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Sexismus bei der Darts-WMEine Männerdomäne

Der Sport1-Kommentator Gordon Shumway verliert aufgrund von sexistischem Gewäsch seinen Job. Doch das reicht noch lange nicht.

Anastassija Dobromyslowa beim Duell mit Ryan Joyce bei der Darts-WM Foto: dpa

Es war das erste Mal, dass Gordon Shumway als Experte und Co-Kommentator des TV-Senders Sport1 bei einer Darts-WM eingesetzt wurde. Und es wird vermutlich auch das letzte Mal bleiben. Der Sender hatte am Mittwochabend bei Twitter angekündigt, künftig auf Shumway als Experten zu verzichten.

Was war passiert? Nicht nur Shumway war erstmalig bei der Darts-WM dabei, die seit 2007 im Alexandra Palace im Norden von London ausgetragen wird. Auch für Anastassija Dobromyslowa und Lisa Ashton war es eine Premiere. Denn erstmalig wurden in diesem Jahr zwei der 96 Startplätze für Frauen reserviert.

Dem 50-jährigen Kommentator gefiel das gar nicht. Im Duell zwischen der Russin Dobromyslowa und dem Engländer Ryan Joyce sagte Shumway: „Ich bin kein Freund von diesem Zirkus. Ich weiß nicht, was das soll, zwei Damen bei einem professionellen Darts-Turnier mit aufzunehmen.“

Und er legte nach: „Wir wissen ja, Darts ist ein mentales Spiel. Und Männer werden wahrscheinlich immer ein Problem haben, gegen Frauen zu spielen. Seine Kumpels lachen ihn schon vier Wochen vorher aus.“ Nach Dobromyslowas Niederlage fügte er hinzu, das Einzige, worin sie ihren Konkurrenten schlagen könne, wäre mit der Wahl ihrer Klamotten.

Erwachsene Sportlerinnen als „Mädels“

Nicht nur der Kommentator Basti Schwele versuchte mit einem „Jetzt ist gut“ dagegenzuhalten, auch im Netz erntete Shumway harsche Kritik für seine sexistischen Kommentare. Am Ende versuchte sich er noch mit einer halbherzigen Nicht-Entschuldigung rauszureden, in der er erwachsene Sportlerinnen als „Mädels“ betitelte und von sich wies, dass er sich sexistisch geäußert habe. Doch es war zu spät, denn statt der Frauen muss nun Shumway ­gehen.

Die schnelle Reaktion des Senders ist zu begrüßen, doch ändern wird das in der Darts-Welt vermutlich nichts. Denn auf den einen Shumway wird woanders ein neuer auftauchen. Darts ist eine Männerdomäne. Zwar gibt es seit knapp zwei Jahrzehnten auch eine Frauen-Darts-WM, doch die bekommt weniger mediale Aufmerksamkeit und ist mit einem deutlich niedrigeren Preisgeld dotiert.

Machogehabe der Kommentatoren ist nur ein Teil des strukturellen Problems

Dass Frauen im Darts weniger sichtbar sind, liegt nicht nur an der fehlenden Förderung, sondern auch an ebensolchen sexistischen Sprüchen. Doch das Machogehabe der Kommentatoren ist – natürlich – nur ein Teil des großen strukturellen Problems der Frauenverachtung, unter dem auch nicht nur Darts, sondern ein Großteil des Sports leidet.

Dieser Sexismus beginnt beim Marketing, geht über die Berichterstattung bis hin zum Missbrauch. Denn während seit über einem Jahr weltweit über Sexismus diskutiert wird, entspricht die Darstellung von Frauen im Sport noch immer Geschlechterbildern aus dem letzten Jahrhundert. Das hat sich allein in diesem Jahr wiederholt – und nicht nur beim Darts – gezeigt.

Frauenbild im Sport

So wurde die norwegische Fußballerin Ada Hegerberg kürzlich bei der Verleihung des Ballon d’Or féminin zum Twerken, also einem hoch-sexualisierten Powackel-Tanz, aufgefordert. Claudia Neumann, die erste weibliche Kommentatorin der Fußball-WM, wird im Netz beleidigt und bedroht. Aus dem einzigen Grund, dass sie eine Frau ist. Und auch als die Tennisspielerin Serena Williams kurz nach der Geburt ihres Kindes beim French Open im schwarzen Kompressions­anzug zum Spiel erschien, war die Aufregung groß – denn ohne Miniröckchen geht im Tennis für Frauen gar nichts.

Es sind Geschichten, die im Einzelnen nicht so schwer wiegen, doch das problematische Frauenbild im Sport aufzeigen. Daran etwas zu verändern liegt in der Verantwortung der Vereine, der Sportler*innen selbst, der Berichterstattenden und bei den Fans. Einen Kommentator zu feuern, der mit sexistischen Machosprüchen um sich wirft, kann also nur ein erster Schritt sein.

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19 Kommentare

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  • "Vielleicht mal eine Statistik, oder Suchmaschine, zum Thema Körperliche Leistungsfähigkeit bei gleicher Gewichtsklasse von Mann/Frau (Falls Ihnen diese Zweiteilung kurz erträglich ist...) bemühen?"

    Wozu? Was sollte das aussagen?



    Wenn Männer und Frauen bzw. Jungs und Mädchen allgemein gleichberechtigt wären, könnte man solche Statistiken betrachten, vorher nicht.

  • "Und ob Fußballvereine in der Bundesliga mit gemischten Teams gegen reine Männerteams einen Vorteil hätte, bezweifle ich."

    Weil sehr viel Männer im Fußball mehr gefördert werden als Frauen und es einfach mehr Männer gibt als Frauen, die Fußball spielen.



    Da es weit mehr Männer gibt, die Fußball spielen als Frauen, ist es logisch, dass Männer statistisch die besseren Leistungen erzielen.

    "Nur bei der rhythmischen Sportgymnastik sehe ich bessere Chancen für Frauen."

    Hier ist es andersrum als beim Fußball.

    Sie verwechseln Ursache und Wirkung.



    Wäre es so gewesen, dass Fußball als typischer Frauensport definiert worden wäre und rhythmische Sportgymnastik als typischer Männersport, hätten Sie das Gegenteil geschrieben.

    • @Lydia Stanke:

      Vielleicht mal eine Statistik, oder Suchmaschine, zum Thema Körperliche Leistungsfähigkeit bei gleicher Gewichtsklasse von Mann/Frau (Falls Ihnen diese Zweiteilung kurz erträglich ist...) bemühen?



      (Jungsmannschaften vs. FussballNationalFrauschaften in echten Spielen)



      Weiterhin, da die Suchmaschine gerade offen ist, vielleicht noch eine Suche, wie auch die hiesigen Journalisten, selbst als -Nerd sein- schon ein Modedetail war, über hochkonzentrierte, detailinteressierte, sozial mglw. weniger erfolgreiche Leute (Jungen und Männer natürlich) geschrieben haben... . (Kurze Orientierungshilfe > Pickel, blass, übergewichtig, fett[geht hier, schon ok], Keller, Dachgeschoss, kriegt keine ab, creepy, IT, Piratenpartei, Physik, Mint, Google, Schach, Dart, Angeln, Trainspotting, Work-Life-Balance)

      Erst der mögliche Status, scheint den Bereich dann interessant für Medien und für Quoten (und für Sie?) zu machen.



      An Ihrer Förderungsbehauptung ist natürlich etwas dran.



      Evolution und Selektion haben da glaube ich ganz übel unterschiedlich gefördert und hier ordne ich auch die Herabwürdigung der pickeligen übergewichtigen nach Bier/Mate/Schweiss riechenden Dart/Schach/Computerspieler ein, die trotzdem, möglicherweise auch aus Mangel an Alternativen, ihrer Faszination gefolgt sind (Wieviele da wohl zugrunde gehen?) und dann >>wenn Erfolg

  • 8G
    83492 (Profil gelöscht)

    "Geschlechtertrennung im Sport sind Unfug."



    Ein Vergleich der Weltrekorde und Jahresbestleistungen in Disziplinen mit objektiv messbaren Leistungskriterien (Leichtathletik, Gewichtheben, Schwimmen, Rad Zeitfahren, ...) zeigt aber, dass dann in der Spitze keine Frauen vertreten sein werden.

    Und ob Fußballvereine in der Bundesliga mit gemischten Teams gegen reine Männerteams einen Vorteil hätte, bezweifle ich.

    Nur bei der rhythmischen Sportgymnastik sehe ich bessere Chancen für Frauen.

    • @83492 (Profil gelöscht):

      "Ein Vergleich der Weltrekorde und Jahresbestleistungen in Disziplinen mit objektiv messbaren Leistungskriterien (Leichtathletik, Gewichtheben, Schwimmen, Rad Zeitfahren, ...) zeigt aber, dass dann in der Spitze keine Frauen vertreten sein werden."

      Warum ist das so? Ich erkläre es Ihnen gerne.



      Wenn man ein Geschlecht weit weniger fördert als ein anderes, dann ist es hinterher nicht verwunderlich, dass das bevorzugte Geschlecht die höchsten Leistungen vollbracht hat.

      Zur Veranschaulichung:



      Ein Kind bringt im Sportunterricht hervorragende Leistungen und wird deshalb gefördert.



      Ein anderes Kind bringt im Sportunterricht gleiche hervorragende Leistungen und wird nicht gefördert, weil es mal lieber Hauswirtschaft machen soll.



      Jahre später wird behauptet, dass das erste Kind aufgrund seines Geschlechts bessere Leistungen vollbracht hat als das andere.

      Verstanden?

  • Warum gibt es ausgerechnet 96 Startplätze und nicht 100?

    • @B. Sorge:

      Weil es einen "Turnierbaum" gibt.

    • @B. Sorge:

      2^5 + 2^6. In der erste Runde gibt es 32 Partien. Die Sieger treffen auf 32 gesetzte Spieler in Runde 2. Bei einem reinen K.O.-Turnier kommt man mit dem 10er-Zahlensystem nicht weit.

  • Es ist doch immer der gleiche Zirkus, Frauen werden nicht als gleichwertige Menschen akzeptiert und als Ausrede kommt dann immer irgendein stereotyper Schwachsinn.

    Top, dass der Sender tatsächlich so handelt, gerade im Sport insgesamt dürfte das ja eher üblich sein. Und da Kommentatoren wie Publikum sich in puncto Sexismus kaum was nehmen wird - umso erstaunlicher.

  • Ach der ALF, der alte Macho ;)

  • Alexander Diehl , Autor , Redakteur taz nord

    Gordon Shumway? War das nicht ALF?

    • @Alexander Diehl:

      Das war auch mein erster Gedanke als ich den Namen gelesen habe :-)



      Und ja, das ist er.

  • Bei Darts gibt es überhaupt keinen Grund für Geschlechtertrennung. Wie bei Schach. Also macht es gar keinen Sinn die zwei besten Frauen zur WM einzuladen. Die 100 besten Menschen sollten spielen.

    • @Bulbiker:

      Es gibt gar keine Sportarten, in denen Geschlechtertrennung gut begründet wäre.

      "Der Mann ist der Frau meist körperlich überlegen." Dieser undifferenzierte Spruch kommt meistens von sexistischen Lauchkörpern männlichen Geschlechts.

      Gewichtsklassen sind zuweilen sinnvoll. Geschlechtertrennung im Sport sind Unfug. Gleiche Förderung lautet das Stichwort.

  • Darts sind ein blödes Beispiel, um auf den Sport insgesamt auszuholen, denn diese Diszipin stellt in zweierlei Hinsicht eine Ausnahmerscheinung dar:

    1. Darts-Turniere sind - bei aller Leistung der Spieler, die man anerkennen sollte - aus Zuschauersicht vor allem bierselige Feier-Events, auf denen der Sport eine Nebenrolle spielt - klassische Männer-Besäufnisse.

    2. Darts gehört zu den wenigen Sportarten, die rein körperlich keinen Anlass für geschlechtergetrennte Wettbewerbe bieten.

    Unter diesen Bedinungen gezielt eine auch sportlich respektierte weibliche Präsenz zu etablieren, ist besonders komplex: Der Talentpool dürfte extrem überschaubar sein, reine Frauenveranstaltungen locken nicht, weil dort einfach nur schlechter gespielt wird als bei offenen, im Zweifel von Männern dominierten Veranstaltungen, Förderung gibt es im Zweifel ohnehin nicht groß.

    Von daher sollte die Autorin ehrlicherweise zugeben, dass die - völlig unmöglichen - Äußerungen des Sport1-Kommentators nur ein Aufhänger für einen kleinen Rundumschlag waren. Der hätte besser gewählt sein können. Im Fußball oder Tennis sind die Probleme GANZ andere.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Normalo:

      Gerne stimme ich hier Ihren Ausführungen zu, in denen Sie auf die wesentlichen Aspekte hingewiesen haben. Wie eng die Verbindung Bierseligkeit und Darts ist, musste erst kürzlich Michael von Gerwen, einer der massgeblichen Protagonisten dieses Sports, erfahren.

      Die Atmosphäre einer Sportveranstaltung ist für mich so wichtig wie die Sportart selbst. Als Mensch mit elitärem Bewusstsein halte ich mich aus guten Gründen von solchen 'Events' fern - auch im TV.

      Ich liege im Zweifelsfall lieber auf meinem Bett, starre an die Decke und lasse meine Fantasie auf Reisen gehen.

  • Unabhängig von den Sprüchen versteh ich nicht, warum es in einem "Sport" wie dem Darts verschiedenen Weltmeisterschaften für Frauen und Männer gibt. Körperliche Unterschiede dürften kaum eine rolle spielen. Beim Reiten gibt es auch nur eine gemischte Konkurrenz.

    Nun haben sich aber 94 Männer qualifiziert und dann wurden noch die besten 2 Frauen eingeladen. Wenn es Frauen in diesem "Sport" so schwer haben und und so wenig Preisgeld verdienen, dann doch vor allem wegen den fehlenden Zuschauern. Es heißt doch auch immer bei den Fußballspielern und Fußballspielerinnen, dass das nicht fair ist, aber für Fußballspiele von Frauenmannschaften interessieren sich die meisten Frauen dann doch nicht und geben dafür kein Geld aus und somit verdienen die Spielerinnen weniger. Warum wollen Frauen also, dass Sportlerinnen mehr Geld verdienen, wenn sie sich auf der anderen Seite gar nicht für diese Sportarten interessieren?

    • @hopfen:

      Ich bin mir nicht ganz sicher, meine aber zu wissen, dass es auch im Schach eine solche Trennung gibt. Dies ergibt ebensowenig Sinn, wie beim Dartspiel.

      • @Hampelstielz:

        Aus Wikipedia zur Schachweltmeisterschaft für Frauen:

        Beim Schach ist es anders als bei vielen anderen Sportarten üblich, dass Frauen gegen Männer antreten. Der Wettbewerb um den Titel des Schachweltmeisters (fälschlicherweise auch Weltmeisterschaft der Männer genannt) steht beiden Geschlechtern offen, wird aber in der Praxis klar von Männern dominiert. Manche Schachspielerinnen beteiligen sich bewusst nicht an den Kämpfen zur Frauenweltmeisterschaft

        Im Schach gibt es also eine allgemeine Weltmeisterschaft für beide Geschlechter (bei der allerdings hauptsächlich Männer antreten) und eine zusätzliche, nur für Frauen