Rückzug von Bayer-Chef wegen Glyphosat: Milde Strafe für Totalversagen
Bayer-Chef Baumann ignorierte Warnungen vor dem Kauf des US-Glyphosat-Herstellers Monsanto. Nun steht Bayer vor der Zerschlagung.
W erner Baumann hat als Chef des Chemiekonzerns Bayer in vielerlei Beziehung unverantwortlich gehandelt – sowohl wirtschaftlich als auch moralisch. Dass er nun ein Jahr früher gehen muss als geplant, ist eine äußerst milde Strafe.
Baumann hat ein Desaster bei Bayer angerichtet, indem er die Fusion mit dem US-Pestizid- und Saatguthersteller Monsanto organisiert hat. Er setzte sich über alle Warnungen etwa von Umweltschützern hinweg – und über die Moral, denn Monsanto hat einfach zu viel Dreck am Stecken.
Die Internationale Agentur für Krebsforschung der Weltgesundheitsorganisation WHO hatte den Wirkstoff Glyphosat der wichtigsten Monsanto-Pestizide bereits 2015 als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft. Damit war klar, dass auf Monsanto eine Welle von Schadenersatzklagen zurollen wird von Menschen, die ihre Krebserkrankung auf Glyphosat zurückführen. Das Unternehmen sah sich auch mit zahlreichen weiteren Klagen wegen Umweltvergehen konfrontiert.
Zudem ist die Firma führend bei gentechnisch veränderten Pflanzen, die eine umweltschädliche Landwirtschaft fördern. Mit ihrer Hilfe kann zum Beispiel Mais in Monokulturen angebaut werden, die die Artenvielfalt weiter reduzieren. Dennoch übernahm Bayer unter Baumanns Führung im Juni 2018 Monsanto für rund 63 Milliarden Dollar.
Abschiedspaket für Baumann?
Boni hat er trotzdem kassiert, während das Unternehmen bluten musste: Milliarden Dollar sind für Schadenersatz oder Rückstellungen für spätere Zahlungen an Glyphosat-Kläger draufgegangen. Seit der Übernahme hat Bayer rund die Hälfte an Börsenwert eingebüßt. Der Konzern war vor Baumanns Rückzugsankündigung ungefähr so viel Wert, wie er für Monsanto gezahlt hat. Tausende Stellen wurden gestrichen. Bayer ist jetzt selbst ein Übernahmekandidat. Fonds wollen das deutsche Traditionsunternehmen zerschlagen und einzelne Sparten an die Börse bringen.
Zwar geht Baumann jetzt etwas früher als zuletzt geplant, aber die Schäden, die er hinterlässt, macht er natürlich nicht wieder gut. Im Gegenteil: Vermutlich bekommt er noch ein komfortables Abschiedspaket. Und dann Rente mit 60. Davon können selbst französische Arbeiter nur träumen.
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