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Schwarzer Jugendlicher erschossenUS-Polizist wegen Totschlags verurteilt

Laquan McDonalds Tod im Kugelhagel eines Polizisten befeuerte die Debatte über Polizeigewalt in den USA. Nun wurde der Schütze wegen Totschlags verurteilt.

Freude über das Urteil: Erstmals seit 50 Jahren muss ein Polizist in Chicago nach tödlichen Schüssen ins Gefängnis Foto: ap

Chicago ap | Urteil in einem US-weit für Aufsehen sorgenden Fall von Polizeigewalt: Ein weißer Polizist wurde am Freitag in Chicago wegen tödlichen Schüssen auf einen schwarzen Jugendlichen des Totschlags schuldig gesprochen. Der 17-jährige Laquan McDonald war 2014 mit 16 Schüssen getötet worden. Erstmals seit 50 Jahren muss ein Polizist in Chicago nun nach tödlichen, im Dienst abgegebenen Schüssen wegen Totschlags hinter Gitter. Das Strafmaß dürfte bei unter 20 Jahren Haft liegen.

Ein Video einer Polizeikamera hatte den Vorfall vor vier Jahren festgehalten und nach der Veröffentlichung im November 2015 landesweite Empörung ausgelöst. Nach den Schüssen wurde eine Ermittlung der Bundesbehörden eingeleitet, Rufe nach einer Reform der Chicagoer Polizei wurden laut. Der Fall rund um McDonald machte die Metropole zum Zentrum der nationalen Debatte über Fehlverhalten der Polizei und Polizeigewalt.

Die Geschworenen urteilten, es habe sich um Totschlag und nicht Mord gehandelt, weil der Polizist Jason Van Dyke während des Geschehens geglaubt habe, sein Leben sei in Gefahr. Hätte die Jury entschieden, die Schüsse seien unnötig und ohne Grund gefallen, wären die Bedingungen für ein Mordurteil mit einer Haftstrafe von mindestens 45 Jahren gegeben gewesen. Verteidigungsexperte Steve Greenberg sagte, Van Dykes Gefängnisstrafe werde vermutlich maximal bei sechs Jahren liegen.

McDonald hatte ein Messer getragen und war von den Polizeikräften weggegangen, als Jason Van Dyke auf ihn feuerte. Der Polizist sagte aus, der Jugendliche sei auf ihn zugelaufen und habe seine Anweisung, das Messer fallen zu lassen, ignoriert. In dem Video war aber zu sehen, wie McDonald im Kugelhagel zu Boden ging, als er sich von den Polizisten entfernte.

Sonderstaatsanwalt Joseph McMahon sagte, das Urteil biete Gerechtigkeit für afroamerikanische Gemeinschaften weit über Chicago hinaus in den gesamten USA. Ein Sprecher der Familie McDonald erklärte, viele Anwälte hätten einen Sieg vor dem Prozess für unmöglich gehalten. Über das Urteil freue er sich dennoch nicht, denn nun gehe ein Mann ins Gefängnis, bekundete der Geistliche Marvin Hunter. „Ich habe seine Frau und seinen Vater gesehen. Seine Frau und Tochter haben den Abzug nicht gedrückt. Ich habe den Schmerz in diesen Menschen gesehen. Es ärgert mich, dass sie keinen Schmerz in uns gesehen haben.“

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3 Kommentare

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  • Ich verstehe zwar die Freude über eine Verurteilung des Polizisten, aber durch die, trotz überwältigender Beweise Rechtsbeugung zu einem Totschlag bleibt die Tat mehr oder weniger ungeahndet, denn es war Mord.



    Viele Mordprozesse stützen sich auf Indizien, mangeln immens an stichhaltigen Beweisen und trotzdem werden die Beschuldigten verurteilt. Hier hat man sogar Videomaterial und der Bulle wird trotz allem vorteilhaft behandelt. Die Strafvereitelung im Dienst ist wohl für Justiz und Staat wenig bedeutend, sollte aber an sich schon eine entsprechende Ahndung nach sich ziehen.

    • @Hampelstielz:

      Worauf würde sich Ihr Mordvorwurf denn begründen?

      • 6G
        60440 (Profil gelöscht)
        @rero:

        Hmmh. 16 Kugeln in den Rücken eines sich entfernenden Minderjährigen ...