Schwächen beim Wissenstransfer: Holpriger Weg in die Praxis
Innovative Produkte und soziale Innovation soll der Wissenstransfer in Wirtschaft und Gesellschaft bringen. Es mangelt dabei nicht nur an Geld.
Der Transfer von wissenschaftlichen Erkenntnissen in die Wirtschaft wie auch in die Gesellschaft gehört für die Wissenschaftseinrichtungen zur sogenannten „Dritten Mission“. Während die beiden ersten Missionen – nämlich Lehre und Forschung – althergebracht und in der Regel gut organisiert und ausgestattet sind, hat es der Transfer bislang schwer. Auch bei einem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), das die beiden Hauptaufgaben schon im Namen trägt, fällt das Thema Transfer dann meist doch irgendwann durch die Ritzen der Zuständigkeit.
Gerade hat der jüngste Bericht der „Gemeinsamen Wissenschaftskommission“ (GWK) der 17 Bundes- und Landes-Wissenschaftsminister, der vorigen Freitag veröffentlicht wurde, das schwache Engagement der deutschen Forschungsorganisationen für den Wissens- und Technologietransfer moniert.
Dabei geht es vor allem um zwei Aktionsrichtungen. Mit dem Transfer in die Wirtschaft sollen innovative Produkte ermöglicht werden, die auf dem Markt erfolgreich sind und das Bruttosozialprodukt heben. Beim Transfer in die Gesellschaft werden „soziale Innovationen“ unterstützt, etwa die gesellschaftliche Selbstorganisation im Bereich der Energiewende.
Die Ampel-Regierung wollte in ihrem Koalitionsvertrag beide Ansätze mit einem neuen institutionellen Format zusammenbinden: der „Deutschen Agentur für Transfer und Innovation“ (DATI). Allerdings dümpelt das Agentur-Projekt seit Anfang 2022 politisch vor sich hin und kommt nicht in die Gänge, das heißt zu einem Kabinettsbeschluss. Nach dem neuesten Etatentwurf sieht es auch fürs nächste Jahr für DATI – deren förmliche Gründung immer noch aussteht – finanziell nicht glänzend aus. Hinzu kommt, dass es jetzt spürbar im Ampel-Bündnis knirscht: Die SPD will Geld in einer Zwischenaktion für die Fachhochschulen und ihren Transfer ausschütten, was bei den anderen nicht gut ankommt, die mehr für „regionale Innovationsökosysteme“ ausgeben wollen – ein aus Schweden importiertes Lieblingsvorhaben der Grünen.
Überdies hat eine vom BMBF eingesetzte DATI-Gründungskommission kürzlich ein Grundsatzpapier vorgelegt, das unter dem Begriff „Transferexzellenz“ eine völlig andere Transferrichtung vorschlägt. Statt wie bisher üblich, fertige Forschungsergebnisse der Wissenschaftler abholbereit ins Schaufenster zu stellen, das Angebotsmodell, wird nun eine Orientierung auf die Nachfrageseite priorisiert: Welche Neuerungen brauchen Wirtschaft und Gesellschaft wirklich, vor allem vor dem Hintergrund der großen Transformationsaufgaben? Forschung-on-demand sozusagen. Daran wird die neue DATI-Führung zu knabbern haben, aber ob die Ausschreibung für die Transferspitze in den nächsten Monaten noch zustande kommt, ist ungewisser denn je.
Auch die Wissenschaftsseite schwächelt, wie der jüngste Monitoring-Bericht der GWK etwa mit Kennzahlen zu Ausgründungen und Patenten belegt. So ist bei den Spin-off-Firmen seit 2015 die Fraunhofer-Gesellschaft für angewandte Forschung mit 20 bis 30 Ausgründungen pro Jahr zwar führend – das ist aber nicht viel bei einer 30.000-Personen-Organisation. Dahinter folgt die Helmholtz-Gemeinschaft der Großforschungszentren mit um die 20 Ausgründung pro Jahresschnitt. Der Einbruch für beide kam im letzten Coronajahr 2022: Bei Fraunhofer gab es nur noch 18 Gründungen, bei Helmholtz 14. Erstaunlicherweise schnellte Max-Planck mit 10 Gründungen auf seinen Bestwert seit 2016 hoch.
Inzwischen geht die Kurve bei der Nobel-Schmiede wieder nach unten, während sich die beiden anderen wieder leicht verbessern konnten, aber doch unter den Vorjahreswerten blieben. Erklärungen dafür bleibt die GWK-Bilanz schuldig. Die Leibniz-Gemeinschaft hat im Gründungsgeschehen kontinuierlich abgebaut, liegt 2023 bei nur noch 3 Ausgründungen.
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