralität gehen von einem massiven Ausbau der Gas-Kapazität aus. So in die Richtung Verdoppeln oder noch mehr.

      • @05989 (Profil gelöscht):

        Regenerative Energieerzeugung ist auch etwas für Blackrock&Co. nur haben die das bislang noch nicht verstanden wenn das Investment sich nicht mehr auf eine große Anlage bezieht sondern auf viele kleine mit gleicher großer Erzeugerleistung. Zumal aber auch die politischen Zukunftspläne der Politik für die Investoren für regenerative Energieerzeugung nicht verlässlich waren.



        Die niederbayerischen Bauern haben sich sehr wohl auch ohne CSU mit der Errichtung von großen PV-Anlagen angefreundet, da diese für Ihren Betrieb einen stabilen Mehrwert schaffen und das trotz Widerstand der CSU. Auslöser war das EEG und die Einspeisevergütung, iniziiert von Hermann Scherr (SPD).

    • @Ane Plat:

      Es geht weder um Verbote, noch um Förderung, sondern um das Labeling von Finanzprodukten und damit in Zeiten von ETFs und immensen Mengen privaten Kapitals in den Märkten um die Lenkung riesiger Geldmengen die dann u.U. als grün und nachhaltig in AKWs investiert werden.

  • Der SPD-Europaabgeordnete Joachim Schuster, seit 2014 im EU-Parlament und Mitglied im Auschuss für Wirtschaft, will gegen die geplante EU-Taxonomie stimmen, die vorgelegte Taxonomie betreibe ,,Greenwashing":

    wdrmedien-a.akamai...neenergie_wdr5.mp3

  • "Viel wichtiger ist es, die Taxonomie zu sichern: Also auf der EU-Ebene einen klaren Maßstab dafür beizubehalten, welche Investitionen in Zukunft für eine klimagerechte Transformation von Industrie, Stromnetzen und Gebäuden gebraucht werden und welche nicht."

    Genau. Und wenn diese so bleibt wie geplant, ist sie ein weiteres, unsinniges "interessiert mich nicht" Bapperl. So, wie ein Biosiegel für Steinsalz.

  • Der "Streit um die EU-Taxonomie", ebenso wie dieser Beitrag, segelt haarscharf an dem eigentlichen Problem vorbei:



    Natürlich war und ist jedem klar, dass Wind- und Sonnenenergie nicht jederzeit berechenbar zur Verfügung stehen. Aber man durfte doch hoffen, dass die Gegner des Atomstroms eines Tages die ultimative Lösung aus dem Hut zaubern.



    Wo bleibt diese Lösung, nämlich eine genau planbare Energiequelle, die das gleich bietet wie Atom und Erdgas, jedoch ohne deren Risiken und Nebenwirkungen!

    • @Pfanni:

      "Wo bleibt diese Lösung..."



      Die Lösungen gibt es, allerdings nur theoretisch. Von einer Realisierung sind sie noch weiter entfernt als der notwendige Ausbau der Erneuerbaren. Sie heißen Speicherkraftwerk [1], Lastmanagement [2] und Bioenergie [3]. In der Praxis sind alle entweder teuer, sehr teuer oder nur begrenzt verfügbar. Alle treiben die Kosten des ach so billigen Ökostroms auf ein Mehr- bis Vielfaches in die Höhe. Mir ist keine Studie bekannt, die die volkswirtschaftlichen Kosten betrachtet und einen realistischen, bezahlbaren Weg aufzeigt.



      [1] de.wikipedia.org/wiki/Speicherkraftwerk



      [2] de.wikipedia.org/wiki/Lastmanagement



      [3] de.wikipedia.org/wiki/Bioenergie

    • @Pfanni:

      Die planbare Lösung ist dieser Wasserstoff, von dem man so viel hört:



      Der soll zur Speicherung der Wind- und Sonnenenergie benutzt werden und Atom und Erdgas ersetzen.

      • @Bernd Berndner:

        Sind da nicht Batterien besser?

      • 0G
        05989 (Profil gelöscht)
        @Bernd Berndner:

        Es tut mir leid, aber es ist beides Unsinn - weder Kernkraft noch Wasserstoff werden eine nennenswerte Rolle bei der Dekarbonisierung spielen.

        Beide Technologien sind schlichtweg bei weitem zu teuer - in praktisch jedem Teilaspekt.

        Die Lösungen liegen in:

        1. Einem europäischen (HGÜ-)Verbundnetz, denn irgendwo scheint die Sonne und weht der Wind immer - zumindest fast. Von Rumänien bis Portugal dauert der Tag auch im Winter über 12 Stunden.

        2. Mehreren Speicherebenen - von Pumpspeicherkraftwerken, wie sie Norwegen im großen Stil betreibt, bis zu Speichern auf Niederspannungsebende oder sogar in den Haushalten.

        3. Effizienzsteigerungen, die sich zum Teil durch die Transformation selbst ergeben. 100% Gebäudeheizung transformieren eben nicht zu 100% Stromverbrauch, sondern mit Wärmepumpen zu vielleich 30%. Wenn dann zunehmende Gebäudesanierungen dazu kommen, reden wir davon, dass etwa 1000 TWh des heutigen Primärenergiebedarfs (etwa ein Drittel) "nur" zu 200 TWh künftigem Strommehrbedarf transformieren. Und dieser Bedarf ist mit billigen Wasserspeichern auch noch ausgezeichnet steuerbar.

        Es gibt ein paar industrielle Prozesse und vielleicht den Flugverkehr, wo er unvermeidlich ist, wo Wasserstoff eine begrenzte Lösung darstellen kann. Aber das wird so viel teurer, dass sich daraus nie einem umfassende Wasserstoffwirtschaft entwickeln wird. Und eigentlich gilt das gleiche für die Kernkraft, deren Kostennachteile heute schon wirken.

        Es gibt eine Menge Ansätze und Berechnungen, die die Möglichkeit vollständiger Dekarbonisierung der Energiewirtschaft mit verfügbaren und sauberen Technologien belegen.

        Alles andere ist Getrolle...

        • @05989 (Profil gelöscht):

          Schönes Stück Agora-Belletristik.



          "...denn irgendwo scheint die Sonne und weht der Wind immer - zumindest fast."



          Ja, zumindest fast. Allerdings ist auch in Portugal die Tageslänge im Winter kürzer als im Sommer, und auch dort muss im Winter geheizt werden.



          "...von Pumpspeicherkraftwerken, wie sie Norwegen im großen Stil betreibt..."



          Wo sich schon jetzt mit dem (am Bedarf gemessen eher putzigen) NordLink Verwerfungen andeuten: taz.de/Norwegen-si...romkrise/!5818969/ . Weil die Skandinavier ihren Ökostrom selbst brauchen, besonders wenn, wie wir hoffen, z.B. auch Schweden aus der Atomenergie aussteigt.



          "100% Gebäudeheizung transformieren eben nicht zu 100% Stromverbrauch, sondern mit Wärmepumpen zu vielleich 30%."



          Schönes Beispiel für die üblichen Milchmädchenrechnungen [1]. Denn die 30 % transformieren sich dadurch, dass sie aus gespeichertem, rückverstromtem Wasserstoff kommen, wieder zu 100 % oder mehr. Bitte die gesamte Wirkungsgradkette betrachten.



          [1] Ich bitte das Milchmädchen um Entschuldigung. Ich hätte einen treffenderen Ausdruck, der kommt aber erfahrungsgemäß nicht durch die Moderation.

        • @05989 (Profil gelöscht):

          "Es gibt eine Menge Ansätze und Berechnungen, die die Möglichkeit vollständiger Dekarbonisierung der Energiewirtschaft mit verfügbaren und sauberen Technologien belegen."

          Und in vielen renommierten Nettonull-Studien wird auch auf grünen Wasserstoff und synthetisches Gas gesetzt, ist also kein Unsinn.

          2. Wasserkraft und Pumpspeicher können in Deutschland kaum weiter ausgebaut werden. Da geht niemand von einer Kapazitätssteigerung aus.

          3. Selbst mit den Effizienzsteigerungen, gehen die gängigen Szenarien von einer Erhöhung der Stromnachfrage um 50% bis 100% aus bis zum Jahr 2050.

          "weder Kernkraft noch Wasserstoff werden eine nennenswerte Rolle bei der Dekarbonisierung spielen."



          Kernkraft in Deutschland nicht. Der französische Stromsektor ist quasi schon dekarbonisiert, seit den 80ern, mit Kernenergie.

          Der Weltklimarat kommt übrigens auch zu der Einschätzung das Kernenergie weltweit eine wichtige Rolle bei der Dekarbonisierung spielt.

      • @Bernd Berndner:

        Für eine Wasserstofferzeugung braucht es sehr viel und sehr sauberes Wasser. Haben wir das?

  • 0G
    05989 (Profil gelöscht)

    "Aber das sehen eben viele andere Länder in der EU wie Frankreich, Ungarn oder Tschechien ganz anders"

    Ich halte die Formulierung für eine krasse Irreführung. Von 27 Ländern in der EU, betreiben noch 14 Atomkraftwerke, wobei 4 von diesen den Ausstieg aus dieser Technik schon beschlossen haben. So ungefähr 75% der EU-Bürger wollen keine Kernkraft und viele von denen konnten das in einschlägigen Referenden auch äußern.

    Unter den restlichen 10 ist lediglich Frankreich eine ernstzunehmende Größe - die Übrigen 9 sind mehrheitlich Osteuropäer, die lediglich kein Geld (und keine Lust) haben, um ihre russischen Reaktorruinen abzulösen.

    So zu tun, als wären das "viele" ist wirklich albern.

    Das Einknicken vor dieser Minderheit birgt die Gefahr, dass der Weiterbetrieb auch noch weiter subventioniert wird - und zwar auf Kosten der Technologien, die uns weiterhelfen würden.

    Das Problem ist, dass die Wertegemeinschaft EU in Geiselhaft der nordamerikanischen Geopolitik die pubertären Ostländer nicht disziplinieren kann.

    Das wird uns unsere wirtschaftliche Zukunft und Freiheit kosten!

    • @05989 (Profil gelöscht):

      zu recht gut argumentiert.



      Allerdings geht es Macron nur darum die benötigten Gelder für die maroden französischen A-Kraftwerke von der EU oder Investoren bezahlen zu lassen, da die nationalen Kassen leer sind. Auch den osteuropäischen Staaten geht es im gleichen Masse darum, da auch sie keine Finanzen dafür übrig haben.



      Ja, das könnte uns, national betrachtet egal sein. Aus europäischer Sicht aber nicht, da uns das abfliessende Geld für die regenerativen fehlt.



      Die Taxonomie sollte inhaltlich verbessert werden und die Energieerzeuger-, wie auch nachgelagerten Entsorgungskosten eingewertet werden. Nachhaltigkeit ist eben nicht nur CO²-Einsparung.



      Schnelle Großspeicher im Quartierbereich (z.B. Redoxspeicher) vertragen ebenfalls großes Investment, nicht nur von regionalen Energieerzeugern, oder -versorgern und sind nachhaltiger als G-Kraft- oder A-Kraft.



      A-Kraftwerke sind zu 100% nachhaltig, wenn es um die Entsorgung des atomaren Abfalls geht. Hier gibt es nach 60 Jahren noch immer keine Lösung und auch zukünftig wird es keine finanzierbare Lösung geben.

    • @05989 (Profil gelöscht):

      Gut gekontert!