Sahel-Gipfel in Tschads Hauptstadt: Militär allein reicht nicht aus
Frankreich will seine Antiterrormission in der Sahelzone doch nicht so schnell verkleinern. Ein Sahel-G5-Gipfel sucht nun nach neuen Wegen.
Vermutet worden war, dass die im vergangenen Jahr angekündigte Aufstockung um 600 auf rund 5.100 Soldat*innen wieder rückgängig gemacht wird. Die Mission hat in Mali kein gutes Standing, und in der Hauptstadt Bamako war vor vier Wochen eine Demonstration gegen die französische Präsenz verboten worden.
Doch auch in Frankreich gehen die Argumente aus, um den Einsatz zu rechtfertigen. 55 Soldat*innen sind bereits ums Leben gekommen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der per Videokonferenz am Gipfel teilnahm, kündigte „wesentliche Veränderungen“ an. Zuvor wolle man mit den Partnern darüber sprechen. Aktuell sei ein massiver Rückzug aber „ein Fehler“.
Bundesaußenminister Heiko Maas sprach sich gegen einen Kampfeinsatz der Bundeswehr in der Sahelzone aus. Diese beteilige sich bereits an der Stabilisierungsmission Minusma sowie der europäischen Ausbildungsmission EUTM, was eine Kraftanstrengung und ein gefährlicher Einsatz sei. Frankreich hatte zuvor immer wieder versucht, weitere Partner für das militärische Engagement zu finden.
Nach Ansicht Macrons war der Einsatz im vergangenen Jahr durchaus erfolgreich. Der Islamische Staat in der Großen Sahara habe im Grenzgebiet zwischen Mali, Burkina Faso und Niger an Rückhalt verloren und Verluste verzeichnet. Jetzt müssten weiterhin die Terrorgruppen bekämpft werden, die Kontakte zu al-Qaida haben. Man müsse sie „enthaupten“, so Macron.
2020 war das tödlichste Jahr für Zivilist*innen
Zeitlich passend zum Gipfel hatte Gastgeberland Tschad in der Nacht zu Dienstag ein Video im Kurznachrichtendienst Twitter hochgeladen, auf dem zu sehen ist, wie 1.200 zusätzliche Soldat*innen künftig in der Grenzregion eingesetzt werden. Dafür gab es umgehend Lob aus Frankreich.
Der Alltag sieht jedoch anders aus. Am ersten Januarwochenende wurden zwei schwere Angriffe auf Dörfer in der Region Tillaberi im Südwesten des Niger verübt, bei denen mehr als 100 Menschen starben. Aus Angst vor neuer Gewalt sind seitdem nach Informationen der Nothilfeagentur der Vereinten Nationen mehr als 10.000 Menschen in größere Dörfer geflohen. Unterschlupf gefunden haben sie bei Gastfamilien, die selbst kaum genug zum Überleben haben. Insgesamt liegt die Zahl der Binnenflüchtlinge im Zentralsahel bei mehr als zwei Millionen und hat sich in den vergangenen zwei Jahren vervierfacht.
Im Vorfeld der Konferenz hat deshalb auch Niagalé Bagayoko, Präsidentin des African Security Sector Networks und Mitglied der „Bürgerkoalition für die Sahelzone“, ein ernüchterndes Fazit gezogen: „2020 war das tödlichste Jahr für Zivilist*innen. Sie wurden zum Ziel dschihadistischer Gruppierungen und Selbstverteidigungsmilizen, aber auch von Sicherheits- und Verteidigungskräften.“ Militärmissionen hätten das keinesfalls verhindert.
Schon lange betont die Zivilgesellschaft, was nun auch der Gipfel erkannt hat: Militärische Ansätze reichen längst nicht aus. Der Staat müsse in jene Regionen, in denen er nicht mehr präsent ist, zurückkehren, hat nun auch Macron gesagt. Sicherheit und Dienstleistungen müssten wiederhergestellt werden, die Bevölkerung brauche eine Perspektive.
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