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Streit um Nord Stream 2„Fortuna“ ist blockiert

Erneute US-Sanktionen verzögern den Bau der deutsch-russischen Pipeline. Selbst Hauptinvestor Gazprom schließt ihr Scheitern nicht mehr aus.

Im Sommer 2019 wurde noch gebaut, jetzt ist wieder Stopp bei Nord Stream 2 Foto: Anton Vaganov/reuters

„Fortuna“ bringt Stillstand. Vorerst. Das 139 Meter lange Ankerschiff liegt bereits seit Tagen vor Rostock. Das Gefährt, das mit einer Geschwindigkeit von einem Kilometer pro Tag Rohre in einer Tiefe von bis zu 200 Metern verlegen kann, spielt eine Schlüsselrolle bei der Fertigstellung der deutsch-russischen Gaspipeline Nord Stream 2. Es soll die letzten Kilometer der umstrittenen Pipeline von Wyborg nach Lubmin fertigstellen – und wurde von den USA nun zum „blockierten Eigentum“ erklärt.

So heißt es in der neuen Sanktionsliste der Amerikaner, auf der auch das russische Unternehmen KVT Rus steht, der „Fortuna“ gehört. Damit bestraft Washington zum ersten Mal eine Firma wegen der Beteiligung am Bau von Nord Stream 2. Das US-Außenministerium begründet die Sanktionen damit, dass Nord Stream 2 es den Russen erlaube, „natürliche Ressourcen als Mittel für politischen Druck und bösartigen Einfluss gegen Westeuropa zu nutzen“. Auch weitere Maßnahmen seien angedacht.

Welche Konsequenzen allerdings ein solch „blockiertes Eigentum“ wie die „Fortuna“ haben soll, wenn das Schiff gar nicht in amerikanischen Gewässern ist, steht nicht in den Papieren. Doch die Sanktionen zeigen Wirkung: So teilte das norwegische Zertifizierungsunternehmen DNV GL seinen Rückzug aus dem Projekt mit. Und auch das deutsche Unternehmen Bilfinger Nord, das den Zuschlag für Leit- und Sicherheitssysteme zum Betrieb der Pipeline erhalten hatte und verantwortlich für den Bau einer Zentrale zur Vorwärmung von Erdgas am Anlandepunkt ist, soll laut unbestätigten Berichten seinen Rückzug aus dem Projekt angekündigt haben.

Mecklenburg-Vorpommern hat derweil seine umstrittene Umweltstiftung gegründet. Zu ihren Aufgaben gehört nicht nur die Förderung von Projekten in Umwelt- und Klimaschutz, sondern auch der Kauf von Bauteilen und Maschinen, die für die Fertigstellung von Nord Stream 2 nötig sind. Damit will man die Sanktionen der USA möglichst umgehen. Für die Bundesregierung sind die hochpolitisierten Rohre weiterhin ein reines „Wirtschaftsprojekt“. Auch die Russen zeigen sich gewohnt unbeeindruckt von den erneuten Sanktionen. Die kontinuierliche Arbeit an der Fertigstellung des Projekts werde fortgeführt, sagte der Kreml-Sprecher Dmitri Peskow.

Der Einfluss des Falles Nawalny

Allerdings könnte die Festnahme des nach Moskau zurückgekehrten Kreml-Kritikers Alexei Nawalny weitere Bewegung in die Sache bringen. Es sind vor allem die Mittelosteuropäer, die Ukraine und die Skandinavier, die das Projekt von Anfang an in Frage stellten. Das EU-Parlament bereitet im Zuge einer geplanten Erklärung zum Fall Nawalny – der Oppositionspolitiker sitzt seit Montag in einem der härtesten russischen Untersuchungsgefängnisse, der „Matrosenstille“ in Moskau – einen Aufruf zum Baustopp von Nord Stream 2 vor und fordert das Aus der Pipeline.

Selbst der Gasriese Gazprom, der Hauptinvestor von Nord Stream 2, schließt das Scheitern des Projekts offenbar nicht mehr aus. In einem Prospekt, das an Investoren ausgegeben worden sein soll, heißt es laut russischen Agenturen: „Bei der Umsetzung unserer großen internationalen Projekte wie Nord Stream 2 sind wir Risiken im Zusammenhang mit Änderungen der politischen Situation in verschiedenen Regionen begegnet.“

Bereits in der vergangenen Woche waren Verlegearbeiten mit der „Fortuna“ südlich der dänischen Insel Bornholm angekündigt worden. Nach dänischem Recht müssen alle Schiffe in ihren Gewässern mit einem dynamischen Positionierungssystem ausgestattet sein. Das russische Schiff musste nachrüsten, was wieder Zeit und Geld kostet. Die „Fortuna“ schaukelt weiter vor Rostock.

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8 Kommentare

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  • Ich sehe nirgends, dass der Handel mit autokraten Staaten bzw. Menschenrechte verletzenden Ländern aufhört oder eingeschränkt wird (manche sind sogar in der EU). Noch nicht einmal Waffengeschäfte unterbleiben, heimische Firmen und Immobilien werden fleißig an Oligarchen/Heuschrecken aller Herren Länder verscherbelt.



    Man sollte Nord Stream 2 darum nur vom Umweltschutzaspekt betrachten. Inwieweit dabei allerdings der Katastrophenplan „Flüssiggas mit Tankern aus USA“ und „Monsterplan Stade“ dazu beitragen soll, ist mir schleierhaft.



    Entweder wir „zaubern“ uns innerhalb des nächsten Jahres eine Energieversorgung ohne Braunkohle und Gas oder wir versuchen, Putin beiderseitiges Interesse zu veranschaulichen.

    Außerdem sollten vielleicht endlich mal bürokratische Hindernisse in punkto Umweltenergien beseitigt werden.

    Und was ist umwelttechnisch gut daran, km-lange Rohre unnutzbar im Meer liegen zu lassen?

  • „.. Es soll die letzten Kilometer der umstrittenen Pipeline von Wyborg nach Lubmin fertigstellen – und wurde von den USA nun zum „blockierten Eigentum“ erklärt....“

    Macht immer wieder sprachlos, wie USA meint, der „ Weltentscheider“ sein zu dürfen.

  • Was ist besser für die Umwelt, Frackingas das mit Stinkenden Schiffen über den Atlantik kommt oder sauberes durch die Röhre. Das zur Umwelt. Wir wollen unabhängig entscheiden, die USA war nicht mehr unserer Verbündeter. Das mit der Pipeline ist Pore Nötigung. Das mit dem Anschlagsopfer, wer schreit denn gegen die USA wegen des Iranischen Generals der ermordet wurde? Und den sonstigen per Drohne getöteten Menschen. Die USA erpresst uns. Baut Nordstream.

    • @Thomas Maier:

      Ich bin mir nicht sicher ob die LNG-Tanker nicht vielleicht auch recht sauber mit eben diesem angetrieben werden und nicht mit Schweröl. Ansonsten kann Fracking zwar ne ganz schöne Sauerei sein, aber wenn die Amis das ihrem eigenen Land unbedingt zumuten wollen...🤷🏻‍♂️



      Und wenn das amerikanische LNG teurer sein sollte so beschleunigt das vielleicht sogar die Energiewende...

  • Hübsch finde ich die Formulierung vom "politischen Druck und bösartigen Einfluss gegen Westeuropa". Die kann man auch anders lesen...

    Ganz egal, wie man grundsätzlich zu Russland und zur Pipeline steht: Die Unverschämtheit, mit der die USA sich in Dinge einmischen wollen, die sie nichts angehen, ist schon bemerkenswert. Und Biden hat schon klar gemacht, dass es mit ihm nicht besser wird, vom Ton mal abgesehen.



    Dass die Sanktionen nach allen Maßstäben schlicht illegal sind - was solls! Schließlich will man Flüssiggas verkaufen!

  • Wenn ein Land wie Amerika tatsächlich multilaterale Verträge und genehmigte langfristige Bauprojekte nach Belieben aushebeln kann, dann braucht man doch in Zukunft in Europa erst gar nichts mehr investieren. Das ist dann so ziemlich das Gegenteil von Souveränität. Ich verstehe ja die verschiedenen Argumente gegen Nord-Stream II, halte sie aber in der Sache allesamt für falsch und ein Baustopp lässt sich damit rechtlich schon gar nicht begründen.

  • Auch bei unverändertem Gasimport bewirkt die zusätzliche Leitung einen beträchtlichen Rückgang der Pumpenergieverluste und der in den Pumpen verursachten CO2-Emissionen, auch wenn das ein kleiner Bruchteil derjenigen des beförderten Gases ist. Der Deal sollte also darin liegen, erst zusätzlichen und dann jeglichen Gasimport mit verstärkten Klimaschutzanstrenungen obsolet zu machen, die Leitung aber fertigzustellen und in der Zwischenzeit mit maximal halber Kapazität zu nutzen.

  • Perfekte Lobbyarbeit: Man spannt einen Altkanzler und seine Spezies ein für eine Pipeline, die niemand braucht und nur ganz wenigen nützt. Wenn jetzt alle anderen Nachbarn dagegen sind, dann sind das Neider, die einem nichts gönnen. Am Ende hat man einen großen außenpolitischen Scherbenhaufen für nichts. Aber es ist ja kein politisches sondern nur ein wirtschaftliches Projekt. Schlechtere Politik kann ich mir gar nicht vorstellen. Da wäre es besser, man versenkt Milliarden in der Ostsee und erzählt es keinem.