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Schauspieler Wanja Mues über Klimawandel„Das Auto belästigt den Menschen“

In einer klimaneutralen Welt könne es keinen Kapitalismus geben, sagt der Schauspieler Wanja Mues. Aufs Fliegen zu verzichten, sei hingegen einfach.

Wo es keine Parkflächen mehr gibt, muss man eben stapeln Foto: Thomas Frey/dpa
Interview von Nathanael Häfner

taz: Herr Mues, haben Sie heute schon versucht, das Klima zu retten?

Wanja Mues: Das sollte sich jeder tagtäglich fragen. Ich persönlich verzichte auf das Auto und fahre so weit möglich mit der Bahn. Flüge habe ich im Vergleich zu früher um 90 Prozent reduziert. Bahnfahren ist entspannter und muss gar nicht langsamer als das Flugzeug sein. Während der Pandemie bin ich auch mal neun Stunden nach Belgien gefahren. Allerdings: Wenn mehr Menschen umsteigen sollen, müssen die Züge pünktlicher kommen und der Komfort sich verbessern. Nur so können wir das Auto verdrängen.

Hand aufs Herz: Haben Sie zu Hause Ökostrom?

Logo, das geht superschnell, und es war auch kinderleicht, sich umzumelden. Oft ist der Strom dadurch sogar billiger als vorher. Allerdings muss man aufpassen, da einige Anbieter sich auch grün geben, aber dann doch Graustrom aus fossiler Energie haben.

Worauf freuen Sie sich in der klimaneutralen Welt?

Ich denke, in einer klimaneu­tralen Welt wird es den Kapitalismus in der jetzigen Form nicht mehr geben. Mir gefallen die Ansätze des Ökohumanismus von Pierre Leonhard Ibisch und Jörg Sommer, Mensch und Natur müssen radikal im Einklang leben. Das schließt den aktuellen Kapitalismus aus. Leider ist der Mensch zu sehr Raubtier, zu viele denken nur an sich. Ansonsten muss ich an einen Dreh zu Martha Liebermann in Prag kürzlich denken. Der Film spielt in den 40er Jahren, daher haben wir alle Autos weggeparkt. Da ist mir noch mal bewusst geworden, wie schön Städte sein können. Das Auto belästigt den Menschen und verschwendet Platz.

Im Interview: Wanja Mues

Jahrgang 73, Film-, Theater- und Fernsehschauspieler, lebt mit Frau und zwei Kindern in Berlin. Bekannt aus dem „Tatort“ und Kinofilmen wie „Yella“.

Macht Ihnen die Klimakrise Angst?

An sich würde ich mich als Optimisten bezeichnen. Wir können den Planeten noch retten. Nur hätten wir dafür schon gestern handeln müssen. In diesem Sinne bereitet mir Sorge, wie träge Entscheidungsträger und Politiker handeln. Wir können nicht noch 50 Jahre den Benzinmotor haben und einfach so weitermachen. Echter Klimaschutz bedeutet große Veränderungen.

Macht Ihnen die ungewisse Zukunft Angst?

Veränderung ist unabdingbar. Es kann nach den letzten Jahrzehnten eigentlich nur besser werden. Lust habe ich vor allem auf den Planeten in all seiner Schönheit. Ich engagiere mich auch für den Verein Orang-Utans in Not. Von dessen Vorsitzender Julia Cissewski habe ich davon in der Talkshow „Riverboat“ erfahren und anschließend gefragt, wie ich helfen kann. Als ich mit meiner Familie im Regenwald war, hat mich dieses Paradies begeistert, aber auch die Zerstörung entsetzt. Daher kann ich nur raten, vielleicht der Oma eine Patenschaft für einen Orang-Utan zu Weihnachten zu schenken, um die Arbeit dieses Vereins zu unterstützen.

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23 Kommentare

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  • Mal nachdenken ... warum fahre ich mit dem Auto ?

    Zuerst: Um zur Arbeit zu kommen. 70 km ein Weg.

    Dann zum Einkaufen: Fünf Kilometer Umweg einmal die Woche.

    Eltern besuchen: Einmal pro Monat 210 km.

    Also ich für meinen Teil fahre kaum einen Kilometer "freiwillig".

    Aber mein Brötchchengeber sitzt weit außerhalb, fern der Wohnviertel.



    Und einen Brötchen-, Käse, Gemüse- oder Eiswagen gibt es hier schon lange nicht mehr.

    Da ist doch die Frage, wer von dem Autoverkehr wirklich profitiert (hat) ...

    • @Bolzkopf:

      > "Also ich für meinen Teil fahre kaum einen Kilometer "freiwillig"."

      Es muss schlimm sein, die ganze Zeit von einem stalkenden bewaffneten Gangster, der mit der Pistole auf einen zielt, zum Autofahren gezwungen zu werden.

      Was mich wundert ist, dass der in den Werbeanzeigen für Autos nie zu sehen ist.

      • @jox:

        Doch ist es: Sie müssen nur genau hinsehen. Ich würde mir die 2 1/2 Stunden im Auto auch gerne ersparen.



        Aber da kommt jeden Morgen so ein Mann mit Schirmmütze und wirft Rechnungen in meinen Briefkasten...

        • @Bolzkopf:

          Der Schuft. Wie kann er nur?!

  • Mit der Regionalbahn in den Regenwald. Ja ja .... Ups, sehe grad, Reisehank hat sich schon das Gleiche gefragt. Und um seine Flüge um 90 Prozent zu reduzieren muss mensch erstmal viel viel geflogen sein. Gelaber eben.

    • @lesnmachtdumm:

      Wie sieht denn Ihre historische Klimabilanz aus?

  • 0G
    05989 (Profil gelöscht)

    Was mich beruhigt, ist das Folgende: Auch die, die heute durch Status und Vermögen in der Lage sind, aus eigener Überzeugung das Richtige zu tun, sitzen dennoch im gleichen Schei*haus mit allen anderen.

    Das Problem ist eher, dass sie mit ihrer Ideologie von der Individualisierung der globalen Probleme - frei nach Kant: Wenn alle das Richtige tun, wird es gut - die eigentlich notwendigen Entscheidungen verhindern.

    So wie FDP wählen... Man denkt, man tut was für die Liberalität, und wählt die schamlose Dikatur des Geldes.

    Wenn wir die Ursachen für den hohen Bedarf an Individualmobilität, Energie und Resourcen nicht beseitigen können, erwartet uns in jedem Fall eine Katastrophe.

    Wir brauchen kein Flugverbot, Tempo 130 oder das Aussperren von Verbrennern (also auch, aber nicht primär), sondern eine Wirtschafts- und Sozialpolitik, in der diese Bedarfe nicht mehr entstehen.

    Billiges Wohnen, Arbeiten und Leben in der Fläche, auskömmliche Löhne und eine gute Mindestrente sind die Grundbausteine, aus der eine decarbonisierte Gesellschaft besteht.

    Der Rest ergibt sich dann mehr oder weniger von selbst. Und es würde helfen, wenn wir im überbevölkerten globalen Norden viel Weniger wären...

    • @05989 (Profil gelöscht):

      > Wir brauchen kein Flugverbot, Tempo 130

      Ein Flugverbot alleine wird es sicher nicht richten.

      Nur, wenn wir uns noch im Jahr 1990 befänden, und durch entschiedene Rahmenmassnahmen den Ausstoß jährlich um 5% verringern würden, könnten wir auf harte Maßnahmen verzichten.

      Das haben wir aber nicht gemacht, das haben wir versägt, und daher brauchen wir harte und effektive Maßnahmen, wir müssen alles tun was wirtschaftlich irgendwie tragbar ist.

      Ein Flugverbot ist effektiv, weil die allermeisten Flüge der Freizeitgestaltung dienen. Natürlich muss man den Flugbegleitern etc. andere Jobs anbieten und die Umstellung finanzieren, aber die Pandemie hat gezeigt, dass das nicht nur geht und, wenn man will, auch Geld da ist, sondern etliche Flugbegleiter und PilotInnen haben schon von selber umgesattelt. Die Flugindustrie bietet ohnehin keine Zukunft oder sichere Jobs mehr,

      Mag bitter sein für die Ingenieure bei Airbus aber lieber ein paar arbeitslose Ingenieure als einen für alle weiteren Generationen zerstörten Planeten.

      Und wie gesagt, auch das reicht noch nicht, aber es ist ein überfälliger erster Schritt. Wenn man bis zum Hals im Dreck und Schlamm steckt, sollte man erst mal aufhören, weiter zu buddeln.

    • @05989 (Profil gelöscht):

      Da stimme ich in so ziemlich allem 100% zu und wüsste nicht, wie man es besser formulieren sollte.

      Nur was das Thema Überbevölkerung angeht, habe ich einen etwas anderen Standpunkt. Die bloße Zahl der Menschen ist nicht das Problem, weder im globalen Norden noch im Süden. Mit einem anderen Verhalten und einem anderen Wirtschaftssystem könnte der Planet denke ich locker mit der doppelten Zahl an Menschen umgehen.

      Wenn wir schon mal motorisierten Individualverkehr auf nahe Null und Fleisch(Milch-Ei-)konsum auf vielleicht ein Zehntel (besser wäre auch hier nahe Null, aber dass da alle mitmachen kann ich mir einfach nicht vorstellen) reduzieren würden, wäre schon sehr, sehr viel getan.

      • @kritikderkritikderkritik:

        Der Planet kann angeblich ca. 12 Milliarden Menschen aufnehmen, las ich vor nicht allzu langer Zeit. Voraussetzung wären weitgehend vegane Ernährung usw.

        Soll aber auch noch Platz für Orang-Utans, Elefanten, Wölfe, Bären usw. sein, dann halte ich 1 bis 3 Milliarden für realistisch.

        Als ich geboren wurde, waren wir schon mehr als drei Milliarden, nun mehr als das doppelte. Darin sehe ich keinen Vorteil, weder für die Menschheit noch für unsere Umwelt.

  • Und in den zu schützenden Regenwald mit den Orang Utans gings per Bahn?

    • @Reisehank:

      Bei dem Satz habe ich auch gestutzt:

      "Als ich mit meiner Familie im Regenwald war, hat mich dieses Paradies begeistert, aber auch die Zerstörung entsetzt."

      Sollen jetzt erstmal alle acht Milliarden Menschen in den Regenwald fliegen und sich über dessen Zerstörung entsetzen?

  • Nichts für ungut, Herr Mues. Jeder soll seine Meinung sagen können und die fallen sehr oft genauso dehnbar aus, wie die "Beschlüsse", die sich aktuell in Rom, immerhin von hochrangigen Weltpolitikern ergeben haben. Sie, Herr Mues, sind da in bester Gesellschaft.

  • Ja wieder , ein Artikel wo jemand der in Berlin lebt uns belehren will dass man kein Auto braucht. Das mag sein und gerne kann jeder in Berlin gerne auf sein Auto verzichten, wir hier in Bayern können das leider nicht….

    Aber wir finanzieren dafür den Berlinern Ihren Nahverkehr, damit di uns dann schön belehren können….

    Größter Empfänger von Zahlungen aus dem Länderfinanzausgleich im Jahr 2020 war nach vorläufigen Angaben mit rund 3,54 Milliarden Euro Berlin. Der größte Geber war das Bundesland Bayern mit 7,77 Milliarden Euro.

    Berlin sollte endlich mal aufhören über seine Bedürfnisse zu leben , dann hätten auch die andere Bundesländer mehr Geld um mehr Kinderbetreuung und einen besseren Nahverkehr anzubieten

    • @Thomas Zwarkat:

      Ich kenne selbst Menschen, die in Bayern leben. Ein Auto haben die nicht, sondern nutzen ÖPNV und Fahrrad.

    • @Thomas Zwarkat:

      Nun, Bayern trägt mit der Autoproduktion so viel zum Problem bei, dass es ruhig auch ein bisschen mehr zahlen kann. Das Auto bringt im Süden sehr wohl Wohlstand - allerdings massiv auf Kosten der anderen und der nächsten Generation.

      • @jox:

        Ach ja, wusste gar nicht das Wolfsburg, Stuttgart und Zuffenhausen, Eisenach , Dresden, alles zu Bayern gehört…

      • @jox:

        Dadurch ist Bayern auch in der Lage z.b. Berlin Geld durch den Finanzausgleich zu zahlen.

    • @Thomas Zwarkat:

      Ach, komm. Eure CSU-Verkehrsminister haben jahrzehntelang dafür gesorgt, dass umfassende Infrastrukturinvestitionen ins bayerische Straßennetz von bundesdeutschen Steuergeldern finanziert wurden. Das hat Söder dem Scheuer gerade noch mal bestätigt. Der Rest der Republik finanziert eure Bundesstraßen durch dünnbesiedeltes Gebiet und durch diverse Subventionen Arbeitsplätze in Ingolstadt und München gleich mit.

      • @Stefan Engels:

        Und auch in Bayern lebt nicht nur eine Mehrheit von Einwohnern in Städten (das ist fast überall so), sondern nur ein verschwindend kleiner Teil arbeitet noch auf dem Land in der Landwirtschaft.

        Da gibt es also eine Menge Leute, die in der Stadt arbeiten, und mit ihrem Audi dann zum Einfamilienhaus im Speckgürtel fahren. Aufgrund der deutlich größeren Entfernungen, die Autopendler im Mittel zurück legen, werden diese dann noch per Pendlerpauschale vom Rest der Steuerzahler subventioniert.

        Wenn es um die Interessen der von Landwirtschaft lebenden Bevölkerung ginge - das sind die Ersten, deren Existenz durch einen ungezügelten, außer Kontrolle geratenen Klimawandel massiv bedroht wird. Kann man gut sehen an den Olivenernten in Italien, den Weinernten in Südfrankreich, der katastrophal schlechten Ernte weltweit mit Hartweizen und so weiter. Wälder leiden in ganz Deutschland unter Trockenheit und durch sie verursachten Borkenkäferbefall. Und dem Weinbau an der Ahr haben die Fluten neulich ja auch nicht gut getan.

        Warum also sollten wirkliche Landbewohner, die von Landwirtschaft leben und direkt von halbwegs intakten Wettermustern abhängig sind, etwas haben gegen Maßnahmen, welche die Zerstörung des Klimas bremsen??

  • " Bahnfahren ist entspannter und muss gar nicht langsamer als das Flugzeug sein. "

    Na, fein. Hätten sie mal vorher mit Herrn Pötter gesprochen.

    Und schön, dass ein Berliner aufs Auto verzichtet. Wann werden Interviews mit den restlichen 3 Mio Berlinern und 81 Mio D geführt und abgedruckt?

    So fehlt der Mehrwert.

    • @fly:

      In Wirklichkeit lebt die Mehrheit der Deutschen in Großstädten. Die Bedürfnisse einer Minderheit von Landbewohnern als Argument dafür zu nehmen, dass es keine dringenst benötigte Veränderung bei der Verkehrsinfrastruktur geben soll, ist nicht schlüssig. Da braucht man halt andere Anpassungen auf dem Land.

      Und speziell in München (wo ich lebe) mal nicht mehr Autobahnen sondern eine zuverlässig funktionierende oder überhaupt mal funktionierende S-Bahn.

    • @fly:

      Einzelmeinungen sind auch relevant. Für das was Sie meinen, gibt es Umfragen und Statistiken.