piwik no script img

Sommerkongress von Fridays for FutureWeit entfernt von alter Größe

Die Klimabewegung hat an Zuspruch verloren. Wie man den zurückgewinnt, wurde auf einem bundesweiten Treffen von Fridays for Future diskutiert.

Fridays for Future demonstriert am 11. 8. bei ihrem Sommerkongress in Lüneburg Foto: Georg Wendt/dpa

Lüneburg taz | Zusammenkommen, vernetzen, Hoffnung schöpfen: Mehr als 500 Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen zwischen 14 und 29 Jahren haben sich zum Sommerkongress von Fridays for Future in Lüneburg getroffen. Es war das erste Mal seit vier Jahren, dass wieder alle Ortsgruppen aus Deutschland zusammenkamen.

Von Mittwoch bis Samstag versammelten sich die Kli­ma­schüt­ze­r:in­nen im Kurpark und im angrenzenden Gelände der Leuphana Universität. Geschlafen wurde in Zelten. Tagsüber erwartete die Teilnehmenden ein Mix aus Vorträgen, Workshops und Diskussionen.

Es ging um Wissensvermittlung zum Klimawandel, globale Gerechtigkeit und Aktivismus-Planung. Am Freitag versammelten sich die Teil­neh­me­r:in­nen zum obligatorischen Klimastreik. Ein Demozug führte vom Kongressgelände durch die Innenstadt zurück zur Universität.

„Wir hatten seit 2019 keinen so großen Kongress mehr“, erzählt Sprecherin Nele Evers. „Für die allermeisten hier ist das der erste wirklich große Kongress.“ Unter den Anwesenden sind viele neue Leute, etwa ein Drittel sind Schüler:innen. Andere haben vor Jahren als Schü­le­r:in­nen mit dem Klimaprotest begonnen, sind aber mit der Bewegung mitgewachsen.

Geschrumpfte Bewegung

Doch die 2018 gegründeten Fridays sind weit von ihrer alten Stärke entfernt. Aus den zunächst erwarteten 1.000 Anmeldungen wurde am Ende nur die Hälfte. „2019 waren wir noch 1.500“, erinnert sich Justus Friedrich aus Köln an den vorherigen Sommerkongress.

Einige Ortsgruppen haben sich in der Zwischenzeit aufgelöst, Schulstreiks gibt es nur noch selten. Auch die globalen Fridays-Klimastreiks sind lange nicht mehr so gut besucht wie zu ihren Bestzeiten 2019. Hinzu kommt, dass auch der Zuspruch aus der Bevölkerung für die Klimabewegung dramatisch zurückgegangen ist, wie eine Umfrage kürzlich zeigte.

Viele Menschen scheinen Klimaaktivismus inzwischen nicht mehr mit streikenden Schulkindern, sondern mit den Straßenblockaden der Bewegung Letzte Generation zu verbinden, die für ihre Straßenblockaden bekannt ist. „Wenn ich erzähle, dass ich Klimaaktivist bin, sind viele erstmal skeptisch“, sagt etwa ein Aktivist aus Tübingen. Sobald er klarmache, dass er zu Fridays for Future gehöre, würden die Reaktionen positiver.

So richtig möchte sich jedoch auf dem Kongress niemand zu der Konkurrenz äußern. Nur die Berliner Ortsgruppe distanziert sich deutlich von den Straßenblockaden: „Wir schaffen die sozial-ökologische Transformation nicht, indem wir Menschen in ihrem Alltag stören oder nerven“, hieß es kürzlich schon in einem Instagram-Video.

Stattdessen setzen die Fridays darauf, wieder eine gesellschaftliche Mehrheit für sich zu gewinnen. Dafür haben sie sich vor einiger Zeit auch mit den Gewerkschaften Verdi und der EVG zusammengetan, mit denen sie gemeinsam für eine soziale Verkehrswende streiken. Das ist auch der Plan für den nächsten globalen Klimastreik am 15. September.

Sprecher Pit Terjung lässt sich vom Bedeutungsverlust der Klimabewegung nicht beunruhigen: „Es gibt keine einzige Jugendbewegung für Klimaschutz, die unsere Rolle in der Gesellschaft auch nur ansatzweise ersetzen könnte“, ist er sich sicher. Mut macht ihm auch eine Umfrage des Umweltbundesamts. Danach ist der Mehrheit der Deutschen die Dringlichkeit von Klimaschutz klar bewusst.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

17 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Ich wurde sehr schnell aus der geschlossen FB - Gruppe von FfF ausgeschlossen!



    Die dortigen internen Diskussionen und Argumente waren schwer nachvollziehbar! Vieles dümpelte auf der Ebene der Symptome dahin!



    Es zeigte sich sehr schnell, wie innerlich zerstritten diese Bewegung ist! Mit den Ideen und Gedanken von Greta hat FfF Deutschland absolut nichts zu tun!

    Das Statement von FfF Bremen bezüglich der Auflösung der alten Gruppe brachte es auf den Punkt, warum der Zustand von FfF so ist wie er ist!

    Spannend sind die Entwicklungen von sehr wenigen kleinen Ortsgruppen, die schon lange andere Wege gehen!

    Umfragen bedeuten in Deutschland bezogen auf den Klimaschutz absolut gar nichts! Wer sich repräsentative Umfragen von vor 10-15 Jahren ansieht, der erkennt selbst das Problem! Ca. 80% der Bevölkerung war für mehr Klimaschutz usw.! Was aber passierte z.B.: Zunahme der SUV-Zulassungen, Zunahme der privaten Flugreisen usw.!



    Ein Zeit - Journalist sagte einmal sinngemäß: „ Die Diskrepanz zwischen Empörung und Partizipation wird immer größer!“

    Abschließend möchte ich noch folgendes anmerken:



    Was haben die sogenannten Streiks mit einem Streik zu tun? Die Geschichte lehrt uns, dass gesellschaftliche Veränderungen immer nur über Revolutionen und/ oder Aufstände stattgefunden hatten! Selbst Tote waren in dem Zusammenhang zu beklagen!



    Einen grünen Kapitalismus wird es nie geben! Wie könnte ein neues Miteinander der Menschheit aussehen?

    • @Dr. Enseleit Jürgen:

      Irgendwie scheinen die Erwartungen an ein Zusammenwirken mit FFF nicht erfüllt worden zu sein. Da gibt es immer wieder zwei Seiten. Unzweifelhaft ist für mich -jenseits eventueller Nicklichkeiten mit anderen Aktivisten- dass Massnahmen gegen die Klimakatastrophe eigentlich oberste Priorität haben. Dass wir dabei auch über den Kapitalismus streiten MÜSSEN, der ja Ursache für die weltweiten Verwüstungen ist, sollte jedem klar sein. Wenn wir oder nachfolgende Generationen überhaupt WEITERLEBEN wollen, müssen sich die Menschen massiv einschränken in ihrem so zerstörerischen Wohlstand. Irgendwie gibt es leider immer wieder Fehlschaltungen im menschlichen Brain.

  • Es ist das ratlose Schweigen einer alles verdrängenden 'Elite' in Bezug auf eine Veränderung, die durch die Zuspitzung einer Wettbewerbssituation der profitorientierten Klimaverbrecher auf ALLE Erdbewohner zukommt. Es sind gerade nicht 'die Politiker', denen in der Demokratie laut Verfassung die Verantwortung für das Klima anvertraut wird, sondern es sind die eben nicht kontrollierten Konzerne, in deren Abhängigkeit wir uns alle begeben haben, weil sie angeblich alternativlos Wohlstand und Arbeit versprechen, aber nur solange es sich für die Unternehmen noch lohnt und an denen letztlich auch die Akzeptanz der poltischen Systeme hängt. So muß mit dem Aufbegehren der jungen Leute auch die Einsicht in die Ursachen, dem Kapitalismus, der eben Umwelt- und Klimamassnahmen im Endstadium seines Wettbewerbs im Wege steht, erkannt werden und die Trägheit einer Gewöhnung in einem abhängigen, aber letztlich zerstörerischen System überwunden werden und zwar eigentlich von denjenigen, die derzeit lieber wegschauen, weil sie ahnen, verzichten zu müssen. Verzichten und verdursten, irgendwie sollten wir alle zu FFF- Anhängern werden und nicht nur freitags, sondern immer und ganz schnell, es wird höchste Zeit, Notmassnahmen zu ergreifen! Macht Kapitalismus blöd oder blind ?

  • Wenn die nur halb so viel Sponsoring bekämen wie die Fossilen in Gegenpropaganda stecken, dann sähe es anders aus.

    Wetten?

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @tomás zerolo:

      Da fehlt wohl die Aussicht auf Rendite. 💎

  • Die Klimaschutzbewegung hat Zuspruch nicht deswegen verloren, weil es "Straßenkleber" gibt, sondern weil die Leute im Prinzip kein Geld für Klimaschutz haben und wissen, dass sie gegen das neoliberale System verlieren (würden). Deshalb suchen sie sich für ihre Aggressionen den Schwächsten aus: Die Natur und die, die sie unbedingt schützen wollen.

    • @Gerhard Krause:

      Die Folgekosten der Klimakatastrophe für DE werden von der Bundesregierung bis 2050 auf bis zu 900 Mrd. geschätzt. Diese offizielle Schätzung dürfte wohl noch eher optimistisch sein und billiger wird es danach auch nicht. Allein die Ahrtahlflut kostet jede*n von uns rechnerisch knapp 500€, mittelbar finanziert über Steuern und Versicherungsbeiträge. Aus Kostengründen auf Klimaschutz zu verzichten ist ein gerade zu irrwitzig schlechtes Geschäft.

      • @Ingo Bernable:

        Falsch gerechnet!



        Die Klimaschutzmaßnahmen kosten Geld (viel Geld), weshalb viele sich den Klimaschutz nicht leisten können.



        Die 900 Mrd für die Klimafolgekosten fallen aber trotzdem an, da die Klimaschutzmaßnahmen in Deutschland keine Auswirkungen auf den Klimaschutz hat!

        Die beiden Optionen sind also



        Klimaschutz + 900 Mrd Klimafolgekosten



        ODER



        NUR 900 Mrd Klimafolgekosten

        Die Klimawandel ist und wird nunmal nicht aufgehalten

        • @Walterismus:

          Komische Logik.

        • @Walterismus:

          "da die Klimaschutzmaßnahmen in Deutschland keine Auswirkungen auf den Klimaschutz"



          Das ist Quatsch und das könnten sie auch wissen. Solche Argumente zeugen mE entweder von totaler Ignoranz oder sind schlichte Schutzbehauptung trotz besseren Wissens um den Klimaschutz der notwendig wäre auch dann zu verhindern wenn es letztlich die eigene Überleben kostet. Auf einer solchen Basis zu diskutieren ist zwecklos, deshalb lasse ich es bleiben.



          "Klimaschutz + 900 Mrd Klimafolgekosten ODER NUR 900 Mrd Klimafolgekosten"



          Dieser Betrag geht wohl davon aus, dass die Klimaziele eingehalten werden. Jenseits der 2°-Grenze ist eine Anpassung an die Folgen der Erderhitzung auch ökonomisch nicht mehr möglich, dann läuft es auf ein 'Friss-oder-Stirb'-Szenrio hinaus und zwar mit der Tendenz zu letzterem.

      • @Ingo Bernable:

        "Die Folgekosten der Klimakatastrophe... auf bis zu 900 Mrd. geschätzt."



        Ich schätze allein den Ersatz von 250 TWh Gasspeichern in Deutschland durch Akkus auf mindestens 10.000 Milliarden Euro (Bitte in jährliches BIP umrechnen). Damit die Wärmepumpen im Winter Strom haben; Wärmepumpen und erforderlicher Netzausbau nicht eingerechnet.



        Vielleicht ist sowas mit ein Grund dafür, dass Leute wohl mehrheitlich für Klimaschutz sind, aber trotzdem etwas gegen Habecks Energiepolitik einzuwenden haben.

        • @sollndas:

          Mit abwegigen Prämissen gelangen sie eben auch zu abwegigen Ergebnissen, ein gutes Argument haben sie damit aber nicht.

          • @Ingo Bernable:

            Was ist daran "abwegig"?



            Schon die konventionelle Stromversorgung lebt von Speichern. Nur liegen die "Speicher" da VOR der Stromerzeugung: Kohleflöze, Gasquellen/speicher... Bei Wind/Sonne sind Speicher NACH der Stromerzeugung erforderlich.



            Die Gasspeicher dienen zur Abpufferung saisonaler VERBRAUCHSschwankungen. Bei einer Vollversorgung mit Wind/Sonne müssten ZUSÄTZLICH saisonale ANGEBOTSschwankungen ausgeglichen werden.



            Die Mühen der Ebene einfach als "abwegig" abzutun, könnte sich rächen. Z.B. sollte man sich vor Antritt des Weges durch die Wüste schon mal Gedanken darüber machen, wie man das mit dem Wasser hinbekommt...

            • @sollndas:

              Abwegig ist die Idee die Gasspeicher in voller Kapazität durch Akkus zu ersetzen. Sicher braucht es auch den Aufbau von Speichern in gewissem Umfang, aber so wird das ganz sicher nicht aussehen und das dürfte ihnen eigentlich auch klar sein, oder aber sie diskutieren hier ein Thema von dem sie erschreckend wenig Ahnung haben.

  • "Doch die 2018 gegründeten Fridays sind weit von ihrer alten Stärke entfernt."

    Ja sicher, die haben jetzt alle Abi gemacht und während Corona kam niemand nach.

    (Und jetzt entspannt Euch, mit der letzten Generation hat das erst einmal gar nichts zu tun, die gibts noch gar nicht so lange)

    • @derzwerg:

      Jein. LG ist zum Teil als Reaktion auf die Beschränkungen von Großdemonstrationen (ein FFF-Ding) während der heißen Phase der Pandemie. Dass die Aktionen von LG den Infektionsschutz gewährleisten, ist kein Zufall.

      In sofern ist ein Teil von FFF jetzt (auch) bei LG. Allerdings sind LG-Proteste nur wirklich gut für Großstädte geeignet. Die sind jedoch meistens Hochschulstandort, d.h.dort hat auch FFF eine höhere personelle Kontinuität hinbekommen.

      Was als Corona-Kollateralschaden ersatzlos verschwunden ist, sind vor allem FFF-Gruppen auf dem "platten Land", denn dort haben sich die Schülis, die die Proteste trugen, ins Studium verabschiedet, ohne in der Pandemie ihre Nachfolge regeln zu können.

  • "Sprecher Pit Terjung lässt sich vom Bedeutungsverlust der Klimabewegung nicht beunruhigen: „Es gibt keine einzige Jugendbewegung für Klimaschutz, die unsere Rolle in der Gesellschaft auch nur ansatzweise ersetzen könnte“, ist er sich sicher. Mut macht ihm auch eine Umfrage des Umweltbundesamts."



    Danke, denn ihr seid Pacemaker:



    //



    Oma for Future über Klimaprotest



    :„Ich würde mich wegtragen lassen“



    //



    taz.de/Oma-for-Fut...aprotest/!5799510/



    //



    Forscher protestieren für Klimaschutz



    :„Es geht nur noch um wenige Jahre“



    //



    taz.de/Forscher-pr...maschutz/!5847990/



    //



    „Health for Future“ fordert entschlossenes Handeln gegen den Klimawandel



    //



    www.aerzteblatt.de...en-den-Klimawandel



    //



    Ihr seid die Bewegung, die wir hätten sein müssen, damit ein rechtzeitiger gesellschaftlicher Konsens zu den Zukunftsfragen möglich geworden wäre.



    Wir hatten Anfang der Achtziger Jahre keine so große Unterstützung aus breiten Schichten der Gesellschaft, das ist ein tolles Fundament. Der Funke und die Glut sind präsent, die Zielgruppen sind klar, auch die Problematik Klima und Krieg ist auf dem Agenda.



    //



    Krieg, Klima und Gesundheit zusammen denken!



    Ärzt*innen fordern auf dem IPPNW-Weltkongress in Kenia einen globalen Kurswechsel



    //



    www.ippnw.de/start...heit-zusammen.html