SPD Wahlprogramm 2025: Wirtschaft, Rente und ein bisschen Klassenkampf
Die SPD verspricht, für jeden Arbeitsplatz zu kämpfen und die Renten stabil zu halten. Dafür will sie an die Schuldenbremse und an hohe Vermögen ran.
Die drei Hauptzielgruppen der Sozialdemokraten im Wahlkampf sind Arbeitnehmer:innen, Familien und Rentner:innen. Ersteren verspricht die SPD einen Mindestlohn von 15 Euro ab 2026. Zudem will man um jeden Arbeitsplatz kämpfen. Für Familien verspricht die Partei eine Stärkung von Bildung in Kita und Schule, aber auch eine Ausweitung der Elternzeit. Und Rentner:innen will sie das bereits in der Ampel verhandelte Rentenpaket bieten, mit einer Sicherung des Rentenniveaus bei 48 Prozent. An der Rente nach 45 Beitragsjahren will man festhalten.
Knackpunkt und Voraussetzung für all die Wohltaten ist aber, die Wirtschaft zum Laufen zu bringen, die das zweite Jahr in Folge stagniert. Als entscheidenden Schlüssel für neues Wirtschaftswachstum hat die SPD in ihrem Programmentwurf Investitionen in Wirtschaft, Bildung und Infrastruktur identifiziert.
So sollen Unternehmen, die in Deutschland investieren, zehn Prozent der Summe als Steuergutschriften erhalten. Um die vergleichsweise hohen Energiepreise zu senken, verspricht die SPD eine Halbierung der Netzentgelte und eine Deckelung auf 3 Cent pro Kilowattstunde.
100-Milliarden-Euro-Deutschlandfonds
Wer ein in Deutschland produziertes neues oder gebrauchtes E-Auto kauft, soll einen Zuschuss erhalten. Damit will man den heimischen Absatz, der seit einigen Jahren sinkt, wieder ankurbeln und die schwächelnde Autoindustrie, deren Verkäufe im Ausland einbrechen, stützen.
Das nötige Geld soll zum einen ein 100 Milliarden schwerer Deutschlandfonds bereitstellen, der öffentliches und privates Kapital einsammelt. Der Deutschlandfonds könnte aber schnell überbucht sein, er soll nämlich auch noch dazu dienen, um „Wohnungsbaugesellschaften und -genossenschaften mit dem nötigen Eigenkapital zu versorgen.“
Mehr Neubau und eine unbefristet geltende Mietpreisbremse sollen also Druck aus dem Wohnungsmarkt nehmen und das Problem der rasant steigenden Mieten vor allem in Großstädten lösen. Bisher ist dieser Plan nicht aufgegangen, etwas kühn daher das ebenfalls im Programm formulierte Ziel der SPD, Wohnungslosigkeit bis 2030 zu überwinden.
Schuldenbremse reformieren
Eine Privatisierung von Infrastruktur wird ausgeschlossen, stattdessen will die SPD als weitere Geldquelle die grundgesetzliche Schuldenbremse so reformieren, „dass sie keine Investitionen in Zukunftsfähigkeit behindert.“ Ziel ist es laut Programm, „produktive Ausgaben und Vollbeschäftigung möglich zu machen“. Zudem sollen auch die Länder, die bislang gar keine neuen Schulden machen dürfen, künftig die Möglichkeit haben, solche aufzunehmen.
Das ist wohl ein Wink an die unionsgeführten Länder, die sich für eine Reform der Schuldenbremse aussprechen. In ihrem Wahlprogramm hält die Union im Bund an dieser jedoch erst mal fest.
Ob die Sozialdemokraten auch Ausgaben für Bildung künftig über Kredite finanzieren wollen, bleibt offen. Jedenfalls wollen sie das Startchancenprogramm für benachteiligte Schulen ausbauen und eines für Kitas in sozialen Brennpunkten einführen. Das dürfte einige Milliarden Euro kosten.
Genauso wie die geplanten Geschenke für Familien, die im Programmentwurf ebenfalls nicht mit einem Preisschild versehen sind. So will man die Elternzeit auf bis zu 18 Monate ausweiten und eine Familienstartzeit einführen. Dazu heißt es: „Väter oder Partnerinnen und Partner sollen sich für die ersten zwei Wochen nach der Geburt eines Kindes bei voller, umlagefinanzierter Lohnfortzahlung freistellen lassen können.“ Außerdem will die SPD, dass alle Kinder in Kita und Schule kostenfrei zu Mittag essen können.
Umverteilung über Steuern
Zudem wiederholt die SPD im Programm ihre Forderung nach einer Steuerentlastung für 95 Prozent der Einkommensteuerpflichtigen. Bezahlen sollen das die oberen ein Prozent, die „etwas mehr“ beitragen sollen. Den Soli, den derzeit nur noch Spitzenverdiener:innen und Unternehmen zahlen müssen, will die SPD beibehalten, er habe sich bewährt. Die Union sieht das anders.
Der Punkt dürfte in möglichen Koalitionsverhandlungen mit der Union also für Konflikte sorgen, genauso wie die Pläne der Sozialdemokraten, die staatlichen Einnahmen über Steuererhöhungen zu verbessern. Mit den Grünen wären sie sich dagegen weitgehend einig.
So ruft die SPD im Wahlprogrammentwurf nach einer Reform der Erbschaftssteuer und einer Wiedereinsetzung der Vermögenssteuer für große Vermögen von über 100 Millionen Euro. Und möchte zudem Kapitaleinkommen künftig wie Einkommen besteuern, indem sie die Abgeltungssteuer von 25 Prozent auf Zinsen, Dividenden und Kursgewinne wieder kassiert. Ausgedacht hat sie sich übrigens mal der Sozialdemokrat Hans Eichel.
Migration: konsequent abschieben
In der Migrationspolitik bleibt die SPD bei ihrer härteren Gangart, bekennt sich zu konsequenten Rückführungen und einem stärkeren Schutz der EU-Außengrenzen. Eine Externalisierung von Asylverfahren, wie sie die Union will, lehnt man ab. Des Weiteren will sie den Familiennachzug für subsidiär Schutzbedürftige weiterhin ermöglichen.
Der Verteidigungspolitik widmet die SPD in ihrem Programmentwurf ein eigenes Kapitel: „Unsere internationale Verantwortung in der Zeitenwende.“ Darin bekennt sie sich zum 2-Prozent-Ziel und zur Nato. Außerdem plant sie die Einführung eines neuen, flexiblen Wehrdienstes, der aber auf Freiwilligkeit basieren soll.
Die Ukraine will man auf allen Kanälen – diplomatisch, militärisch, finanziell und humanitär (in dieser Reihenfolge) – weiter unterstützen, und zwar „so lange wie nötig.“ Doch den Marschflugkörper Taurus will man nicht liefern – man stehe zur Entscheidung von Olaf Scholz. Alles andere wäre auch eine Überraschung gewesen.
Das Programm soll am Dienstag vom Vorstand beschlossen werden. Die Delegierten der Basis werden es auf dem Parteitag im Januar debattieren und verabschieden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Angriffe auf Neonazis in Budapest
Ungarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Mangelnde Wirtschaftlichkeit
Pumpspeicher kommt doch nicht