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Solardach für Elektro-PkwMehr Reichweite für Sonnenparker

Ein Solardach soll Elektroautos zusätzliche Reichweite bringen. In Serie gehen könnte das Modul schnell. Aber eine zentrale Frage ist noch offen.

Bis zur nächsten Ladesäule ist es manchmal weit – ein Solardach könnte helfen Foto: dpa

FREIBURG taz | Eigentlich liegt die Idee nahe: Strom für das Elektroauto soll nicht nur von externen Ladesäulen kommen, sondern auch mittels Solarmodulen auf dem Fahrzeug selbst gewonnen werden. Ein entsprechendes Photovoltaik-Autodach hat nun das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) entwickelt.

Das Modul könne „an einem sonnigen Tag Strom für etwa zehn Kilometer Fahrtstrecke bei einem E-Auto der Mittelklasse liefern“, rechnet das Institut vor. Voraussetzung: Das Auto steht und fährt den ganzen Tag in der Sonne.

Im Vergleich zu einem klassischen Solarmodul, wie man es auf Hausdächer schraubt, hat das Pkw-Modul einige Besonderheiten. Zum einen nutze es die Einstrahlung besonders effizient, indem die einzelnen Zellen wie Dachschindeln überlappend angeordnet sind, erklärt ISE-Forscher Martin Heinrich. Damit entstehe aufgrund der vermiedenen Zellzwischenräume keine inaktive Fläche und man komme so auf eine hohe Nennleistung von 210 Watt pro Quadratmeter. Zudem ergebe sich „ein homogenes, ästhetisches Gesamtbild“.

Das Pkw-Modul ist gebogen, exakt so, wie es das Autodach vorgibt. Die Solarzellen – Standardzellen aus Silizium-Einkristallen – sind entsprechend unter einem Verbundsicherheitsglas eingefasst und können anstelle eines Schiebedachs eingesetzt werden. Die Biegung eines Autodachs liege bereits „ziemlich an der Grenze, was mit klassischen Zellen möglich ist“, sagt Heinrich. Wolle man künftig auch andere, noch stärker gewölbte Karosserieteile mit Photovoltaik belegen, müsse man andere Zellen nutzen.

Einschränkungen gibt es bei der Farbe: Zwar sind durch Beschichtung des Glases unterschiedliche Farben möglich. Das kann allerdings auf Kosten der Effizienz gehen: Bei klassischen Farben gingen 5 bis 7 Prozent des Ertrags verloren, verglichen mit einem optimal dunklen Dach. Im Extremfall – das wäre weiß – könne der Minderertrag 20 bis 30 Prozent erreichen.

Schnelle Serienreife

Zu kaufen ist das Solarmodul noch nicht. Doch falls ein Autohersteller Interesse zeigen sollte, könne das Produkt binnen einem halben bis dreiviertel Jahr zur Serienreife entwickelt werden, schätzt Wissenschaftler Heinrich. Welche Auswirkungen die ständigen Erschütterungen der Fahrt auf die Langzeitstabilität der Module haben, wurde bisher zwar nicht erprobt, das ISE zeigt sich allerdings zuversichtlich, dass die übliche Mindestlebensdauer von zwanzig Jahren auch mit den Pkw-Modulen erreicht werden kann.

Die vielleicht größte Unsicherheit besteht darin, dass niemand weiß, wie viel Sonne ein Durchschnittsauto im Alltag tatsächlich einzufangen vermag. Denn wer im Schatten oder in der Garage parkt, verliert viel Strom.

Manche Kilowattstunde dürfte auch während der Fahrt durch Verschattung – von Gebäuden, Brücken oder Bäumen – verloren gehen. Deswegen starte man gerade ein Projekt, das genau diese Verluste in der Praxis repräsentativ ermitteln soll, sagt Heinrich. Dann wird man irgendwann auch die Frage der Wirtschaftlichkeit beantworten können.

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10 Kommentare

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  • da sind die Damen und Herren von Sonomotors schon weiter. Der Sion schafft es mit seinen solarzellen bereits auf über 30 km. Das wird auch nicht das Ende der "Fahnenstange" sein. Auch ist es gundsätzlich sinnvoll an einer solchen lösung zu forschen nud die Technik zu verbessern, da es auch in Zukunft ohne Auto nicht gehen wird. Die "Landratten" mit den Pendlerpauschalen brauchen diese Möglichkeit wohl für noch längere Zeit. Denn bei unserer "Energiewendefreudigen" Regierung müssen wir sicherlich noch 20 Jahre auf einen ausreichend großen und komfortablen funktionierenden öffentlichen Verkehr warten.



    Also weiter so, aber sicherlich auch in anderen Bereichen unbedingt schneller die Wende voranbringen.

    • @Sonnenhaus:

      Bekanntlich wird der Sion noch nicht ausgeliefert. Es ist wohl auch eine andere Technologie, kein Glas. Leichter, aber die Dauerfestigkeit muss sich erst noch erweisen. Außerdem flachere Teile.

      Der Ansatz von Fraunhofer ISE, mit einer Dachschindel-artigen Bauweise den Wirkungsgrad zu erhöhen, leuchtet mir nicht ein. In dieser Anwendung zählen die Kosten, die Dauerfestigkeit und das Gewicht, außerdem Designgesichtspunkte.



      Der Wirkungsgrad ist relativ unwichtig; ob man jetzt 9 oder 10 km am Tag erreicht, ist egal, denn solange >99% alles Autos ohne Solardach ausgeliefert werden, kommt es auf die Praxistauglichkeit und dann die zunehmende Verbreitung an.

  • Bevor ihr so negative Kommentare schreibt wäre es besser sich vorher mit der Technologie intensiv zu beschäftigen.



    Das von Sono-Motors entwickelte E-Auto Sion hat diese integrierten Phtovoltaikpanele schon eingebaut.



    Nach einer Probefahrt lies ich mir ein Fahrzeug reservieren.



    Ein junges Team hat dieses E-Auto entwickelt, weil sie nicht warten wollten bis sich die Autokonzerne bewegen.

  • Für 10 km reicht also die Solarladung. Wahnsinn! Also eine Mini-Entfernung, die man sowieso eher mit dem Fahrrad zurücklegt. Und für 20 km nimmt man einfach ein doppelt so großes Auto?

    E-Mobility ist eine tolle Sache, sofern

    1. keine Batterien oder Solarzellen, sondern Oberleitungen eingesetzt werden

    2. statt mit ineffizienten und mikroplastikverbreitenden Gummireifen auf Schienen gefahren wird.

    Das gibt es seit weit über 100 Jahren und man nennt es "die Elektrische" oder "Straßenbahn".

  • Bin ja mal gespannt wann die Gesellschaft merkt dass Elektroautos nicht ökologischer sind als die Euro6 Benzinschleudern. Aber hey lasst uns erst einmal in eine Technik investieren von der wir heute schon wissen dass sie den Bedarf nicht decken kann...

  • 6G
    61321 (Profil gelöscht)

    Wenn man dafür Alleebäume und sonstiges Straßenbegleitgrün abschafft, wenn man darüber hinaus das Auto im Winter mit hydraulischen Fahrgestellen nach der tief stehenden Sonne ausrichtet, durchaus ein pfiffiger Gedanke aus dem ISE. Ich sehe vor meinem geistigen Auge Wissenschaftler Heinrich mit technikbepackten H0-Modellen im maßstabsgetreu nachmodellierten Markgräflerland herumbrausen

  • Schön, es geht voran :-)

  • Nee, also wirklich! Dass mit der Farbe geht ja gar nicht! Da müssen noch ein paar Forschungsgelder für locker gemacht werden! Die übrigen "Unsicherheiten" geschenkt! Geile Wüstenfahrzeuge! Die Anhängerkuppelungen für die Trinkwassertanks nicht vergessen, falls dort keine Steckdose in der Nähe ist!

    PS: Habt ihr außer ingenieurtechnischer Selbstbefriedigung nichts tun?

  • Alternativer Vorschlag:



    Man baut die Autos so effizient das sie deutlich weniger Energie benötigen und auch ohne Solarzelle und eigentlich "immer" 10 km weiter fahren.

    Momentan sind ja vor Allem große und schwere Luxusautos mit E-Antrieb ausgestattet.

    • @Sonntagssegler:

      Gute Idee, mein Bergamont Vitesse fährt allein mit dem Aufkleber "Ein Auto weniger", sowie Frühstück, Mittagessen, Abendessen und einigen Litern Wasser auch bei ständig bedecktem Himmel im Sommer schon mal 70-80 km ohne Steckdose. Als ich jünger war, gingen auch ein paar km mehr, aber nicht nur ich, auch Solarzellen altern - dies zum Trost.