Streit über Böhmermanns Schmähgedicht: Regierung lässt Strafverfolgung zu
Die Bundesregierung lässt die Strafverfolgung von Jan Böhmermann wegen der Beleidung Erdoğans zu. Sie kündigt aber an, den Paragraphen 103 abzuschaffen.
Merkel sagte weiter, es habe bei der Frage unterschiedliche Auffassungen der Koalitionspartner gegeben. Sie äußerte Sorge über die Lage der Medien in der Türkei und die Einschränkung des Demonstrationsrechtes dort. Zu Böhmermann betonte sie, die Erteilung einer Ermächtigung zur Strafverfolgung bedeute keine Vorverurteilung.
Die Bundesregierung musste der Staatsanwaltschaft eine Ermächtigung erteilen, wenn weitere Ermittlungen nach Paragraf 103 des Strafgesetzbuches möglich sein sollen. Die Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts kann nach Paragraf 103 mit bis zu drei Jahren Gefängnis geahndet werden.
Böhmermann hatte Erdoğan in dem umstrittenen Gedicht am 31. März in seiner Sendung „Neo Magazin Royale“ unter anderem als „sackdoof, feige und verklemmt“ bezeichnet.
Neben dem Ersuchen einer Strafverfolgung nach Paragraf 103 hat der türkische Staatspräsident zudem persönlich Strafantrag wegen Beleidigung nach Paragraf 185 des Strafgesetzbuchs gestellt. Die Staatsanwaltschaft Mainz führt die Vorermittlungen. Zudem verlangt Erdoğan über einen deutschen Anwalt zivilrechtlich eine Unterlassungserklärung von Böhmermann, die dieser aber ablehnt.
Zugleich kündigte Merkel jedoch an, die Bundesregierung wolle den umstrittenen Strafparagrafen zur Beleidigung ausländischer Staatschefs abschaffen. Paragraf 103 des Strafgesetzbuches sei nach Auffassung der Bundesregierung „für die Zukunft entbehrlich“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Freitag in Berlin. Noch in dieser Wahlperiode werde ein entsprechender Gesetzentwurf verabschiedet, der 2018 in Kraft treten solle.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit NS-Erinnerung
Was der Opa von Friedrich Merz mit der Gegenwart zu tun hat
Schwatzhafte Päpste
Treffen sich Obama, Trump und der Papst im Himmel
Israelkritik der Linkspartei
Der Missbrauch des Antisemitismusvorwurfs
Eurovision Song Contest
Es haben die Richtigen gesiegt
Deutschland und der jüdische Staat
Schluss mit der Symbolpolitik
Leben in Widersprüchen
Ich bin nicht unglücklich