Streit um Windkraftanlagen bei Lüneburg: Windkraft stört Waldesruh
In den Wäldern bei Lüneburg sollen Windkraftanlagen errichtet werden. Die Umweltverbände sind dagegen. Stadt und Landkreis mangelt es an Alternativen.
Der BUND befürwortet zwar grundsätzlich den Ausbau von Windenergie als wichtigen Schritt der Energiewende. „Der Ausbau muss jedoch naturverträglich im Einklang mit Arten- und Biodiversitätsschutz erfolgen“, heißt es in einer Presseerklärung. Der Wald sei zu wichtig und zu fragil, um ihn der Windkraft zu opfern, sagt Bernhard Stilke vom BUND-Regionalverband Elbe-Heide.
Akut ist das Thema, weil sich der Raumordnungsausschuss des Kreises am 5. Juni damit befassen wird, wo künftig Windkraftanlagen möglich sein sollen. Besonders umstritten sind drei Projekte in Wäldern, darunter das mit den 100 Windrädern bei Breetze und eines in Deutsch Evern. Am vergangenen Sonnabend haben mehrere Hundert Menschen in Lüneburg gegen die Projekte demonstriert.
Am kommenden Sonntag soll um elf Uhr am Friedhof in Breetze ein Waldspaziergang zur Windkraft starten. Zweck des Spazierganges sei es zu zeigen, wie das aussehen würde, wenn Schneisen geschlagen und Lichtungen gerodet würden, um Windkraftanlagen herbeizutransportieren, aufzustellen und die Kabeltrassen dafür zu legen, sagt Stilke. Die Fahrzeuge würden den Boden verdichten, der Wald würde zerschnitten und geöffnet, sodass er auszutrocknen drohe. „Das ist in lang anhaltenden Trockenphasen fatal und führt zu großflächigen Waldschäden“, warnten Nabu und BUND bereits im März.
Bernhard Stilke, BUND
„Wir halten den Eingriff in gesunde Wälder für nicht akzeptabel, weil sie vielfältige Funktionen erfüllen“, sagt Stilke. Sie speicherten Kohlenstoff und Wasser, erzeugten Sauerstoff und seien ein Hort der Artenvielfalt. Bevor Windkraft in einem Wald erlaubt werde, sei daher eine gründliche, hoch aufgeschlüsselte Bestandsaufnahme zu machen.
„Sie müssen sich die Wälder ansehen“, sagt der BUND-Mann. Selbst für ihn ergebe sich dabei so manche Überraschung. So flögen Fledermäuse entgegen gängiger Annahmen eben nicht nur am Waldrand entlang, sondern auch über die Wipfel, wo sie Windkraftanlagen zum Opfer fallen könnten.
Selbst ein auf den ersten Blick öde wirkender Fichtenwald ist aus Stilkes Sicht zu wertvoll, um ihn zu durchlöchern, wenn er gesund ist. Das gelte etwa für den Wald in Deutsch Evern mit seinem geringen Stickstoffeintrag. Ohne die vom Menschen verursachte Überdüngung gediehen die Bäume besser und auch die mit ihnen in Symbiose lebenden Pilze. Außerdem bekämen die ursprünglichen Pflanzen auf dem Waldboden wieder eine Chance. Dem gegenüber stehe als einziges Argument die CO2-Einsparung, sagt Stilke.
Dieses Argument wiegt allerdings schwer, denn auch die Folgen der Klimakrise bedrohen die biologische Vielfalt. Und die reine CO2-Einsparung kann sich nach Angaben des Umweltbundesamtes sehen lassen. Ein halber Hektar Wald nimmt demnach 2,75 Tonnen CO2 pro Jahr auf. Eine Windenergieanlage vermeide demgegenüber 4.200 Tonnen pro Jahr.
Den Flächenverbrauch hält das Umweltbundesamt für überschaubar. Für den Betrieb einer Windkraftanlage müsse dauerhaft ein halber Hektar gerodet werden, von denen man 0,05 Hektar für das Fundament versiegeln müsse. Dazu kämen 0,4 Hektar, die während des Baus gerodet werden müssten und wieder aufgeforstet werden könnten.
Stadt und Landkreis Lüneburg sehen sich im Sinne der Energiewende in die Pflicht genommen. Das Land Niedersachsen hat mit der Bundesregierung vereinbart, 2,2 Prozent der Landesfläche bis 2032 für den Bau von Windrädern zur Verfügung zu stellen. Der dünn besiedelte Landkreis Lüneburg muss vier Prozent stemmen. Während der Wald in ganz Niedersachsen nur 25 Prozent der Landesfläche bedeckt, sind es im Landkreis Lüneburg 33 Prozent, was dem Bundesdurchschnitt entspricht.
Die vier Prozent auf Kreisebene seien „ohne Windenergie im Wald nicht ansatzweise zu erfüllen bzw. nur auf Kosten erheblich höherer Belastungen der Ortslagen“, teilt die Stadt Lüneburg mit. Flächen mit ausreichend Abstand zur Wohnbebauung zu finden, sei eine Herausforderung. Zwei Alternativflächen habe der Kreis abgelehnt, über eine weitere solle die A39 gebaut werden.
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