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Sendeverbote für russische StaatsmedienAutoritäre Signale schwächen die EU

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Die EU darf russischen Staatsfunk wie RT Deutsch verbieten. Mit der Entscheidung schwächt der EuGH die Position der EU gegenüber autoritären Mächten.

Nachrichtenredaktion des Fernsehsenders Russia Today im Dezember 2020 in Moskau Foto: Alexander Shcherbak/TASS/imago

D ie EU darf die Ausstrahlung russischer Staatsmedien wie RT France, RT Deutsch und Sputnik weiter verbieten. Das entschied nun das Europäische Gericht (EuG) in Luxemburg. Das ist in mehrfacher Hinsicht bedenklich.

Die Sendeverbote sind Teil des EU-Sanktionspakets. Aber handelt es sich tatsächlich um Sanktionen? Eigentlich sollen Sanktionen die Gegenseite zwingen, rechtswidriges Verhalten aufzugeben. Deshalb wird der Handel stark reduziert und das Vermögen von vermeintlich einflussreichen Oligarchen eingefroren.

Sendeverbote üben aber keinen Druck aus, sondern sollen russische Desinformation und Propaganda verhindern. Es geht hier also um Medienaufsicht, für die die EU keine Kompetenzen hat. Die Luxemburger Rich­te­r:in­nen waren – wie in Kompetenzfragen üblich – großzügig und entschieden: Die EU habe bei der Auswahl geeigneter Sanktionen einen weiten Spielraum.

Ärgerlich ist aber weniger die Kompetenzanmaßung, sondern vor allem das falsche innenpolitische Signal. Hier werden präventiv Sender stillgelegt, statt wie üblich auf die Kraft des Diskurses zu vertrauen und Verbote auf konkrete Straftaten und Verletzungen von Persönlichkeitsrechten zu beschränken.

Kein Unterschied zum russischen Vorgehen erkennbar

Dies spricht weder für Selbstvertrauen in die demokratische Debatte freier Gesellschaften, noch ist ein klarer Unterschied zum russischen Vor­gehen gegen westliche Sender erkennbar. Die EU wird durch solche autoritären Maßnahmen nicht gestärkt, sondern geschwächt.

Es könnte der falsche Eindruck entstehen, dass prorussische Argumentationen in der EU generell ausgegrenzt werden. Dies ist nicht der Fall: Jeder darf vor Waffenlieferungen an die Ukraine warnen, die Nato-Erweiterung für gefährlich halten und russische Einflusssphären fordern. Nur russische Staatssender dürfen dies derzeit nicht.

Dieses Sendeverbot ist also tendenziell überflüssig. Russische Propaganda und Perspektiven haben viele Verbreitungswege. Darauf sollte – wie in freien Gesellschaften üblich – mit Argumenten reagiert werden, nicht mit Verboten.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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11 Kommentare

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  • RT ist kein Medium. Es ist kein Teil eines echten Diskurses. Es ist eine Waffe Russlands gegen unsere Freiheiten.

    Diese Waffe unschädlich zu machen, stärkt die EU.

  • 6G
    659975 (Profil gelöscht)

    Ja, schade, dass die Briten und die Sowjets den Vertrieb des "Völkischen Beobachter" in englisch für London und russisch für Moskau damals nicht zugelassen haben.



    Ich meine nur, wegen dem Diskurs....

  • "...Sender stillgelegt, statt wie üblich auf die Kraft des Diskurses zu vertrauen..."



    Man kann RT ja wieder senden lassen, sobald dort so etwas wie ein ehrlicher Diskurs vorhanden ist.



    Diskutieren oder verhandeln geht nur, wenn beide Seiten es wollen.

  • Im russichen Staats-TV fabuliert man in "bester" faschistischer Traditon über die effizienteste Art die Ukrainer kollektiv ins Jenseits zu beförtern: lieber KZs oder doch mal kurz "nuke 'em all"? Knifflige Frage zugegebenermaßen für so (noch) genoziduerfahrene Berufsbilder wie TV-Moderator:in. RT hingegen versucht in bester Propagandamanier dieses fürs befeindete Ausland als "völlig normal" zu etablieren und eigener "Wahrheit" (u.a. zur Notwendigkeit des oben beschriebenen) zur Vorherrschaft zu verhelfen. Und all das on journalistischen - geschweige denn moralischen - Standards völlig unbeeindruckt. Die in Russland verbotenen und drangsalierte Medien (westliche wie einheimische - siehe Doshd) versuchen mit demokratischer, pluralistischer und wahrheitsgetreuer Weise dem Auftrag freier Medien nachzukommen. Derweil scheint der TAZ-Autor hier arge Schwierigkeiten die beiden Vorgehen auseinander zu halten, hält sie sogar für analog legitimiert (oder analog verwerflich). Das scheint mir eine eigenwillige Parallele! Blendet man vorsätzlich den Inhalt aus, ist mithin alles gleich. Wir goutieren solche Sprechakte wie Liebeserklärungen, sanktionieren hingegen Hassrede und Volksverhetzung. Auf ihrem Niveau des Vergleiches, unter Ausblendung von Inhalt und Motivation, gleichen sich aber auch diese wie DW und RT. Vielleicht sollte der Autor doch nochmal ein bisschen genauer hinschauen? Vielleicht gibt es doch einen entscheidenden und auch in Rechtsfragen relevanten Unterschied? Good luck - ich jedenfalls drücke feste die Daumen für rethinking!

  • Wenn man sich seiner Argumente gegen X nicht sicher ist oder die Angesprochenen 'zu dumm' sind, diese zu verstehen, spricht man halt ein Verbot dagegen aus.



    Je bürokratischer eine Institution ist, desto beliebter ist diese Holzhammermethode, vgl. z.B. DDR.

    • @Nairam:

      RT und Co sind keine Medien, sie verstehen sich selbst ganz eindeutig und explizit als Teil des russischen Staatsapparates. Maria Simonyan ist nicht einfach nur Chefin von RT, sie ist de facto die russische Propagandaministerin und wird auch in Russland selbst als solche betrachtet. Die Inhalte von RT sind keine - sie sind nicht "die russische Perspektive". Sie sind Desinformation und Propaganda. Und sie sind eben KEIN Teil des Diskurses, sondern sind im Gegenteil ganz darauf ausgerichtet, den Diskurs zu vernichten, z.B., in dem sie ganz fundamental das Prinzip Wahrheit zerstören. Man erinnere sich nur an die "Berichterstattung" nach dem Abschuss von MH-117 durch russische Rechtsextreme: dutzende, teils komplett absurde, sich manchmal widersprechende "Theorien" wurden über das Geschehnis in die Welt gesetzt - bis auf die Fakten und die plausibelste Theorie. Das hat nichts mit Meinungspluralismus zu tun - nein, es geht einfach nur darum, die Konsumenten zu verwirren und zu umnebeln, bis sie am Ende denken, sie könnten die Wahrheit sowieso nicht wissen. Was sie wiederum keineswegs skeptischer macht, sondern im Gegenteil gefügiger.

      Wie eine Russin anlässlich des Falls "Lisa" im Fernsehen sagte: "Ich weiß nicht, ob es stimmt, aber ich glaube es."

      Und genau deswegen ist RT nicht schützens-, sondern bekämpfenswert.

    • @Nairam:

      Das Verbot des Mordes zeigt auch nur, dass man sich der Argumente gegen den Mord nicht sicher ist, was?

  • "Hier werden präventiv Sender stillgelegt, statt wie üblich auf die Kraft des Diskurses zu vertrauen".

    ...Mmhh..?

    Da Frage ich mich: gilt dieser Satz noch uneingeschränkt, wenn man davon ausgehen muss, dass die russische Propaganda in Bubbles und Echokammern abgeschottet und verstärkt, eine Eigendynamik entwickelt..

    Ist unter diesen Umständen ein umfassender Diskurs überhaupt noch möglich.??

  • Es mag richtig sein, dass die widerliche russische Propaganda und ihre maßlosen Lügen leider auch andere Wege der Verbreitung findet. Schlimm genug, aber das sollte nicht als Argument gelten die Kanäle nicht zu stopfen, die wir stopfen können.

    Auch die anderen Argumente sind nicht valide: Es muss doch mittlerweile jedem klar sein, dass das was in Moskau an Lügen dem eigenen Volk und der Welt verabreicht vollkommen unbeeinflusst ist von dem, was der Westen wirklich tut. Wir könnten das Programm von RT ungefiltert auf den Sendeplätzen von ARD, ZDF und RTL gleichzeitig laufen lassen und trotzdem würde man in Moskau behaupten es gäbe bei uns nur russophobe Berichterstattung und keine Medienfreiheit. Ist das denn so schwer zu verstehen?

  • Ich fand RT immer schon absolut widerlich. Die Murdoch-Schmierblätter und so manches deutsches Pendant aber nicht minder.

    Ja, ohne Verbote wär's mir lieber.

  • Dem Kommentar kann ich durchaus zustimmen.