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Sexuelle BelästigungMir fehlt die Hand am Arsch

In Österreich soll eine Gesetzesnovelle sexuelle Belästigung strafbar machen. Politiker Marcus Franz will aber, dass Pograpschen erlaubt bleibt.

Ungrapschbar. Bild: ka di/photocase.de

Eigentlich wollte ich ja zurück nach Österreich. Da wird man noch wie eine echte Frau behandelt. Da wird einem der Po von Fremden, Chefs und Kollegen getätschelt, wie es sich gehört. Mir fehlt die Hand am Arsch. Denn nur durch einen saftigen Klaps fühlt man sich doch als das, was man als Frau ist, ein Gegenstand, den sich nur nehmen muss, wer will. Pograpschen ist eigentlich Wertschätzung, das verstehen nur alle falsch. Ja, und dann wird freilich geheiratet. So läuft das bei uns.

Das Pograpschen soll in Österreich aber nun per Gesetz strafbar gemacht werden. Bisher konnte nur bestraft werden, wer Brüste betatscht oder in den Schritt greift. Hintenrum war’s nicht sexuell genug, aber in Zeiten, wo einem pralle Ärsche aus jedem Musikvideo entgegenwackeln, kann man darüber durchaus noch mal nachdenken. Österreich hat es getan und ist zu dem Schluss gekommen, der Po muss ins Strafgesetzbuch. Nicht explizit, aber der Tatbestand „Sexuelle Belästigung“ soll aufgenommen werden. So wären dann auch Handlungen, die „der sexuellen Sphäre im weiteren Sinn zugehörig“ sind, strafbar, wenn sie denn belästigend sind.

Ganz nach österreichischer Manier ist nun eine Pograpsch-Debatte ausgebrochen, mit der Talksendungen gefüllt werden, weil: Herrschaftszeiten, Pograpschen verbieten – wo kommen wir denn da hin? Wie soll man sich denn sonst kennenlernen? Reden? Pardauz! Und noch viel wichtiger, wie ja auch der Nationalratsabgeordneter Marcus Franz zu bedenken gab: Wie soll man die Ware denn prüfen, bevor man sie kauft.

Gut, er hat es etwas anders gesagt. Er wollte noch bisschen klug wirken, denn er ist ja nicht nur Politiker beim Team Stronach – Sie wissen schon, diese Partei, die denkt, jeder ab einem gewissen gesellschaftlichen Status und mit dem nötigen Kleingeld hat automatisch auch das Zeug zum Politiker. Ideologie ist so 90er Jahre.

Zurück zum Hauptberuf: Der Franz, der ist auch Arzt. Kann also Latein, was ganz praktisch ist, wenn man sexistische Kackscheiße im Netz verbreitet, das macht was her, sonst hält man ihn womöglich noch für einen ungebildeten Hinterwäldler. Nein, ungebildet ist er nicht. Franz schrieb also: „Ob der Popsch hält, was der Blick verspricht. Das erfahren zu wollen wird nun bestraft. Cui bono?“

Kein Arzt, dem die Frauen vertrauen

Wem zum Vorteil, fragt er. Das weiß er nicht. Woher denn auch, immerhin habe er seine Frau über einen Pograpscher kennengelernt, sagt er. Die „Pograpscher-Gattin“ sagt daraufhin in einem Interview mit Heute, dass eine taffe Frau keinen Gesetzgeber brauche, „der sie in die Rolle des armen Opfers drängt“. Klar, wer braucht schon Gesetze, man muss nur stark genug sein. Frauen würden sich als mündige Menschen schon wehren und „eine Eroberung setzt immer einen gewissen Widerstand voraus“, twittert Marcus Franz, der nun ganz sicher nie mehr der Arzt wird, dem die Frauen vertrauen.

Dass es Menschen gibt, die ihre Körper lieber nicht mit Fremden teilen möchten, das kann der Abgeordnete nur schwer begreifen. Dass ein Pograpscher kein Kavaliersdelikt ist, weil Kavaliere so etwas per Definition nicht tun würden, und dass die menschliche Würde auch den Po betrifft, das alles scheint er nicht zu wissen.

Deshalb wurde er vor einigen Tagen auch in die Talkshow „Pro und Contra“ bei Puls4 eingeladen. Da saßen dann er, Birgit „dann mach doch die Bluse zu“ Kelle und die Autorinnen Monika Donner, Sibylle Hamann und Jutta Ditfurth. Letztere befragte Franz sogleich zu seinen anderen abstrusen Meinungen, immerhin hatte er bei anderer Gelegenheit Homosexualität als „genetische Anomalie“ bezeichnet. Danach schied er „einvernehmlich“ aus dem Spital, wo er damals Primar war.

Ditfurth sagt, dass sie davon gelesen habe, er sei gegen Abtreibung, und würde Frauen, die über 35 sind und keine Kinder bekommen, am liebsten dazu verpflichten. „Das Niveau sollte man verlassen, gnädige Frau“, sagt er in einem Ton, den nur Pograpscher verwenden. Sie habe nicht richtig zitiert. Dann sagt er: „Es gibt ja das Sprichwort: Der Feminismus geht von den hässlichen Frauen aus, das fällt mir da jetzt ein.“

Der Herr Doktor ist, wenn man anlässlich des Gesagten mal genau hinsieht, auch nicht die schärfste Chili am Strauch, aber gut. Man kann sich auch täuschen. Vielleicht hat er ja einen knackigen Po. Könnte man mal prüfen, er wird sich schon wehren, wenn er was dagegen hat.

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35 Kommentare

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  • Liebe taz, liebe Frau Hödl. Es ist ja supi dupi dass sie beide sich für die polizeiliche/gerichtliche Verfolgung von Anfassungen des PoPos einsetzten.

     

    Aber könnten Sie bitte auch das diskutierte Strafmaß nennen. Werden dann wie bei homosexuellen Vergehen die Händchen abgehackt? Droht öffentliches Popo-Zur-Schau-Stellen? Nun ja ... was denn nun?

  • Hallo. Leider bin ich nicht beim Kurznachrichtendienst Twit... registriert, aber vll kann ja jemand anderes einen kollektiven Po-Grapsch-Aufruf starten, um diesem Politiker ein wenig zu Leibe zu rücken... #grapsch den franz #cui bono

    • @Max Lux:

      Seinse mutig und stellen Sie sich mit nem Schild auf ihren örtlichen Marktplatz.

  • Das beste am Artikel ist das Bild ;-)

  • >>...dass eine taffe Frau keinen Gesetzgeber brauche, „der sie in die Rolle des armen Opfers drängt“

  • Apopo "Kackscheiße" Wann werden endlich Hundehalter verurteilt, die ihren Pfiffis erlauben mit den Tretminen aus deren Popo die österreichischen Bürgersteige zu belästigen?

  • Wie? Frau Dittfurth hat nicht auch noch Hitler ins Spiel gebracht. Wahrscheinlich sind Pograpscher undeutsch.

  • Frau Hödl ist eindeutig eine Bereicherung für die TAZ. Eine sehr gute Autorin. Wenn sie sich dann noch Ausdrücke wie "Kackscheiße" verkneifen könnte, wäre ich ihr größter Fan.

    • @Biene Maya:

      dann lesen sie halt die FAZ

    • @Biene Maya:

      Hintern statt Arsch hätt ich auch lieber gelesen.

  • Grapschen geht von den hässlichen Kerlen aus, die keine Frau freiwillig an ihren Arsch ranlassen würde. Fällt mir da jetzt ein.

    • @Earendil:

      wo und von wem ist diese Erfahrung gemacht bzw. diese festgestellt worden?

       

      Gibt es dazu Studien?

       

      Der Fehler ist doch ohnehin die fehlende Bitte um Erlaubnis, wohl aus Schüchternheit.

       

      Fragen aber kostet bekanntlich nichts.

      • @Tecumseh:

        Kann diese Erfahrung in weitreichenden Feldstudien bestätigen.

        Grabscher sind in 99% der Fälle ziemlich unattraktive Typen, die, sollte man sie auf die Unerwünschtheit ihres Verhaltens und ihrer Anwesenheit hinweisen, die Schmach nicht ertragen können und der Verschmähenden schimpfwortgespickte Fehdehandschuhe ins Gesicht schlagen.(nicht nur wörtlich)

      • @Tecumseh:

        "Fragen aber kostet bekanntlich nichts."

         

        Etwa in der Art:

         

        "Gestatten Sie, dass ich Ihren A... Begrapsche?"

         

        :-)

    • @Earendil:

      Da ist was Wahres dran Earendil! Das Problem sind ja gerade die Männer, die den Po anfassen, obwohl sie wissen, dass die Frau das nicht mag. Hier sich auch juristisch wehren zu können ist gut.

      Problematisch sind die "Kollateralschäden". Der Freundin den Po zu tätscheln ist von ihr durchaus gerne gesehen und erwünscht. Beim Tanzen mal zu tief zu greifen ist zwar nicht erwünscht, kann aber passieren und ist unproblematisch wenn es wirklich versehentlich passiert.

      Hier wird dann allzu schnell nach dem Motto gehandelt, wenn es auch ein paar Richtige trifft, ist es nicht schlimm, wenn auch ein paar Unschuldige dran glauben müssen - sind ja nur Männer.

      • @Velofisch:

        Also entschuldigung, aber der Gedankengang hat doch ein gewisses Maß an Absurdität.

        "Wo kein Kläger, da kein Richter" - schon mal gehört?

         

        Wenn's der Freundin nicht unerwünscht ist, rennt's auch nicht zur Kiewerei, so einfach ist das. Als nächstes glauben's noch, es sitzt grad die halbe SM-Szene im Gefängnis, weils ja eigentlich verboten ist, Leute zu verhauen.

      • @Velofisch:

        "Beim Tanzen mal zu tief zu greifen ist zwar nicht erwünscht, kann aber passieren"

         

        Aha.So tanzen sie also.

         

        Jaja, die ARMEN MÄNNER, die dürfen jetzt nicht mal mehr richtig belästigen heutzutage.

         

        Die Tatsache,dass man sich(nicht nur als Frau), wenn man sich gegen Belästigungen von Männern wehrt , zu 99,8% mit Beleidigungen und Drohungen konfrontiert sieht, unterstreicht diese Tatsache auch nur.

         

        Dass sie als allererstes an "Kollateralschaden" denken und hysterische Ansgt haben, einige "Männer"(das war ihnen ganz wichtig) könnten eventuell zu unrecht beschuldigt werden,(Deswegen sollte man auch den Vergewaltigungsparagraphen auf keinen FALL verschärfen, nicht?Nicht, dass auf einmal JEDE Vergewaltigung vor Gericht auch eine ist.) impliziert ihrerseits ein schlechtes Gewissen.Treten sie manchmal auch über die Grenzen anderer Menschen hinweg?

         

        Wer sich nicht belästigt fühlt, wird den Gang zur Polizei/Gericht etc nicht durchstehen wollen.

         

        Was genau eine Belästigung ist, und was "mal passieren kann"(nein,begrabschen beim Tanzen kann nicht "mal passieren".wirklich nicht.) entscheiden glücklicherweise nicht geschlechterseitig die Männer, sondern diejenigen die belästigt werden (Männer UND Frauen.Wieso hab ich das Gefühl,das für sie immer gesondert erwähnen zu müssen?).

         

        Meine Komfortzone,meine Regeln.

         

        Wer nicht in der Lage ist, zwischenmenschliche Signale wie "Fass mich nicht an!" zu verstehen, sollte sowieso mal tiefer graben.

  • Traurig, althergebrachtes alpines Brauchtum so schmählich den Bach runtergehen anschauen zu müssen...

    • @Spitzbube:

      Wohl eher Altherrenbrauchtum ;-)

      • @Velofisch:

        Warum ist es in diesem Zusammenhang eigentlich ok ältere Herren pauschal zu diskriminieren und so zu tun, als brächten alte männliche Lüstlinge der Welt den Sexismus? Das ist auch nur Sexismus und Altersdiskriminierung pur...

  • Wem die Hand am Po fehlt, der kann sich doch eine dort annähen lassen. Dürfte doch gerade für einen Arzt nicht so schwer sein.

    • @Rainer B.:

      Ob mit oder ohne Dr. Franz, es bleibt gefährlich Wertgegenstände sichtbar in den Gesäßtaschen aufzubewahren.

  • Woki mit deim Popo, so gfeut ma des...

    https://www.youtube.com/watch?v=L_W2tbW64pQ

  • Erst hatte ich gedacht, das auf dem Artikelfoto sei dem Franz sein Hinterteil.

     

    Dann hatte ich gedacht: "Ne, kann nicht sein." und habe recherchiert.

     

    Ein Foto von dem Franz seinem Hintern hab ich gefimdem -> http://www.parlament.gv.at/POOL/BILDER/43897/4389786_500.jpg

    Eins von seinem Gesicht hingegen scheint es nicht zu geben.

    • @Vex:

      Ohlala, "gefunden" selbstverständlich. Da sind meine Finger wohl wohin gerutscht, wo sie nicht sein sollten.

       

      Ein Freud'scher Vergrapscher quasi.

  • der talk war immerhin ne recht lustige veranstaltung

    gib aan kik und aan ohr

    http://www.puls4.com/video/pro-und-contra/play/2751928

    • @christine rölke-sommer:

      Wie meinen Sie das denn ?

      • @DorianXck:

        prüfen, ob das sackerl auch hält, was die beule verspricht

        oder so....

  • Much ado about nothing.

    • @DorianXck:

      "nothing"?

       

      Ich halte Privatsphäre für wichtig. Und das schließt den Schutz vor unerwünschten Berührungen (egal wo) ein.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        ähm ja natürlich - aber alles gleich zur Strafsache erklären?

         

        Außerdem kann ich ihnen versichern, dass Sie bei allen möglichen Gelegenheiten zumindest von offizieller Seite weiterhin angegrapscht werdern dürfen, solange das eben ein Beamter macht.

         

        Wie oft werden Sie denn "unerwünscht" berührt? Und warum antworten Sie nicht einfach mit der klassischen Berührung der flachen Hand im Gesicht? ... Ach so, das ist natürlich Körperverletzung ... oder gilt das bei männlichen (ich denke mal nur Männer berühren sie unerwünscht oder?) Opfern nicht?

        • @AnZweifler:

          „Wie oft werden Sie denn "unerwünscht" berührt?“

           

          Das kommt schon mal vor.

           

          Vielleicht bin ich ja etwas empfindlich, aber ich suche mir gern selbst aus, wie nah mir Menschen körperlich kommen dürfen. Das mag zwar etwas kühl erscheinen, aber ich möchte nun mal nicht von x-beliebigen Leuten berührt werden. In manchen Ländern ist diese Distanz ganz normal. Vergleichen Sie mal eine Fahrt mit der U-Bahn in London und in München. Dann merken Sie, was ich meine.

           

          Eine Ausnahme bilden natürlich Beamte in Ausübung ihrer Pflicht. Wenn die mich am Flughafen nach Waffen durchsuchen wollen, dürfen die das. Und schließlich ist das ja dann auch nicht zu ihrem Vergnügen.

           

          Und natürlich gibt es da auch noch einen Unterschied zwischen einer zufälligen Berührung und Grapschen. Erstere ist nur unangenehm. Letzteres ist eine Frechheit. Allerdings sehe ich nicht ein, warum eine „klassische Berührung der flachen Hand im Gesicht“ die Lösung sein soll. Warum soll denn das Opfer selbst zum Täter werden? Ist es da nicht besser, den potentiellen Tätern vorher klar zu machen, dass sie im Unrecht sind, statt zu verharmlosen?

        • @AnZweifler:

          Kleines Gedankenspiel, Anzweifler und Dorianxck:

           

          Du bist allein in einer vollkommen überfüllten Bar gelandet, schon ein wenig angetrunken, als Dir auffällt, dass Du die volle Aufmerksamkeit des fast ausschließlich männlichen - sehr, sehr männlichen - Publikums genießt. Richtig, Du bist in einer Schwulenbar. Würdest Du es in diesem Moment vorziehen, wenn Du es als vollkommen selbstverständlich voraussetzen könntest, dass NICHT irgendjemand auf die Idee kommt, sein Objekt der Begierde einer physischen Überprüfung zu unterziehen?

        • @AnZweifler:

          Genau das ist ja beispielsweise ein Problem: Solange das eine Körperverletzung ist und das andere nur ein nicht zu ahndendes Kavaliersdelikt, kann man nicht so antworten ohne eine Strafe zu riskieren! D.h. dass beispielsweise eine Frau, die ihrem Kollegen mit "...der klassischen Berührung der flachen Hand im Gesicht..." auf seine Grabscherer antwortet, eine Anzeige wegen Körperverletzung bekommt, und höchstwahrscheinlich ihren Job verliert, während der Kollege ungeschoren und mit Schmerzensgeld davonkommt. Und wenn das evtl. nicht der Kollege, sondern ein Vorgesetzter ist, dann wird man sich diese "Antwort" noch zwei- und dreimal überlegen!