Sommerkongress von Fridays for Future: Weit entfernt von alter Größe
Die Klimabewegung hat an Zuspruch verloren. Wie man den zurückgewinnt, wurde auf einem bundesweiten Treffen von Fridays for Future diskutiert.

Von Mittwoch bis Samstag versammelten sich die Klimaschützer:innen im Kurpark und im angrenzenden Gelände der Leuphana Universität. Geschlafen wurde in Zelten. Tagsüber erwartete die Teilnehmenden ein Mix aus Vorträgen, Workshops und Diskussionen.
Es ging um Wissensvermittlung zum Klimawandel, globale Gerechtigkeit und Aktivismus-Planung. Am Freitag versammelten sich die Teilnehmer:innen zum obligatorischen Klimastreik. Ein Demozug führte vom Kongressgelände durch die Innenstadt zurück zur Universität.
„Wir hatten seit 2019 keinen so großen Kongress mehr“, erzählt Sprecherin Nele Evers. „Für die allermeisten hier ist das der erste wirklich große Kongress.“ Unter den Anwesenden sind viele neue Leute, etwa ein Drittel sind Schüler:innen. Andere haben vor Jahren als Schüler:innen mit dem Klimaprotest begonnen, sind aber mit der Bewegung mitgewachsen.
Geschrumpfte Bewegung
Doch die 2018 gegründeten Fridays sind weit von ihrer alten Stärke entfernt. Aus den zunächst erwarteten 1.000 Anmeldungen wurde am Ende nur die Hälfte. „2019 waren wir noch 1.500“, erinnert sich Justus Friedrich aus Köln an den vorherigen Sommerkongress.
Einige Ortsgruppen haben sich in der Zwischenzeit aufgelöst, Schulstreiks gibt es nur noch selten. Auch die globalen Fridays-Klimastreiks sind lange nicht mehr so gut besucht wie zu ihren Bestzeiten 2019. Hinzu kommt, dass auch der Zuspruch aus der Bevölkerung für die Klimabewegung dramatisch zurückgegangen ist, wie eine Umfrage kürzlich zeigte.
Viele Menschen scheinen Klimaaktivismus inzwischen nicht mehr mit streikenden Schulkindern, sondern mit den Straßenblockaden der Bewegung Letzte Generation zu verbinden, die für ihre Straßenblockaden bekannt ist. „Wenn ich erzähle, dass ich Klimaaktivist bin, sind viele erstmal skeptisch“, sagt etwa ein Aktivist aus Tübingen. Sobald er klarmache, dass er zu Fridays for Future gehöre, würden die Reaktionen positiver.
So richtig möchte sich jedoch auf dem Kongress niemand zu der Konkurrenz äußern. Nur die Berliner Ortsgruppe distanziert sich deutlich von den Straßenblockaden: „Wir schaffen die sozial-ökologische Transformation nicht, indem wir Menschen in ihrem Alltag stören oder nerven“, hieß es kürzlich schon in einem Instagram-Video.
Stattdessen setzen die Fridays darauf, wieder eine gesellschaftliche Mehrheit für sich zu gewinnen. Dafür haben sie sich vor einiger Zeit auch mit den Gewerkschaften Verdi und der EVG zusammengetan, mit denen sie gemeinsam für eine soziale Verkehrswende streiken. Das ist auch der Plan für den nächsten globalen Klimastreik am 15. September.
Sprecher Pit Terjung lässt sich vom Bedeutungsverlust der Klimabewegung nicht beunruhigen: „Es gibt keine einzige Jugendbewegung für Klimaschutz, die unsere Rolle in der Gesellschaft auch nur ansatzweise ersetzen könnte“, ist er sich sicher. Mut macht ihm auch eine Umfrage des Umweltbundesamts. Danach ist der Mehrheit der Deutschen die Dringlichkeit von Klimaschutz klar bewusst.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen