piwik no script img

Streit über Erhöhung des RundfunkbeitragsHaseloff zieht Staatsvertrag zurück

Nächster Schlag in der Krise in Sachsen-Anhalt: Der CDU-Ministerpräsident verhindert, dass über eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags abgestimmt wird.

Reiner Haseloff verhindert die Abstimmung über eine Rundfunkbeitragserhöhung Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Leipzig taz | Nach tagelangem Ringen und einer inzwischen handfesten Regierungskrise hat Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) die Zustimmung zum Staatsvertrag zur Anhebung des Rundfunkbeitrags zurückgezogen. Das verkündete Haseloff am Dienstagvormittag in der Kabinettssitzung.

Die geplante Abstimmung im Landtag am 15. Dezember wird damit hinfällig. Zuvor war in der Kenia-Koalition ein Streit über die Abstimmung ausgebrochen. Grüne und SPD kündigten an, für die Erhöhung stimmen zu wollen. Die CDU blieb bei ihrem Kurs, dagegen zu stimmen – und löste damit eine Koalitionskrise aus.

Die Möglichkeit, dass die CDU gemeinsam mit den Stimmen der AfD den Staatsvertrag blockieren könnte, sorgte bundesweit für Irritation. Am vergangenen Freitag entließ Ministerpräsident Haseloff seinen Innenminister Holger Stahlknecht (CDU), nachdem der sich in einem Interview für eine Minderheitsregierung der CDU ausgesprochen hatte – eine Option, die zwangsläufig auf eine Zusammenarbeit mit der AfD hinausliefe. Haseloff stellt sich seit Jahren offen gegen eine Kooperation mit den Rechten.

Nun hat Haseloff im Alleingang die Abstimmung gekippt und provoziert damit erneut ein Auseinanderbrechen der Koalition. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Cornelia Lüddemann, sagte am Dienstag gegenüber der taz, sie sei „bitter enttäuscht.“ Die Entscheidung sei „ein klarer Ausdruck des desaströsen Zustandes der CDU“. Die internen Machtkämpfe hätten durchgeschlagen, so Lüddemann.

Markus Kurze, parlamentarischer Geschäftsführer und medienpolitischer Sprecher der CDU Sachsen-Anhalt, hingegen spricht von einer „vernünftigen Lösung“. Es sei vor dem Hintergrund der Pandemie die „richtige Entscheidung, die Bürger aktuell nicht mit einer Beitragserhöhung zu belasten“. Es gehe um eine stabile Regierung, „das haben wir unter Beweis gestellt“, so Kurze gegenüber der taz.

Trotz der massiven Streitigkeiten sieht es derzeit nicht danach aus, als würde die Koalition tatsächlich zerbrechen. Lüddemann betonte, in „normalen Zeiten“ würde man sagen, dass diese Regierung keine Geschäftsgrundlage mehr habe. Derzeit könne man dies aber nicht riskieren. „Die Brandmauer gegen rechts würde kippen, wenn wir jetzt gehen.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

16 Kommentare

 / 
  • Wenn die AfD sich jetzt für härtere Maßnahmen zur Covid-Bekämpfung ausspräche, wären dann die anderen dagegen, um nicht das Gleiche wie die AfD zu wollen?

  • „Haseloff zieht Staatsvertrag zurück“

    Der Mann hält sein Wort. Find ich gut und richtig. Wenn ich in Sachsen-Anhalt leben würde, hätte er bei der nächsten Wahl dafür meine Stimme.



    Man muss doch gar nicht gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sein, wenn man einfach mal auf die Informationspflicht und den Bildungsauftrag hinweist, die ihm zukommt - nicht mehr und nicht weniger. Für diese Grundversorgung reichte auch ein Drittel des derzeitigen Beitrags völlig aus. Wer wirklich informative, interessante und dem Bildungsauftrag angemessene Sendungen sucht, findet sie 24/7 im Radio.

  • Prachtvoll, wie die Politiker mit der vom Grundgesetz und den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts gesicherten Rundfunkfreiheit - wozu auch die Gebühren gehören - umgehen. Um des billigen Machterhalts Willen in Magdeburg, kriechen SPD und Grüne vor der CDU zu Kreuz. Jetzt bleiben ARD, ZDF sowie dem Deutschlandfunk nur eine Klage in Karlsruhe, um die Rundfunkfreiheit (Art. 5 GG) zu sichern- wieder einmal. Für die ganz Schlauen nochmal, es geht um mehr, als 86Cent. Die Parlamentarier in Magdeburg haben sich in den letzten 10 Jahren eine Diätenerhöhung um fast 50% genehmigt und geben nun den Schützer der Armen und Entrechteten. Die Tagespolitik treibt mit der Verfassung Schindluder. Vielleicht begreift das mal einer derjenigen, die wegen der Erhöhung der Abgabe in Höhe von zwei Brötchen Krokodilstränen vergießen.

  • Das Dilemma der CDU könnte sich sehr bald bei anderen Themen wiederholen. Doch auch die linken Parteien sind nicht davor sicher, dass sich ihre Positionen mal mit denen AfD überschneiden. Das neue Rentenkonzept der AfD sieht vor, dass auch Beamte und Selbständige in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen sollen. Was passiert, wenn so etwas ähnliches zur Abstimmung kommt und die AfD dann auch zustimmt? Lassen die linken Parteien dann ihre Pläne fallen, nur weil die AfD sie auch gut findet?

    • RS
      Ria Sauter
      @Winnetaz:

      Das ist so ein Irrsinn. Das was Sie mit einer Rentenreform ansprechen, wird wahrscheinlich kommen und dann? Stimmen alle dagegen?



      Das kann doch nicht sein! Das bietet der braunen Brühe ungeahnte Möglichkeiten.

    • @Winnetaz:

      wenn eine demokratische Mehrheit oder besser die Mehrheit der Demokraten etwas beschließt wo die AFD zufällig dafür ist - Interessiert niemand, alles OK.

      Wenn man aber mit der AFD gegen die Mehrheit der Demokraten stimmt, dann ist das nicht OK. Zur Not muss man eben die Mehrheit tolerieren und mit dieser gemeinsam gegen die AFD stimmen

  • ein ist merkwürdig: warum lehnt die afd die erhöhung ab? sie wurden doch durch die ard /zdf talkshows erst richtig gehypt! ohne die ständige medienpräsenz gäbs nicht diesen wählerrutsch zb von den linken dahin.

  • Die Brandmauer gegen Rechts ?



    Ich schütte mich vor lachen aus!!!

    Der wahre Grund ist: Opposition ist Scheisse!

  • Die Entscheidung sei „ein klarer Ausdruck des desaströsen Zustandes der CDU.“ Die internen Machtkämpfe hätten durchgeschlagen, so Lüddemann.



    #



    Weil in der CDU ein Landesverband "spinnt" & massiven "Rechtsdrall" hat, stellt man den ÖRR zur Disposition?



    Das ist nur noch peinlich!



    Wenn das "liebäugeln" mit der AFD nicht schnell aufhört, kann man die CDU vergessen!



    Brummt Sikasuu

    • @Sikasuu:

      Der ÖR wird durch eine “gemeinsame“ Nichterhöhungskampagne der sachsen-Anhaltinischen CDU/AfD genauso wenig in Frage gestellt wie der Mindestlohn durch die “gemeinsame“ Ausweitungskampagne der thüringer Linke/AfD.

    • @Sikasuu:

      "...stellt man den ÖRR zur Disposition?"



      Was zur Disposition gestellt wird, sind Rentenzusatzleistungen aus dem Märchenland und sachfremde Leistungen (Unterhaltungsshows, Fußball, etc.).



      Diese Rentenzusatzleistungen gibt es so auch in anderen Bereichen, wo öffentliche Unternehmen eine Art Selbstverwaltung haben oder hatten. Bei einem Hamburger Energieversorger war die Rente früher sogar höher als das vorherige Einkommen. Mit einer Garantie. D.h., wenn die staatliche Rente gekürzt wird, springt die Firma als Ersatz ein. Ob solche Rentenmauscheleien in der Selbstverwaltung öffentlicher Unternehmen nicht sittenwidrig und somit ungültig sind, sollte mal umfassend geprüft werden. Über den Weg könnte man die ÖRR-Beiträge sogar senken. Und die Netzentgelte im Strombereich ebenfalls.

      • @PS007:

        Unterhaltungsshows, Sport - selbst Fußball und sogar Schlagerparaden sind keine sachfremde Leistungen, sondern sind vom erteilten Auftrag gedeckt. Und Menschen wie ich sind sehr froh über die Dinge, die Betonköpfe nicht müde werden als "sachfremde Leistungen" zu bezeichnen. Denn das was ich sehen möchte findet in den Privaten nicht statt bzw. selbst wenn, bin ich froh nicht alle 10min von minutenlanger Werbung angebrüllt zu werden.

        • @danny schneider:

          Gilt das Werbeargument auch für Bezahlsender und kosten die viel mehr als 210 Euro im im Jahr? Als strikter Glotzeverweigerer weiß ich es ehrlich nicht, es würde mich aber wundern. Ich verstehe gut, daß Sie das alles haben möchten, aber nicht so recht, warum ich für Sie dafür bezahlen soll.

    • @Sikasuu:

      Hat Sikasuu eigentlich auch so gebrummt als vor drei Monaten die LINKE zusammen mit der AfD in Sachsen-Anhalt gestimmt und so die Übernahme der Kita-Beitrage durch das Land durchgesetzt hat?

    • @Sikasuu:

      Wenn es statt geplanter 220 jetzt doch weiter 210 Euro im Jahr gibt -- für viele Haushalte mehr als ein frei verfügbares (i.e. nicht für zwingende Notwendigkeiten gebrauchtes) Monatseinkommen -- stellt das den gesamten ÖRR als ganzes in Frage? Das können Sie kaum ernst meinen.

      • @Axel Berger:

        Schon Asterix sprach: „ Die spinnen, die ....“