SPD im Umfragetief: Auf der Suche nach Milliarden
Die Fraktion will eine Reform der Schuldenbremse. Es gehe nicht nur um die Europawahlen, sondern um die Existenz, betont der Abgeordnete Axel Schäfer
Alles Themen, die die SPD auf ihrer Klausur umtreiben werden. Um Geld für Zukunftsinvestitionen aufzutreiben, will die Fraktion, dem Parteitag folgend, eine Reform der Schuldenbremse angehen. In einem Beschlusspapier „Eckpunkte für eine gerechte Haushaltspolitik“, welches auch der taz vorliegt, heißt es, die Schuldenbremse sei in ihrer jetzigen Form nicht mehr zeitgemäß und ein Wohlstandsrisiko für kommende Generationen.
Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse deckelt die staatliche Neuverschuldung auf 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Fraktionschef Rolf Mützenich bekräftigte vor Beginn der Klausur: „Schulden sind notwendig, vor dem Hintergrund, dass der Staat Investitionen tätigen muss, damit Deutschland seine Spitzenstellung in der Welt auch behauptet.“
Die Fraktion hatte am Donnerstag die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer und den Wirtschaftswissenschaftler Sebastian Dullien dazu eingeladen, beide Kritiker:innen der derzeitigen Schuldenbremse. Laut Beschlussvorlage will der Fraktionsvorstand eine Steuerungsgruppe einsetzen, die Eckpunkte für eine Reform erarbeitet.
„Es geht um die Existenz“
Am späten Donnerstagnachmittag stand nach Redaktionsschluss auch eine 90-minütige Aussprache mit dem Bundeskanzler auf der Tagesordnung. Mit einem Hupkonzert wie am Vormittag, als er sich mit Bauernvertretern in Cottbus traf, musste Scholz zwar nicht rechnen. Dennoch rumort es in der Fraktion. Der Langzeitabgeordnete Axel Schäfer schreibt in einem Brief an seine Fraktion, welcher ebenfalls der taz vorliegt, die SPD, die Regierung und die Demokratie stünden unter enormem Druck. In 11 von 16 Bundesländern sei die Partei auf einem historischen Tiefststand. „Es geht heute um die Existenz der SPD.“
Als wesentliche Gründe für „eine kaum fassbare Unzufriedenheit mit der Regierungsarbeit“ sieht Schäfer „die eigenen Fehler im Regierungshandeln und die offenen täglichen Streitigkeiten in der Ampel.“ Hinzu komme „die defensive, teilweise falsche Kommunikation unsererseits“. Für die Europawahl sieht Schäfer seine Partei schlecht gerüstet: kein Zugriffsrecht auf das deutsche Kommissionsmitglied, kaum Büros und wenig Sichtbarkeit.
Die Fraktion will sich dem Thema Europa am Freitag widmen und ein Papier „Für ein starkes Europa“ beschließen. So fordert die Fraktion, dass Europa „erhebliche Summen für Zukunftsinvestitionen mobilisiert“. Auch die EU-Erweiterung will man vorantreiben und eine „Dynamik der vertieften Integration entfachen.“ Die SPD-Spitzenkandidatin Katarina Barley wird am Freitagvormittag zum Gespräch erwartet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen