Schwänzen an Fridays for Future: 88,50 Euro Bußgeld wegen Greta
Weil sie für die Demo geschwänzt haben, sollten Mannheimer Schüler Bußgelder zahlen. Aber nun hat die Stadt zurückgezogen.
Fünf Schüler des Geschwister-Scholl-Gymnasiums erhielten einen Brief vom Ordnungsamt. Sie sollten 88,50 Euro zahlen. 60 Euro Geldbuße, 25 Euro Gebühr und 3,50 Euro Auslagen.
Der kalkulierte Unterrichtsboykott von Tausenden SchülerInnen für die Klimaproteste ist seit Beginn der wöchentlichen Demonstrationen auch in Deutschland vor einigen Monaten umstritten. Konservative Politiker sind dagegen und pochen auf die Schulpflicht. So riet Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) den Schülern, ihre Proteste in die Freizeit zu verschieben. Sanktionen in Form von Geldbußen waren bislang nicht bekannt geworden.
Ein 14-Jähriger erzählte dem Mannheimer Morgen, er sei bisher zweimal auf einer „FfF“-Demo gewesen. „Wir haben nie den ganzen Tag gefehlt“, sagt der Jugendliche, der anonym bleiben wollte. „Nur die letzten zwei Stunden.“
„Politisch neutrale“ Schulleiterin?
Wochen später kam der Anhörungsbescheid. „Ihnen wird zur Last gelegt, am 24. 5. 2019 in Mannheim als Schulpflichtiger folgende Ordnungswidrigkeit begangen zu haben: Sie haben von der 5. bis zur 6. Stunde vorsätzlich den Unterricht an der Geschwister-Scholl-Schule versäumt.“ Das Beweismittel sei das Klassentagebuch. Die Zeugin: Silke Herr, die Schulleiterin.
Sie „habe als Schulleiterin gehandelt“, antwortete Herr auf die Frage, was sie von der Bewegung halte. „Schulen haben sich politisch neutral zu verhalten. Ich habe nicht nachzufragen, warum geschwänzt wird. Fakt ist: Es wurde geschwänzt.“
Wenn die Schulen nichts dagegen täten, kämen sie in Erklärungsnot. „Vor allem bei Schülern, die aus anderen Gründen unentschuldigt fehlen“, sagte Herr. Nachdem sogenannte Aufklärungsgespräche gescheitert seien, habe sie deshalb das Ordnungsamt alarmiert. Für die Freitagsdemos lassen sich in Mannheim und anderswo viele Schüler von ihren Eltern entschuldigen.
„Andere Personen haben an dem Tag auch wegen was ganz anderem geschwänzt, da ist nichts passiert“, sagt Valentin Stern von Fridays for Future Mannheim. Die Sanktionen hätten auch einen politischen Hintergrund. Bei der FfF-Demo in Mannheim an diesem Freitag soll für die Bestraften Geld gesammelt werden.
Allerdings teilte die Stadt Mannheim am Freitag mit, vier Bußgeldbescheide wieder aufgehoben zu haben. Es gebe jährlich rund 300 Bußgeldverfahren wegen „klassischen“ Schulschwänzens, die Schule hätte für die Demonstranten andere Maßnahmen als die Bußgelder ergreifen können.
Schulstreik geht auch ohne Schule
Trotz Schulferien will FfF paralell dazu am Freitag in insgesamt 25 deutschen Städten für mehr Klimaschutz protestieren. Dazu reist sogar die schwedische FfF-Ikone Greta Thunberg nach Berlin. „Wir sehen uns um 10 Uhr am Invalidenpark!“, schrieb Thunberg auf Twitter. Sie sei auf dem Weg nach Frankreich. Hier soll sie am Sonntag in der Normandie einen Preis erhalten. Am Dienstag redet sie vor der Nationalversammlung in Paris.
Zuletzt war die 16-jährige Thunberg am 29. März in Berlin – und hatte einen Demonstrationszug von mehr als 25.000 Menschen angeführt. Nach Angaben der Berliner Polizei sind für die Klimaproteste am Freitag 1.000 Menschen angemeldet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen