piwik no script img

SPD zum Rechtsruck in der UnionCSU soll Bundesregierung verlassen

Kann die CSU in Berlin in der Regierung sitzen und von München aus einen rechten Oppositionskurs fahren? Die SPD meint Nein. Die CDU befürchtet ein Ende der Union.

Multitasker Seehofer: Kann er Regierung und Opposition zugleich sein? Foto: dpa

Berlin dpa | Die SPD wertet die Forderungen der CSU nach einer drastischen Verschärfung der Flüchtlingspolitik als Zeichen für einen fortschreitenden Autoritätsverlust von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Merkel habe „offenbar nicht mehr die Kraft, in der Union Geschlossenheit herzustellen“, sagte Parteivize Ralf Stegner der Stuttgarter Zeitung. Bayerns SPD-Generalsekretärin Natascha Kohnen forderte die CSU auf, die Bundesregierung zu verlassen. Die CSU-Vorschläge widersprächen der Politik der Regierung, sagte sie dem Münchner Merkur.

Der CSU-Vorstand kommt an diesem Freitag zu einer Klausur im oberpfälzischen Schwarzenfeld zusammen. Bis Samstag will die Parteispitze dort mehrere Papiere beschließen. Die CSU verlangt unter anderem eine deutliche Verschärfung der Flüchtlings- und Zuwanderungspolitik. „In Zukunft muss gelten: Vorrang für Zuwanderer aus unserem christlich-abendländischen Kulturkreis“, heißt es in der Vorlage.

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) verlangte, die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber müsse beschleunigt und verschärft werden. „Abschiebungen müssen auch in Krisengebiete möglich sein, etwa in den Norden Afghanistans, wo wir uns seit Jahren mit der Bundeswehr für Frieden und Freiheit engagieren“, sagte er der Bild-Zeitung.

Das CSU-Papier enthält einen Katalog bekannter und neuer Forderungen, unter anderem nach einer gesetzlich festgelegten Obergrenze von 200.000 Flüchtlingen pro Jahr, Transitzonen an der Grenze, nach Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft, einem Burka-Verbot und nach einem „Einwanderungsbegrenzungsgesetz“.

Merkel lehnt die Forderung nach Obergrenzen strikt ab. „Meine Haltung hierzu ist hinlänglich bekannt“, sagte die CDU-Vorsitzende den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Vor dem Hintergrund des Vorwurfs führender CSU-Politiker, sie habe mit ihrem Kurs der politischen Mitte das Feld für die rechtspopulistische AfD bereitet, sagte Merkel: „Die CDU ist und bleibt die Volkspartei der Mitte in Deutschland, mit einem Angebot für alle.“

Der baden-württembergische CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart warnte vor einem Auseinanderbrechen der Union wegen der Flüchtlingspolitik. „Wenn wir den Streit noch ein Jahr weiterführen, reißt vollends das Band, das die beiden Schwesterparteien zusammenhält“, sagte Reinhart. CDU und CSU müssten zu einer gemeinsamen Haltung und Politik bei dem Thema kommen. „Es kann nicht sein, dass CDU und CSU sich seit einem Jahr nur gegenseitig kritisieren. Das ist kein konstruktiver Politikansatz.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

19 Kommentare

 / 
  • Es sieht ganz so aus al ob die letzten Tage der GroKo gezählt sind.

     

    Ein Jahr nach "Wir schaffen das" -

    wird es mit Koalitionen immer schwieriger.

  • "Die CSU-Vorschläge widersprächen der Politik der Regierung ..."

     

    Tun sie das wirklich? Mit der Umsetzung einer vielgeschmähten "Willkommenskultur" haben die, von der Regierung verabschiedeten, Gesetze gegen Flüchtlinge doch gar nichts zu tun. Da wurden doch überwiegend nur restriktive Vorstellungen der CSU in Gesetzesform gegossen. Auch wer sich partout nicht entblöden will, ständig gegen "Multikulti" zu wettern, wird irgendwann mal einsehen müssen, dass in einem demokratischen Deutschland nicht nur Platz für die "bayrische Kultur" sein kann.

    • @Rainer B.:

      "...dass in einem demokratischen Deutschland nicht nur Platz für die "bayrische Kultur" sein kann."

       

      Verzeihen Sie die Pedanterei, aber ich glaube, Sie meinen wohl: "...dass in einem demokratischen Deutschland nicht nur Platz für die bayrische "Kultur" sein kann."

      • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

        Bin nun mal kein Kulturkritiker - aber meinetwegen.

  • Alternativ gäbe es auch noch die Möglichkeit, daß SPD und CDU - vielleicht zusammen mit weiteren Parteien - eine Einheitspartei gründen.

     

    Dann würden zumindest das Herumgeeiere und das ständige nicht-doch mit Betonung auf "doch" iaufhören. Das wäre aber nur theoretisch denkbar. Praktisch würde man die Wähler verärgen, die wohl vieles vergessen haben, aber nicht, was SED bedeutet.

     

    So besehen ist dann die Idee "CSU muß weg" schon wieder genial, und das besonders, wenn es gelingen sollte, noch weitere Parteien einfach wegzuschicken. Man hätte dann das, was es schon mal gab, und keiner merkt es.

  • Wenn die CSU der CDU vorwirft, sie gebe der AfD für ihre Politik Raum, will die CSU diesen jetzt wieder füllen?

     

    Es ist ist nicht eindeutig, was die christliche und soziale Partei mit dem Schwesterncatchen bezweckt. Hat sie Angst, nicht mehr in Berlin mitregieren zu können? Denn wer würde sie dann außerhalb von Bayern noch wahrnehmen? Aber vielleicht will sie den Packt absichtlich brechen und der AfD dann Wählerstimmen abnehmen und allein mit 10 oder mehr Prozent in den Reichstag einziehen. Viele Einwohner in Bayern haben sich doch christlich und sozial gezeigt als die Flüchtlinge kamen! Warum jetzt wieder abschotten? Wer die Schotten dicht macht, um sich zu schützen, muss wissen, dass auf der anderen Seite kein Schutz für Menschen mehr gegeben ist.

     

    Wir guten Demokratem schimpfen immer über die Rechtspopulisten. Aber was anderes macht die CSU?

  • Die Sozen wieder! Kaum jemand sonst hat so ein verstaubtes Autoritäts-Bild wie die SPD. Für diese Splittergruppe hat eine Kanzlerin offenbar nur dann Autorität, wenn alle nach ihrer Pfeife tanzen, weil sie Angst haben vor der Demontage.

     

    Ja, vielleicht sollte die CSU die Regierung tatsächlich verlassen, wenn sie ihre Politik nicht (er-)tragen kann – und im Anschluss mit der SPD koalieren. Allerdings wären die beiden zusammen dann nur eine GaKleKo, eine ganz kleine Koalition also, keine GroKo mehr.

     

    Rechts von der CSU ist nur die Wand. Die SPD muss das nicht wissen. Die CSU aber schon. Es muss ihr also klar sein, dass es vermutlich (nicht nur) starke Blechschäden gibt, wenn sie die AfD mit Tempo 200 rechts überholt. Aber, hey, das ist es ihr ja offensichtlich wert!

  • Warum die CSU überhaupt noch in der Regierung sitzt, ist mir sowieso ein Rätsel. Rechnerisch sind ihre Stimmen im Bundestag für die Koalition nicht nötig. Konstruktive Beteiligung hat sie seit Beginn der Legislaturperiode nicht gezeigt (und auch schon vorher nicht, siehe "Ausländermaut" und Herdprämie).

    Die Beteiligung der CSU beruht ausschließlich auf Tradition und dem guten Willen der CDU. Gemessen daran ist es erschreckend, welches Erpressungspotenzial die CDU der CSU zukommen lässt und wie sie sich von ihr an der Nase herumführen lässt.

    Wenn es bei künftigen Wahlen für die Mehrheit doch nötig sein sollte, könnte man mit der CSU einen normalen, transparenten Koalitionsvertrag schließen. Dann ist die Partei eingebunden wie jede andere auch und kommt endlich los von der Selbstlüge, sie sei irgendetwas Besonderes und sie könne fortwährend Sonderwünsche anbringen.

    • 8G
      86548 (Profil gelöscht)
      @Soungoula:

      Googlen Sie mal "Verkehrsprojekte in Bayern". Dann wissen Sie, weshalb die CSU in der Regierung sitzt, auch wenn Sie mit der Kanzlerin unzufrieden ist

    • @Soungoula:

      Das sähe die CSU evtl anders. Bei den Wählerstimmen für CSU würde die Partei für sich wohl um die 6 % bundesweit rumkrepeln. Nach unten ist da nicht mehr viel Raum. Des weiteren könnte eine Zulassung einer ausschließlich Regionalpartei zur BW ein Problem darstellen. Die CSU braucht ihre große Schwester.

      • @lions:

        Das Interesse der CSU an der Regierungsbeteiligung ist völlig klar. Damit sind ja auch Posten, Prestige und Sichtbarkeit verbunden.

        Aber das Interesse der CDU an der Regierungsbeteiligung der CSU bzw. die unendliche Geduld mit der ständigen Erpressung und Beschimpfung, das ist mir weiterhin schleierhaft.

        • @Soungoula:

          Ich kapier das auch nicht.

          Und ich habe es immer schon als völlig undemokratisch empfunden: Eine Regionalpartei im Bundestag und sogar in der Regierung zuzulassen, die außerhalb Bayerns niemand abwählen kann.

          • @Ruhig Blut:

            Ok, Parteien können nicht wirklich abgewählt sondern nur gewählt werden.

            Anders ausgedrückt: Eine Partei von Bayern für Bayern, die nur von Bayern gewählt werden kann, uns aber alle regiert. Geht’s noch?

    • @Soungoula:

      Die CSU betreibt genau genommen NULL-POLITIK und kümmert sich nur um Machtspielchen und Lobbyismus.

       

      Die sitzen seit 7 Jahren in der Regierung und haben in der Zeit lediglich zwei Gesetze durchgebracht: Die Mövenpicksteuer und Ramsauers überflüssige FS Punktereform, die nur den Zweck hatte, davon abzulenken, dass er außer Lobbyarbeit für die Automobilhersteller nichts tut.

       

      Seine Arbeitsverweigerung ist ja auch die Ursache für die Dieselskandal. Ein guter bayr. Spezi kann da schon mal beide Augen zudrücken.

       

      Und jetzt auch noch diese elend dämlichen AfD Forderungen nach der Obergrenze: Obergrenze heist auf Frauen und Kinder schießen, wie es v. Storch zugegeben hat, als sie versehentlich mit der Maus ausgerutscht ist.

       

      Und das alles nur für den Machtkampf dieses verbohrten Möchtegern Kanzlerkandidaten gegen Merkel. D.h. auf dem Rücken der Ärmsten.

       

      Ich denke Deutschland könnten nur davon profitieren, wenn diese schreckliche CSU die Regierung dieses Landes verläßt. Das beste Beispiel ist doch dieser schmutzige Erbschaftssteuer-Lobbyismus für die Superreichen auf Kosten der Ärmsten dieses Landes.

  • Gute Idee, CSU aus der Regierungsverantwortung. Die CDU können sie gleich mitnehmen. Und die SPD sollte sich dann Partner suchen, von denen sie wieder lernen kann, dass Politik kein Machtinstrument großer Konzerne und Interessenverbände ohnehin bereits privilegierter Bevölkerungsschichten sein darf.

    • @user21617:

      Sie meinen die SPD soll unter Rot-Rot-Grün dieses Land wieder wirtschaftlich und finanziell ruinieren?

      • 2G
        25726 (Profil gelöscht)
        @IL WU:

        Sie wissen doch, daß die SPD nix wirklich hinbekommt. Deswegen überläßt sie die Fahrt in den Abgrund lieber der CSU unter Schwarz-Braun-Braun.

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @user21617:

      Das hätte Wendehals Gabriel schon früher tun müssen. Jetzt ist es zu spät. Aber Merkel könnte ja wenigstens mal die CSU-Minister (vor allem die beiden unfähigen Dobrindt und Schmidt) entlassen. Das wäre eine Mords-Gaudi.

    • @user21617:

      Ich bin fast schon erstaunt sowas zu lesen - leider.

       

      FULL ACK!!!