piwik no script img

Solarzellen auf NeubaudächernBaupflicht wäre Aktionismus

Bernward Janzing
Kommentar von Bernward Janzing

Photovoltaik ist wirtschaftlich attraktiv, dafür braucht es keinen Zwang. Lieber sollte man die bestehenden Hemmnisse beseitigen.

Zur Pflichtübung sollen die Solarzellen auf Neubauten vorerst nicht werden. Und so ist es gut Foto: Rupert Oberhäuser/imago

N un ist sie also vorerst vom Tisch, die Idee, Häuslebauer bundesweit zu verpflichten, ihre Dachflächen im Dienste der solaren Energiewende zu nutzen. Schade? Nicht wirklich, denn eine Solardachpflicht braucht genau besehen kein Mensch. Letztlich stünde sie nämlich nur in einer absurden Kette von sich widersprechenden Regelungen und würde damit nur Probleme zu lösen versuchen, die durch andere überflüssige Regelungen erst geschaffen wurden.

Tun wir einfach mal einen Blick auf die Entwicklung: Im ersten Schritt hatte die damalige Bundesregierung mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vor gut 20 Jahren die Photovoltaik mächtig vorangebracht – und die Preise der Solaranlagen fielen in der Folge drastisch. So weit, so gut, es war eine Erfolgsgeschichte. Solarstrom wurde so günstig, dass er anfing, sich immer öfter auch ohne EEG zu rechnen.

Das aber schien der Politik dann auch wieder nicht recht zu sein; so viel Eigendynamik der Energiewende schien ihr des Teufels. Es könnte ja der Eindruck entstehen, man bräuchte die Bundesregierung gar nicht mehr für den solaren Fortschritt. Also sah die Politik sich bemüßigt, den Solarstrom, dort, wo er aus sich heraus wirtschaftlich wurde, vorsätzlich zu verteuern; die „Sonnensteuer“, die EEG-Umlage für vor Ort verbrauchten Solarstrom war geboren.

Und als sei selbst das noch nicht genug, wird heute jeder Versuch, auch bei einem Mehrfamilienhaus billigen Solarstrom für die Mietparteien anzubieten, zusätzlich erstickt in irrwitziger Bürokratie. So wurde die Energiewende zum Opfer einer Politik, die von einem Drang zur stetigen Gängelei beseelt ist. Angesichts der Option, einfach bestehende Hemmnisse zu beseitigen, ist eine Solardachpflicht purer Aktionismus. Man braucht sie nicht, denn zu attraktiven Investitionen muss man niemanden verpflichten.

Der Gesetzgeber muss nur aufhören, den Strom vom Dach (oder kleinteiliger noch: vom Balkon) vorsätzlich unattraktiv zu machen. Wenn dieser Gedanke endlich durchdringt, wird kein Solarfreund mehr eine Baupflicht vermissen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Bernward Janzing
Fachjournalist mit Schwerpunkt Energie und Umwelt seit 30 Jahren. Naturwissenschaftler - daher ein Freund sachlicher Analysen.
Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • Strom vom Dach kostet etwa doppelt so viel wie von einer Freifläche. Trotzdem spart jede Hausbesitzer Geld, weil er doppelt so viel Steuern, Abgaben und Umlagen spart, als Ihn der Solarstrom mehr kostst. Volkswirtschaftlich ist eine Solardachpflicht also Schwachsinn. Für den Einzelnen bleibt es ein lohnendes Investment, bis der Staat sich die fehlenden Ennahmen an anderer Stelle zurückholt. Dann platzt diese Milchmädchenrechnung. Ergo: Fordert mehr Grossanlagen und beteiligt euch möglichst daran.

  • Ein wichtiger Punkt wäre auch eine Änderung des Steuerrechts. Eine Vermietungs-GmbH zahlt keine Gewerbesteuer, wenn sie ausschließlich Vermietungseinkünfte erzielt. Kommen gewerbliche Einkünfte aus dem Verkauf von Strom hinzu werden alle Einkünfte infiziert. Dies kann derzeit nur durch eine komplexe Verpachtung der Dachfläche vermieden werden. Es wäre einfacher, die Regelungen des Gewerbesteuergesetzes anzupassen. Gleiches gilt auch für die Ladeinfrastruktur.

  • Das Problem mit der Photovoltaik ist ja dass sie mittags und im Sommer liefert, wenn wir eh zu viel Strom haben und nach Polen verschenken müssen. Noch mehr Solarzellen aufzubauen bringt uns nicht weiter solange wir den Strom nicht speichern und dann nutzen können wenn wir ihn brauchen.

    • @Descartes:

      Dabei existiert eine für Kleinzellen geeignete Speichertechnologie seit vielen Jahrzehnten. Ist halt nur für vergleichsweise kleine Zellen geeignet.



      Aber warum sollte nicht jeder seinen kleinen Energiespeicher im Keller haben ?

      • @Bolzkopf:

        "Aber warum sollte nicht jeder seinen kleinen Energiespeicher im Keller haben ?"



        Nichts gegen die "kleinen Energiespeicher im Keller". Aber mit denen kommt man nicht weit. Bekanntlich gibt es im Winter (November bis Februar) wenig Sonne, und dazu erfahrungsgemäß eine Periode von 2 - 4 Wochen, in denen vom Solardach nichts, wirklich nichts, keine einzige müde Wattminute reinkommt [1]. Bei einem Verbrauch von 10 kWh/d müssten Sie also mindestens 140 bis 280 kWh zwischenspeichern. Sollte noch so "umweltfreundliches" Zeugs wie eine Wärmepumpenheizung oder ein E-Auto dazukommen, mindestens das Doppelte bis Dreifache.



        Akkus mit 1000 kWh im eigenen Keller sind illusorisch. Sowas lässt sich in der erforderlichen Größenordnung nur mehr oder weniger zentral mit PtX und ggf. Rückverstromung realisieren.



        [1] Ich weiß das, habe eine Solarautarke Stromversorgung.

  • So langsam wird wohl jedem klar sein, dass das altbackene Weltbild der C*U unser aller Existenz gefährdet.

    Die EVU haben sich über Jahrzehnte mit Geld vollgesaugt wie schwarze Löcher, dabei nicht nur die Infrastruktur verkommen lassen sondern auch jede Form der Innovation von willfähigen Politikern wegbeissen lassen.

    Aber nicht genug damit, dass man wohlgediente Parteigranden dort in den Vorständen und Aufsichträten "parkt" (natürlich auf Kosten der Verbraucher) - selbst jetzt wo unleugbar zu Tage tritt, dass dieser gefräßige Kapitalismus im wahrsten Sinne des Worte der Untergang ist, lernt man nicht dazu.

    Denn dieses Konzept der zentralen Energieerzeugung (also wenige, riesige Kraftwerke) taugt weder für Solarenergie noch für Windenergie. Aber das zu begreifen scheint mir weit, sehr weit jenseits des intellektuellen C*U- Horizonts.

  • Was wir brauchen, ist eine lückenlose CO2-Steuer auf fossile Energieträger und Importe von Rohstoffen und Gütern, welche die realen externen Kosten des Klimawandels reflektiert, und eine Ausschüttung der Steuer als Bürgergeld/Grundeinkommen/Steuergutschrift, und zwar so dass auch ärmere Menschen ganz klar davon profitieren.

    Von direkten Subventionen halte ich nicht so viel. Sowohl die Ökosteuer auf Strom, von der Unternehmen befreit sind, die also nur Verbraucher zahlen, als auch die ganzen Korruptionsskandale um FFP2 Masken mit Verwandten von CxU-Politikern, zeigen deutlich dass das wahrscheinlich schief gehen würde.

    Rein holen kann man auch Geld, indem man Steuervorteile bei der Besteuerung von Dienstwagen streicht, die sind letztlich vor allem ein Subventionsprogramm für die Autoindustrie.

    Wenn schon, dann sollte man nur noch Elektroautos fördern - aber warum eigentlich soll ich als Radfahrer und Nutzer von Bahn und ÖPNV in die Röhre gucken? Auch als Steuerzahler und Radfahrer finanziere ich ja immer noch die fossile Autoindustrie über die Werbungskostenpauschale mit, die lange Pendelstrecken mit ökologisch nicht sinnvollen Verkehrsmitteln fördert.

  • Verstehe ich nicht.



    Warum nicht Bürokratie - und Hindernissabbau plus Solardachpflicht. Damit fängt man auch die Unbelehrbaren ein.