Steigende Gewinne bei RWE: Unnötig hohe Preise verhindern
Obwohl vor allem Gas teurer geworden ist, steigen auch die Gewinne für Strom aus Kohle und Erneuerbaren stark. Hier muss die Politik gegensteuern.
E ine Übergewinnsteuer, die Grüne und SPD fordern, lehnt FDP-Finanzminister Christian Lindner bisher unter anderem mit dem Argument ab, dass die Öl- und Gaskonzerne, die von den gestiegenen Energiepreisen am meisten profitieren, ihren Hauptsitz nicht in Deutschland haben und darum hierzulande auch nicht besteuert werden können. Das stimmt leider – doch auch in Deutschland sind die Gewinne vieler Unternehmen durch den Krieg in der Ukraine gestiegen, unter anderem im Stromsektor.
Deutlich wird das an den Zahlen für das erste Halbjahr 2022, die der Stromkonzern RWE am Donnerstag vorgelegt hat: Der Gewinn ist im Vergleich zum Vorjahr um über 50 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro gestiegen. Sowohl mit den erneuerbaren Energien als auch mit seinen Kohlekraftwerken (und dem einen verbliebenen AKW) verdient RWE derzeit sehr viel mehr Geld als erwartet.
Das liegt am komplizierten deutschen Strommarkt: Dort richtet sich der Preis für kurzfristig gehandelten Strom stets nach dem teuersten Kraftwerk, das gerade am Netz ist – und zwar für alle Anbieter, unabhängig von deren realen Kosten.
Weil Strom aus Gaskraftwerken in diesem Jahr etwa fünfmal so teuer ist wie vor einem Jahr, erhalten nun alle Anbieter, wann immer ein Gaskraftwerk Strom liefert, plötzlich ebenfalls ein Vielfaches dessen für ihren Strom, was in der Vergangenheit gezahlt wurde. Und das gilt nicht nur für konventionelle Kraftwerke, sondern auch für alle größeren Solar- und Windparks, die für ihren Strom keine Festvergütung erhalten, sondern ihn direkt am Markt verkaufen.
Bei diesen Mehreinnahmen handelt es sich um klassische Übergewinne, die in keinem Verhältnis zu den realen Kosten stehen – und die Stromrechnung für die Verbrauch*innen im nächsten Jahr unnötig in die Höhe treiben werden.
Hier muss die Bundesregierung dringend tätig werden. Die Gewinne sollten entweder durch eine spezielle Steuer abgeschöpft werden. Oder – noch besser – von vornherein beschränkt werden, indem aufgrund der Sondersituation regulierend in die Preisbildung am Strommarkt eingegriffen wird.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana