Steuer-Äußerungen des CDU-Chefs: Umverteilung à la Merz
Für Friedrich Merz ist ein höherer Spitzensteuersatz denkbar. Doch wer auf eine neue CDU hofft, täuscht sich.
W as will Friedrich Merz: einen höheren Spitzensteuersatz für Reiche oder Steuerentlastungen für alle? Nachdem der CDU-Chef am Wochenende eine Batterie an Forderungen zu allen möglichen Themen gezündet hat, fragt man sich verwirrt: Was war jetzt die Kernbotschaft? Tja, das weiß Merz vermutlich selbst nicht so genau. Er testet einfach, was wie ankommt.
Nun hat er im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung erstmals geäußert, dass er sich einen höheren Spitzensteuersatz vorstellen kann. Es sei nicht entscheidend, ob der bei 42 oder 45 Prozent liege. Damit stellt er sich zaghaft hinter einen entsprechenden Vorschlag der parteiinternen Kommission „Wohlstand“. Merz betont wie diese, dass es am Ende um eine Entlastung der Mittelschicht gehe. So weit, so gut; eine aufkommensneutrale Einkommensteuerreform ist Konsens in allen demokratischen Parteien inklusive der Linken.
Gleichzeitig aber plädiert der Unionsfraktionsvorstand – den Merz ebenfalls führt – erneut für eine Deckelung der Unternehmensteuern auf 25 Prozent. Woher das Geld für eine solche Steuersenkung kommen soll, lässt sich erahnen: Die Unionsfraktion will keine stetige Erhöhung von Transferleistungen und mehr Sanktionen beim Bürgergeld. Na klar, die Armen sollen’s zahlen – so stellt sich die Union also Umverteilung vor. Kein Wort hat Merz zudem bis heute zum Vorstoß der Wohlstandskommission verloren, die Erbschaftsteuer anzupacken. Dabei würde man gern mal wissen, ob der CDU-Chef es für gerecht hält, dass jährlich rund 400 Milliarden Euro an Vermögen leistungslos vererbt oder verschenkt werden.
Seit gut eineinhalb Jahren führt Merz die CDU und kämpft darum, sich und die Partei neu zu profilieren. Beides gelingt ihm bislang nicht. Weder wurde aus dem Wirtschaftsliberalen Merz der nahbare und sozial empathische Typ von nebenan mit Kanzlerqualitäten, noch ist die CDU eine Partei, bei der allen sofort klar ist, wofür sie steht. Klar scheint nur, wofür sie nicht steht, nämlich für mehr sozialen Ausgleich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja