Streit um Katalonien: Knast ist keine Lösung

Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez sollte die Wogen in Katalonien glätten. Doch er macht genau da weiter, wo sein Vorgänger aufgehört hat.

Eine junge Frau steht in einem Hauseingang und schaut auf vorrückende Polizistin in der Nacht

Sánchez schickt immer mehr Polizei. Eine Passantin geht in Deckung Foto: Rafael Marchante/reuters

Als Pedro Sánchez im Juni 2018 per Misstrauensvotum spanischer Regierungschef wurde, machte sich Hoffnung breit. Der Sozialist könne das Katalonienproblem angehen, mit einem neuen Politikstil die Wogen glätten, hoffte so mancher in der rebellischen nordostspanischen Region rund um Barcelona und auch im restlichen Land.

Schließlich war es ihm auch dank der Stimmen vieler katalanischer Abgeordneter im Madrider Parlament gelungen, den konservativen Mariano Rajoy aus dem Regierungspalast Moncloa zu drängen.

Doch der Dialog blieb aus, bis heute, zwei Jahre nach dem Unabhängigkeitsreferendum vom 1. Oktober 2017. Die Lage hat sich gar verschlimmert. Sechs Mitglieder der katalanischen Regierung, die nach der Volksabstimmung auch mit den Stimmen der Sozialisten des Amtes enthoben worden war, die Präsidentin des Autonomieparlaments sowie zwei bekannte Aktivisten wurden Anfang der Woche wegen Aufstands zu 9 bis 13 Jahren Haft verurteilt.

Es ist der vorläufige Höhepunkt der Strategie, auf die einst ­Rajoy setzte: Gerichtsverfahren statt Politik. Seit dem Urteil reißen die Proteste in Katalonien nicht mehr ab.

Er schickt immer mehr Polizei

Sánchez – der nach gescheiterter Regierungsbildung vor Neuwahlen am 10. November steht – macht genau dort weiter, wo Rajoy aufgehört hatte. Statt endlich politisch zu reagieren – wie dies von Gewerkschaften über den katalanischen Unternehmerverband bis hin zu Bischöfen und sogar vom FC Barcelona verlangt wird –, schickt er immer mehr Polizei, spricht ausschließlich von Sicherheit und gar von erneuter Zwangsverwaltung Kataloniens.

Sein Innenminister droht damit, diejenigen dingfest zu machen, die die Proteste organisieren. Was das bedeuten könnte, ist seit dem Urteil des obersten Gerichts vom Montag klar. Als wäre Gefängnis die Lösung für ein soziales und politisches Problem.

„Was einem rechten Spanier am meisten ähnelt, ist ein linker Spanier“, heißt ein katalanisches politisches Sprichwort. Pedro Sánchez tut alles, um dies zu bestätigen. Leider.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Reiner Wandler wurde 1963 in Haueneberstein, einem Dorf, das heute zum heilen Weltstädtchen Baden-Baden gehört, geboren. Dort machte er während der Gymnasialzeit seine ersten Gehversuche im Journalismus als Redakteur einer alternativen Stadtzeitung, sowie als freier Autor verschiedener alternativen Publikationen. Nach dem Abitur zog es ihn in eine rauere aber auch ehrlichere Stadt, nach Mannheim. Hier machte er eine Lehre als Maschinenschlosser, bevor er ein Studium in Spanisch und Politikwissenschaften aufnahm. 1992 kam er mit einem Stipendium nach Madrid. Ein halbes Jahr später schickte er seinen ersten Korrespondentenbericht nach Berlin. 1996 weitete sich das Berichtsgebiet auf die Länder Nordafrikas sowie Richtung Portugal aus.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.