Starker Zuwachs bei Corona-Infektionen: Jetzt nicht locker lassen
Trotz steigender Inzidenz werden vielerorts die Vorsichtsmaßnahmen aufgehoben. Gerade jetzt sei vor leichtfertigen Schritten gewarnt.
D ass die Zahl der Corona-Infektionen in Deutschland wieder steigt, ist inzwischen allgemein bekannt. Doch wie stark dieser Anstieg ist, haben in der Politik viele noch nicht mitbekommen. Dort herrscht immer noch Freude darüber, dass der Inzidenzwert einstellig ist. Dass der entscheidende Wert die Veränderungsrate ist, haben auch bei der vierten Welle noch nicht alle verstanden. Und die sieht derzeit leider gar nicht gut aus:
Die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen ist zuletzt um mehr als 50 Prozent pro Woche gestiegen. Wenn es bei diesem Wachstum bliebe, wäre die derzeit noch einstellige Inzidenz in sechs Wochen wieder dreistellig. Dass es so kommt, ist nicht gesagt – schließlich wird die Quote der vollständig Geimpften bis dahin noch stark steigen. Doch was dadurch an zusätzlichem Schutz gewonnen wird, droht durch mangelnde Vorsicht an anderer Stelle verloren zu gehen.
Denn trotz der steigenden Zahlen werden die Regeln vielerorts gelockert: So dürfen in Nordrhein-Westfalen seit letzter Woche Diskotheken und Clubs wieder öffnen. In Sachsen fällt an diesem Freitag die Maskenpflicht im Einzelhandel. Bei der Aufhebung der Schutzmaßnahmen wird oft argumentiert, dass Corona durch die Impfungen kein großes Problem mehr sei. Und es stimmt ja auch, dass vollständig Geimpfte vor schweren Verläufen und Tod ziemlich gut geschützt sind.
Die gleiche Zahl von Infektionen führt darum in Zukunft zu weniger Intensivpatient*innen und Toten als in der Vergangenheit. Doch zum einen sind aktuell noch nicht einmal die Hälfte der Menschen doppelt geimpft, und zumindest die Kinder unter 12 werden auf absehbare Zeit ungeimpft bleiben. Zum anderen steigt die Zahl der Toten und Schwerkranken dank der Impfungen bei zunehmenden Neuinfektionen zwar weniger stark, aber sie steigt trotzdem – das ist in England mit seiner hohen Impfquote klar zu sehen.
Nichtsdestotrotz stehen aufgrund der Impfungen die Chancen gut, dass ein neuer Lockdown nicht nötig sein wird. Es wäre aber unklug, diese gute Perspektive jetzt durch voreilige Lockerungen aufs Spiel zu setzen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos