Streit um Ostsee-Pipeline: Nord Stream 2 wird Ländersache

Weltpolitik im Landtag: Mecklenburg-Vorpommern gründet eine Umweltstiftung, die die Gaspipeline gegen US-Sanktionen schützen soll.

Arbeiter, aufgenommen durch eine Gas-Pipeline

Bald sanktioniert? Arbeiter aus einer russischen Baustelle der Pipeline Foto: Anton Vaganov/reuters

BERLIN taz | Nach Ost-West-Konflikt sieht die Angelegenheit auf den ersten Blick nicht aus. Mit der ­Stiftung Klima- und Umweltschutz MV will das Land Mecklenburg-Vorpommern in Zukunft etwas für die Natur tun. Elf Zwecke soll die Stiftung verfolgen: Artenvielfalt sichern, Trinkwasser schützen, Wissenschaft fördern. „Umwelt- und Klimaschutz ist eines unserer großen Landesziele“, sagt Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD), als sie am Donnerstag im Landtag für die Stiftungsgründung wirbt.

Nur zwei Details machen die Sache brisant: Der Großteil des Gründungsvermögens, 20 Millionen Euro, kommt von der Nord Stream 2 AG, die dem russischen Staatskonzern Gazprom gehört. Und dem Unternehmen soll die Stiftung im Gegenzug unter die Arme greifen. Einer der elf Stiftungszwecke ist „die Gründung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes mit dem Ziel, einen Beitrag zum Fortgang der Arbeiten an der Pipeline Nord Stream 2 zu leisten“.

Die Pipeline, fast fertig gebaut, soll in Zukunft Gas für den europäischen Markt aus Russland nach Mecklenburg-Vorpommern leiten. Seit Jahren ist sie allerdings umstritten, in Deutschland, Europa und darüber hinaus. Politische Einwände gegen die Zusammenarbeit mit der Putin-Regierung mischen sich mit wirtschaftlichen Interessen.

Die USA, die lieber eigenes Gas nach Europa verkaufen würden, drohen den am Bau beteiligten Unternehmen immer deutlicher mit Sanktionen. Diese Drohungen sind zwar umstritten wie die Pipeline selbst. Im US-Kongress werden Sanktionen aber überparteilich getragen, auch der designierte Präsident Joe Biden ist bisher nicht von ihnen ­abgerückt.

Im Eilverfahren in den Landtag

Mit der Stiftung, im Eilverfahren in den Landtag eingebracht, könnten die Sanktionen möglicherweise umgangen werden. Laut US-Gesetz sind staatliche Organisationen ausgenommen, die Stiftung würde also möglicherweise nicht ins Visier geraten und könnte beispielsweise anstelle der Unternehmen benötigte Materialien kaufen.

Ob das klappt, ist unklar. Im Schweriner Landtag stößt der Plan aber auf große Zustimmung. SPD, CDU und die oppositionelle Linkspartei stimmen am Donnerstag für die Stiftungsgründung – und wehren sich gleichzeitig mit deutlichen Worten gegen „Kritiker, Nörgler und Leute, die das alles nicht gut finden“ (O-Ton Schwesig). Der CDU-Abgeordnete Dietmar Eifler geht sogar namentlich einen Journalisten der Schweriner Volkszeitung an, der das Projekt in einem Kommentar kritisiert hatte.

Enthaltungen kommen nur von der AfD, die die Unterstützung für die Pipeline zwar eigentlich richtig findet, die restlichen Stiftungsziele aber als Umweltgedöns ablehnt. Immerhin, ihr Redner Bert Obereiner gratuliert dem zuständigen SPD-Energieminister Christian Pegel sehr freundlich zum Geburtstag.

Trittin findet es „bizarr“

Einzig von den Grünen könnte grundsätzlichere Kritik kommen, sie sitzen in Schwerin aber nicht im Landtag. Der Bundestagsabgeordnete Jürgen Trittin bezeichnet die Stiftungsgründung als „bizarren Versuch, dem Versagen der Bundesregierung etwas entgegenzusetzen“. Im Gespräch mit der taz sagt er zwar: „Nord Stream 2 ist überflüssig und konterkariert die europäischen Klimaziele.“ Die Pipeline sei aber rechtskräftig genehmigt, und über europäisches Recht werde nicht in Washington entschieden. „Das nicht durchgesetzt zu haben, muss sich die Bundesregierung vorwerfen lassen“, sagt Trittin.

Die Bundesregierung hält sich in dem Streit tatsächlich seit Monaten zurück. So auch in dieser Woche: Die Pipeline sei ein Projekt der Wirtschaft, sagte schon am Mittwoch eine Regierungssprecherin in Berlin. „Insofern haben wir keine Veranlassung, die Diskussion zu kommentieren.“

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