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Ringen um das GebäudeenergiegesetzEin kommunikatives Desaster

Jasmin Kalarickal
Kommentar von Jasmin Kalarickal

Von der Opposition bekam das Heizungsgesetz ordentlich Gegenwind. Trotzdem geht die verunsicherte Bevölkerung aufs Konto der Regierung selbst.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Bundesbauministerin Klara Geywitz Foto: Leon Kügeler/photothek/imago

D ie Spitzen der Koalitionsfraktionen von SPD, Grünen und FDP verkündeten die Einigung über das Gebäudeenergiegesetz. Nun können sich Zyniker*innen, die das langwierige Polittheater um das Heizungsgesetz verfolgt haben, fragen: Die wievielte Einigung ist das denn nun? Und ist es jetzt die letzte?

Auch geduldige Bür­ge­r*in­nen wurden von der Ampelregierung enttäuscht: Die angekündigten Details der Einigung wurden nicht offiziell vorgestellt. Zwar kursieren interne Papiere der Fraktionen, die Aufschluss geben sollten. Beim Abgleich dieser Papiere kam jedoch an manchen Stellen Zweifel auf, ob sich wirklich alle Parteien einig sind. Nun ist etwas mehr bekannt als noch in den zuletzt beschlossenen Leitplanken.

Genaues werden wir erst wissen, wenn offiziell ein angepasster Gesetzentwurf vorliegt. Vorläufig bleibt die Verwirrung komplett. Statt ausgeruht gemeinsam zu agieren, ist sich jede Fraktion selbst am nächsten. Die anfänglich demonstrative Vertrautheit der Koalitionsparteien scheint unter irgendeiner Gasheizung vergraben zu liegen. So verspielt man Vertrauen. Die Bür­ge­r*in­nen dieses Landes haben Besseres verdient.

Was spricht eigentlich dagegen, eine Einigung erst dann zu verkünden, wenn die Details vorgestellt werden können? Darum geht es letztendlich. Die Leute wollen wissen, was sie bis wann tun müssen und welche Unterstützung es dabei gibt. Die Reform des Gebäudeenergiegesetzes ist eine politische Mammutaufgabe. Es geht darum, Deutschland in eine klimaneutrale Zukunft zu führen, die Pariser Klimaziele zu erreichen und eine finanzielle Überlastung der Bür­ge­r*in­nen zu verhindern.

Klar: Bild, Teile der Opposition und sogar einige in der Regierung haben derart Stimmung gemacht gegen das Gesetz, dass ein notwendiges Vorhaben zum Kulturkampf hochgejazzt wurde. Aber dass sie durch schlechte Kommunikation und innere Kämpfe die Verunsicherung vergrößert hat, das muss sich die Ampel selbst zuschreiben.

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Jasmin Kalarickal
Redakteurin
Jahrgang 1984, ist Redakteurin im Parlamentsbüro der taz.
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19 Kommentare

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  • Woran ich mich genau erinnere: der Habeck- Entwurf wurde von dem Kleinen Kreis der Informierten durchgestochen und sofort verfälscht und skandaliesiert. Habeck hat auch deutlich gesagt, dass die soziale Abfederung noch mit den Koalitionspartnern geklärt werden muss. Das wurde in der weiteren Diskussion verschwiegen oder vergessen. Habeck konnte es nicht mehr erwähnen, weil in der öffentlichen Diskussion Verteidigung immer doof rüber kommt. So wurde Habeck auch sofort, als er auf den Verrat hinwies als Opfer u dünnhäutig und sogar abgehalftert, dem Amt nicht gewachsen denunziert. Ein schmieriges Geschäft, hat nix mit schlechter Kommunikation zu tun.

  • *Von der Opposition bekam das Heizungsgesetz ordentlich Gegenwind. Trotzdem geht die verunsicherte Bevölkerung aufs Konto der Regierung selbst.*

    Nein das geht auf das Konto der Medien, die sich massiv, bis heute an der Desinformation beteiligen, angefangen bei der Verbreitung halb fertiger Entwürfe.

  • "Was spricht eigentlich dagegen, eine Einigung erst dann zu verkünden, wenn die Details vorgestellt werden können?"



    Richtig, was spricht denn dagegen? Die jetzige Situation erweckt den Verdacht dass hier etwas durchgepeitscht werden soll bevor die Leute merken was da eigentlich beschlossen wurde, vollendete Tatsachen schaffen. Habeck oder Lang, weiss nicht mehr genau wer von den beiden, hatte ja vor 2 oder 3 Wochen gesagt dass das Gesetz erst beschlossen werden muss and dann diskutiert werden kann. Ein sehr merkwürdiges Demokratieverständnis das sicherlich nicht zur Akzeptanz beiträgt. Im Moment hat man den Eindruck dass irgendwo in dem Gesetz Dinge versteckt sind die die Bevölkerung nicht akzeptieren würde, Allein der Eindruck dass es so sein könnte ist natürlich Gift für das Gesetz und unterminiert die Glaubwürdigkeit der Ampel. Und dann sind da noch die Wahlen in Hessen und Bayern...

    • @Gerald Müller:

      "Habeck oder Lang, weiss nicht mehr genau wer von den beiden, hatte ja vor 2 oder 3 Wochen gesagt dass das Gesetz erst beschlossen werden muss and dann diskutiert werden kann. "

      Aber was sie gesagt haben, daran erinnern Sie sich schon?

  • Die Sache steht schon länger unter einem schlechten Stern:



    //



    www.sueddeutsche.d...oalition-1.5927181



    //



    "Die Koalition vertagt das Gebäudeenergiegesetz. So geht es zu - im Frühjahr 2017.



    Damals will noch niemand die deutschen Heizungskeller modernisieren, das Gesetz soll vor allem die Standards für neue Häuser verschärfen. Aber ein Fluch lastet schon damals darauf. Und die Parallelen sind frappierend. Auch damals herrscht Zeitdruck, drängen Parlamentstermine. Auch damals gibt es eine Fraktion, der zu viele Zumutungen im Gesetzestext stehen - in der großen Koalition von damals ist das die Union. Und auch damals dräut ein Wahltermin."



    Quelle s.o.



    Fragt sich doch, wer in Schlüsselpositionen in den Ministerien die Basisarbeit an den Schreibtischen "fortgeschrieben" hat und wer durch Illoyalität "glänzen" wollte. Die Vier-Letter-Gazette als Organ zum Herausposaunen von Referenten-Entwürfen, da könnten noch weitere Überraschungen folgen.

  • Die Frage ist ja nicht, ob sich alle Parteien einig sind, sondern vielmehr ob das was da jetzt rauskommt überhaupt noch zu gebrauchen ist.



    Und nach den Erfahrungen der jüngsten Vergangenhiet habe ich da massive Zweifel.

  • Vielleicht sollte man aber schon mal darüber nachdenken wie man denn mit einem von der Regierung uU schlecht erklärten Gesetzentwurf sinnvollerweise umgehen sollte. Hilft es wochenlang in massiver Empörung auf den Barrikaden zu verharren damit die doofe Regierung uns ihre Geseztesvorhaben das nächste Mal vielleicht besser erklärt? Oder kann man nicht auch von den Medien erwarten dort mit Erklärungen und Einordnungen zu helfen wo die Regierung Leerstellen lässt und kann man nicht genauso von mündigen Bürger*innen erwarten sich die Informationen die ihnen fehlen auch mal selbst heranzuziehen.

    • @Ingo Bernable:

      Empörung klickt besser als Erklärung und Einordnung, mündige Bürger sind ja schon mündig.



      Und, der Gesetzentwurf war ja nicht nur schlecht erklärt, er wurde ja von bestimmten Kreisen, die von Empörung profitieren wollten, im Vordiskussionsstadium an die Medien weitergegeben.



      So kommt es dann über Umwege zur Wahlempfehlung für Die Linke.

    • @Ingo Bernable:

      "Oder kann man nicht auch von den Medien erwarten dort mit Erklärungen und Einordnungen zu helfen wo die Regierung Leerstellen lässt" --> Seit wann ist die Presse denn Teil der Regierungssprecher?

      Die Aufgabe der Presse ist es auf die Leerstellen hinzuweisen und die Regierung zur Lieferung der Informationen anzumahnen, nicht diese Informationen selbst zu liefern.

      "und kann man nicht genauso von mündigen Bürger*innen erwarten sich die Informationen die ihnen fehlen auch mal selbst heranzuziehen." --> Woher denn, wenn die Regierung diese Informationen nicht liefert? Aus den Fingern saugen? Die Aufgabe der Regierung ist es, den Bürgern diese Information zur Verfügung zu stellen, schließlich arbeitet die Regierung im Auftrag der Bürger. Scheinbar haben nur fast alle in Berlin vergessen, dass die Staatsgewalt vom Volk ausgeht und die Regierung und die Abgeordneten für die Bevölkerung arbeiten, nicht umgekehrt.

    • @Ingo Bernable:

      Ja, bitte!

      "Taz-Leser:innen sind entspannter, denn sie sind verlässlich informiert" — das würde ich dazu gerne lesen.

    • @Ingo Bernable:

      Das ist die Aufgabe der Regierung!



      Weder Presse noch Bürger können soziale Abfederungen raussuchen, welche es noch nicht gibt!



      Niemand anderes als die Regierung und im Speziellen Habecks Ministerium sind an dieser Misere Schuld!



      Die Medien haben geliefert und aufgezeigt, wie schlecht das Gesetzt war. Die Medien können kein schlechtes Gesetz gut dastehen lassen ohne Grundlage.



      Auch der Bürger bekommt nicht alle Informationen und von dem kann das erst recht nicht erwartet werden.

      Die Regierung hat Mist gebaut!

    • @Ingo Bernable:

      Das wäre schön. Wenn es machbar wäre. Die "Einigung" enthält immer noch viel zu wenig Details um überhaupt als solche zu gelten.

      Hier wird nichts schlecht geredet. Es ist einfach immer noch nichts substanzielles da. Und selbst das, über das man Einigkeit behauptet, ist keineswegs überall dasselbe mit gemeint.

      Ein echtes Disaster. Und dann soll binnen Tagen abgestimmt werden um ja nicht in die Sommerpause zu kommen. :(

  • Wenn sich die Ampel geschickt anstellt, faellt das Verbot des Einbaus von Oelheizungen der alten Regierung. Grandios!

    Es ist einfach ein Unding, dieses Gesetz noch vor der Sommerpause durchpeitschen zu wollen. Die geladenen Experten aeussern sich zu dem Entwurf, der angeblich schon ueberholt sein soll. Die Ampelparteien haben immer noch unterschiedliche Ansichten auf was man sich denn nun mal wieder geeinigt hat.



    Offensichtlich haben die Wahlen im Herbst eine hoehere Prio als das Klima und deshalb muss das Thema schnell vom Tisch.

  • Nein, es ist nicht nur ein Kommunikationsproblem. Jahrelang hat man den Leuten eingeredet "Die Sonne schickt keine Rechnung" oder (Trittin): Die Förderung erneuerbarer Energien kostet den Durchnittshaushalt gerade mal eine Eiskugel im Monat. Allmählich wird unübersehbar: Ehrgeizige Klimapolitik ist teuer. Sehr teuer. Daß die Menschen dies zunehmend begreifen, hat Folgen. Vorhersehbare Folgen.

    • @yohak yohak:

      Hätten wir zu den Zeiten des Trittinzitats begonnen die Energieerzeugung umzustellen, wäre es billiger geworden und wir hätten jetzt noch etwas mehr Zeit. War damals auch vorhersehbar.

  • Die Aussage "es sei schlecht kommuniziert" impliziert es gäbe keine inhaltlichen Schwächen und eine Prüfung der eigenen Prämissen sei überflüssig....

    Keine noch so gute "Kommunikation" kann fehlerhafte Grundannahmen beheben. Wenn fundamentale technische oder ökonomischen Basics übersehen, kann selbst die schönste powerpoint keine Kritiker überzeugen.

  • "Was spricht eigentlich dagegen, eine Einigung erst dann zu verkünden, wenn die Details vorgestellt werden können?"

    Gegen solche Intransparenz spricht, dass Fehler dann nicht frühzeitig erkannt werden und Gesetze noch länger brauchen.

  • "Stimmung gegen das Gesetz" ist ja noch sehr freundlich ausgedrückt.

    • @tomás zerolo:

      Ich sags mal so: im Kielwasser von Sonneberg sind hier allemal 2-3 Dutzend taufrische Accounts aufgeschlagen, die "natürlich" nichts mit der AfD zu tun haben, aber komischerweise treffsicher deren talking points bespielen.

      Und eine unique page impression von Neonazis ist nicht mehr oder weniger wert als die von Demokrat*innen.