Steuerzuschlag für unbebaute Grundstücke: Brachland soll sich nicht lohnen
Hamburg will Spekulanten zur Kasse bitten, die ihre Grundstücke leer lassen. Das könnte ein Baustein auf dem Weg gegen die Wohnungsknappheit sein.
Obwohl der Druck auf Politik und Wirtschaft wächst, kommt der Wohnungsbau in Deutschland dem Bedarf nicht hinterher. Von Januar bis April wurden in Deutschland sogar 1,3 Prozent weniger Baugenehmigungen als im gleichen Vorjahreszeitraum erteilt, meldet das Statistische Bundesamt.
Dabei schneidet Hamburg im bundesweiten Vergleich der Großstädte noch glimpflich ab. Immerhin 10.674 neue Wohnungen wurden 2018 in Hamburg fertiggestellt – zuletzt waren 1977 so viele Wohnungen in einem Jahr gebaut worden.
Trotzdem klaffen Angebot und Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt immer weiter auseinander. Das trifft Mieter, aber auch angehende Häuslebauer. Mit durchschnittlich 3.823 Euro pro Quadratmeter ist nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft der Preis für Einfamilienhäuser in keinem Bundesland so hoch wie in Hamburg.
Grundstückseigentümer sollen zum Bauen bewegt werden
Helfen, die dramatische Lage zu entspannen, soll nun der Plan des rot-grünen Senats, Bauland-Eigentümer mit einem Steuerzuschlag für unbebaute Grundstücke zu belasten, um sie zum Bauen zu bewegen. Möglich werden soll das durch die sogenannte Grundsteuer C. Sie soll Gemeinden und Städten mit erhöhtem Wohnraumbedarf erlauben, einen eigenen, erhöhten Grundsteuer-Hebesatz vorzusehen.
„Für Hamburg liegen diese Voraussetzungen vor“, versichert ein Sprecher der Finanzbehörde. Senator Dressel habe daher seine Verwaltung beauftragt, mit den Vorbereitungen einer solchen zusätzlichen Grundsteuer zu beginnen. Aus formellen Gründen könne die Spekulationssteuer allerdings erst im Jahre 2025 erhoben werden. Die Absichtserklärung sei jedoch schon heute „ein klares Signal“ an alle Eigentümer.
Investoren, aber auch viele private Eigentümer lassen Baugrundstücke einfach vor sich hin gammeln. Betriebswirtschaftlich kann das einen Sinn ergeben, denn die Preise für Bauland steigen noch schneller als die für fertige Immobilien. Und Baustress gibt es dann auch keinen. Experten schätzen, dass die Bodenpreise in den vier Jahren zwischen 2013 und 2017 in Hamburg um sagenhafte 50 Prozent gestiegen sind. In Kiel gab es sogar einen Anstieg um 70 Prozent, in Hannover um über 100 Prozent.
Bei Immobilienverbänden stößt die Grundsteuer C auf keine Gegenliebe. Siegmund Chychla, Geschäftsführer des Mietervereins, sieht dagegen in dem Vorschlag „einen zweckmäßigen Baustein“, um dem spekulativen Leerstand ein Ende zu bereiten. Chychla schlägt außerdem einen Steuersatz vor, der sich an der (höheren) Grundsteuer orientiert, die für vergleichbare, bebaute Grundstücke fällig wird. Um die „Daumenschrauben anzuziehen“, sollte obendrauf ein Zuschlag von 20 Prozent erhoben werden.
Wunder dürfe allerdings niemand erwarten, mahnt der Mieterschützer. In Hamburg sind es – anders als etwa in Berlin – meistens einzelne Grundstücke, die brach liegen. Am Hamburger Gesamtbestand gemessen, schätzt Chychla den Anteil der Brachen auf unter ein Prozent. Interessant könnte der Vorstoß aber für zukünftig neu ausgewiesenes Bauland werden: Die Grundsteuer C würde von Anfang an Druck auf Eigentümer machen, schnell zu bauen.
Hamburg prescht vor
Die neue Steuer ist Teil des Grundsteuerreform-Pakets der schwarz-roten Bundesregierung. Das entsprechende Bundesgesetz soll bis Jahresende beschlossen werden; den Ländern bleibt dann Zeit für ihre eigene Gesetzgebung. Bislang ist noch nicht absehbar, wie viele Länder davon Gebrauch machen werden. Hier prescht Hamburg also vor.
Bereits in den 1960er-Jahren hatte es in der Bundesrepublik eine ähnliche Baulandsteuer gegeben, die bald aufgrund des Baubooms wieder gestrichen wurde. Auch galt sie als sozial unausgewogen. Kommunen können schon heute ein „Baugebot“ gegenüber Landeigentümern aussprechen und notfalls ein Enteignungsverfahren einleiten. Die rechtlichen Hürden im Baugesetzbuch gelten allerdings als hoch, die Verfahren als langwierig.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen