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Richard David Precht über Fleisch„Diese Fische sind wie Menschen“

Theoretisch ist die Sache für den Philosophen Richard David Precht eindeutig: Menschen sollten keine Tiere essen. Doch er will kein Missionar sein.

Wie stark leiden Tiere? Nicht nur Kühe oder Schweine? Wie sensibel sind Elefantenrüsselfische? Foto: dpa
Jost Maurin
Interview von Jost Maurin

taz: Herr Precht, dürfen Menschen Tiere essen?

Richard David Precht: Es gibt mehr gute Gründe gegen den Verzehr von tierischen Lebensmitteln, wie Fleisch, als dafür.

Was spricht dagegen?

Tiere empfinden Leiden, zum Beispiel bei Tiertransporten. Wenigstens einige von ihnen sind sehr bewusstseinsfähige Lebewesen. Sie haben Ängste in Schlachthöfen. Normalerweise werden sie in der Massentierhaltung so gehalten, dass es nicht ihren artgerechten Bedürfnissen entspricht. Und das alles nur für ein bisschen Gaumenfreude des Menschen.

Könnte man Tiere nicht artgerecht halten und schmerzlos töten?

Ja. Aber wenn wir das für in Ordnung halten, könnte man auch sagen: Es gibt ein paar Milliarden Menschen zu viel auf diesem Planeten, wenn wir die überraschend im Schlaf schmerzlos töten, leiden die auch nicht.

Was sagen Sie zu dem Einwand, Tiere hätten kein Selbstbewusstsein? Sie könnten keinen Diskurs führen wie Menschen.

Erstmal könnte es sein, dass sie ein Selbstbewusstsein haben, das etwas anders ist als das Menschliche. Dann wird eine Primatenforscherin wie Jane Goodall selbstverständlich sagen, dass Schimpansen ein Selbstbewusstsein haben, auch wenn sie keine menschlichen Diskurse führen, sondern Schimpansendiskurse.

Wir sprechen hier aber nicht über Schimpansen, sondern Nutztiere wie Schweine oder Hühner.

Deswegen setze ich Menschen und Schweine nicht gleich. Der Mensch ist fortgeschrittener, was Selbstbewusstsein und Selbstreflexion angeht. Nur ändert diese Tatsache ja nichts daran, dass auch ein Schwein, das sieht, wie seine Angehörigen geschlachtet werden, Todesangst hat und schreit. Deshalb gibt es in der Tierrechtsdiskussion schon lange das Argument, dass es nicht auf Selbstbewusstsein, Sprachgebrauch oder Diskursgemeinschaft ankommt, sondern Leidensfähigkeit.

Gibt es Tiere, die wir essen dürfen?

Ich habe mit dem Verspeisen von Insekten kein großes Problem. Auch mit Muscheln nicht.

Warum nicht?

Weil ich davon ausgehe, dass sie nicht sonderlich bewusstseinsfähig sind und wahrscheinlich auch kein komplexes Schmerz- und Leidempfinden haben, keine starken Ängste. Anders als ein Tierrechtler würde ich nicht sagen: Wir dürfen grundsätzlich keine Tiere essen, und das Verzehren einer Heuschrecke ist Mord.

Halten Sie es wenigstens für akzeptabel, artgerecht gehaltene Nutztiere zu töten, um sie zu essen?

Ich halte das für akzeptabel, aber nicht für gut. Mir wäre es lieber, die Tiere würden nicht geschlachtet. Ich vertrete eine melioristische Ethik (meliorisieren = verbessern, d.Red.). Sie haben vielleicht das Gefühl, das seien Ausflüchte. Aber ich unterscheide in der Ethik zwischen gut, besser und am besten.

Bloß in der Praxis muss man sich klar entscheiden: Tiere essen oder eben nicht.

Nein. Im praktischen Leben kann man zum Beispiel sagen: Biobauernhöfe finde ich besser als Massentierhaltung. Am besten wäre es, sich nicht mehr fleischlich zu ernähren. Tatsächlich haben wir im Leben fast nie A- oder B-Entscheidungen.

Vielleicht kann dieses Gedankenspiel Ihre Position verdeutlichen: Ein Haus brennt, Sie können nur ein Tier oder einen Menschen herausholen. Wen würden Sie retten?

Ich würde selbstverständlich den Menschen rausholen, weil ich ein anderes Verhältnis zum Menschen habe als zu den meisten anderen Tieren. Ich befinde mich ja in einer imaginären Schicksalsgemeinschaft mit anderen Menschen. Ich bin ein Teil der menschlichen Kultur. Und alles das sind Argumente, warum meine Sensibilität im Regelfall gegenüber Menschen höher ist als gegenüber anderen Tieren.

Bild: dpa
Im Interview: Richard David Precht

51, Philosoph und Autor von Büchern wie „Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?“, „Liebe. Ein unordentliches Gefühl“ und „Die Kunst, kein Egoist zu sein“. Zuletzt erschienen: „Tiere denken: Vom Recht der Tiere und den Grenzen des Menschen“.

Sie erklären in Ihrem Buch, die Grenzen zwischen Tieren und Menschen seien nicht so klar. Also ist es doch nicht so eindeutig, wen Sie retten müssten, oder?

Das sind Überlegungen, die den Philosophen dazu drängen sollen, den Leuten zu sagen, was sie zu tun haben oder was richtig oder falsch ist in moralischen Dingen. Und genau das will ich nicht tun. Ich will die Menschen zum Nachdenken bringen und ihre Sensibilität schüren. Aber ich möchte nicht vom Standpunkt der Gerechtigkeit aus den Menschen sagen, wie sie mit Tieren umzugehen haben. Das unterscheidet mich ja von den Tierrechtsphilosophen.

Die Analyse der Argumente in Ihrem Buch läuft aber darauf hinaus, dass man keine Tiere essen darf. Warum geben Sie dann keine klare Empfehlung?

Die Welt ist voll von Leuten, die mit holzhackerischer Sicherheit zwischen Leben und Tod und zwischen Lebenswert und Nicht-Lebenswert entscheiden und ständig sagen, was man darf und was man nicht darf. Die gehen mir alle auf den Geist. Egal ob das die Metzgerinnung ist oder Hardcore-Veganer sind.

Dann also zu den Argumenten gegen Fleischkonsum: Die überwiegende Mehrheit in so gut wie allen Kulturen isst tierische Produkte…

… nein. Im klassischen Buddhismus und im klassischen Hinduismus nicht.

Keine tierischen Produkte oder nur Fleisch?

Welche tierischen Produkte werden denn von den Buddhisten benutzt?

Milchprodukte zum Beispiel?

Es gab vielleicht Ziegen- und Yak-Milch, das schon.

Wenn das so ist: Stimmt etwas nicht mit der Aussage „Wir dürfen keine Tiere essen“?

Die Tatsache, dass Menschen bestimmte Dinge tun, sagt nichts darüber aus, was sie tun sollen. Die Tatsache, dass ziemlich viele Männer Frauen vergewaltigen oder verprügeln, sagt nichts darüber aus, dass das in Ordnung ist.

Das sind Einzelfälle, oder?

Ach was, Frauen verprügeln, das tun Männer zu Millionen und Abermillionen seit Tausenden von Jahren.

Ein Argument pro Fleisch lautet auch: Tiere sind Augenblicksgeschöpfe, denen man nicht viel nimmt, wenn man sie tötet. Was sagen Sie dazu?

Das ist Martin Heidegger, der gesagt hat, das Tier wäre arm an Welt. Ein Mann, der nicht die geringste Ahnung von Tieren hatte. Wenn Sie Affen, Kraken oder Delfine anschauen, sehen Sie: Die Grenze zwischen Reichtum und Armut an Welt verläuft nicht zwischen dem Menschen und anderen Tieren, sondern zwischen einigen Tieren, Tierarten und -gruppen. Da haben Sie keine feste Grenze. Außerdem: Wir wissen gar nicht, was sich im Kopf eines Tieres abspielt. Deshalb plädiere ich für eine Ethik des Nicht-Wissens.

Was bedeutet das?

Dass wir uns über eines im klaren sein müssen: Wir können über das Innenleben von Tieren nichts Verbindliches aussagen. Wir können nur über Analogieschlüsse Vermutungen anstellen.

Aber wenn wir die Schlüsse ziehen, die wir ziehen können, muss man dann nicht konstatieren, dass etwa Rinder eine nicht so komplexe Gesellschaftsstruktur haben wie Menschen?

Es stimmt, dass Rinder eine weniger komplexe Gesellschaftsstruktur haben als Menschen, weil sie in ihrer Evolution diese komplexe Gesellschaftsstruktur nicht gebraucht haben. Aber was sagt das aus? Entscheidet sich der Lebenswert an der Komplexität einer Gesellschaftsstruktur? Während ich hier mit ihnen rede, schaue ich auf mein Aquarium. Da sind Elefantenrüsselfische drin. Das sind jene Lebewesen, die in Relation zu ihrem Körper ein größeres Gehirngewicht haben als der Mensch. Dieser Fisch ist elektrisch. Der hat eine enorme Sensibilität und ein hochkomplexes Zusammenleben. Diese Fische sind wie Menschen. Die können auf engem Raum nicht miteinander, aber die können auch nicht alleine sein. Und je nachdem welche Fische wie wo sind, gibt es eine Sozialstruktur. Mal beansprucht der Chef die Hälfte des Beckens, mal nicht. Da habe ich ein Beispiel für eine hochkomplexe Sozialstruktur. Ich würde sie nicht essen, das ist alles, was ich daraus schlussfolgern kann. Aber die werden in Nigeria gegessen.

Und wie finden Sie das?

Ich finde es sehr schade, aber ich schreibe den Menschen in Nigeria nicht ihr Essen vor. Ich finde es auch problematisch, dass manche Menschen Kraken essen.

Wenn es wirklich strikt moralisch geboten wäre, Tierhaltung abzuschaffen, müssten wir dann nicht etwa auch den Massai vorschreiben, auf Tierhaltung zu verzichten?

Die Welt hat größere Probleme als, dass Massais gelegentlich ein Rind essen. Wenn wir unsere Nahrungsgewohnheiten umstellen, dass wir nicht drei mal am Tag Fleisch essen würden, würde mir das als Konsequenz erstmal schon als großer Vorteil erscheinen. Bei der Ethik geht es nie darum, eiserne Gebote aufzustellen, zu denen es keine Ausnahmen gibt. Tatsächlich gibt es überhaupt kein ethisches Gebot, zu dem es nicht doch Ausnahmen gibt. Außerdem ist es nicht unsere Aufgabe, da als moralische Kolonialherren aufzutreten, sondern erstmal bei uns die größten Unverantwortlichkeiten und Schrecknisse zu beseitigen.

Aber langfristig stellt sich die Frage schon.

Ich finde die Frage deswegen komisch, weil das bei uns noch so eine lange Schlacht gibt und noch so viele Jahrzehnte in Anspruch nimmt. Bis wir dieses Umdenken wirklich abgeschlossen haben, werde ich mir über so hypothetische Fragen keine Gedanken machen.

Auch nach Jahren Kampagnen lebt nur ein Prozent der Bevölkerung vegan, an den Missständen in der Tierhaltung ändert die Konsumänderung dieser Minderheit nichts. Wäre es nicht effizienter im Sinne der Tiere, wenn man seine Energie nicht darauf verwendet, die Leute zum Veganismus zu bekehren, sondern für Reformen der Tierhaltung zu kämpfen?

Die vegane Bewegung ist eine Exponentialkurve. Als ich zum ersten Mal vor 20 Jahren ein Buch über das Thema geschrieben habe, gab es kaum Veganer. Die musste man mit der Lupe suchen. Und jetzt nimmt ihre Zahl in einem unglaublichen Tempo zu. Warum kann ich nicht auf der einen Seite meine Ernährung umstellen und auf der anderen Seite dafür kämpfen, dass in der real existierenden Tierhaltung erstmal zumindest das schlimmste verhütet wird?

Würden Sie sich an einen Runden Tisch setzen und mit Schlachtern darüber diskutieren, wie man Tiere schmerzlos töten könnte?

Das würde ich. Wobei: Massentierhaltung brauchen wir sowieso nicht mehr lange, weil wir in relativ kurzer Zeit in Zellkulturen Fleisch herstellen können. Es ist bereits möglich, einem Rind eine Nackenzelle zu entnehmen, die in Zellkulturen zu vermehren und daraus einen Burger herzustellen. Wenn die Zellteilung entsprechend beschleunigt wird und das Serienreife erreicht, wäre das die Lösung eines Menschheitsproblems – ethisch, ökonomisch und ökologisch. Dafür mache ich mich stark. Ich war aber vor kurzem auf einer Diskussion, wo ich gesehen habe, auf was für einen Widerstand ich dabei stoße.

Warum?

Die klassischen Umweltverbände finden das alles ganz furchtbar, weil es ja Gentechnik ist. Gentechnik ist ja böse – immer. Ich sage: Technik ist nicht böse, sondern die Frage ist, wer setzt Technik zu welchem Zweck ein? Wenn ich auf diese Weise das ganze Tierleid verhindern kann, finde ich das großartig. Und dann entdeckte der Herr vom Bund für Umwelt und Naturschutz plötzlich also lauter Argumente, warum aus kulturellen Gründen die Tierhaltung gut sei. Nachdem er vorher hat einräumen müssen, dass aus ökologischen Gründen die Massentierhaltung unverantwortlich ist. Diese gentechnische Entwicklung führt zu völlig neuen Freund-Feind-Linien. Auf dieses Thema sind die traditionellen Tier- und Umweltschützer überhaupt noch nicht vorbereitet.

Die argumentieren wohl, dass der Mensch nicht so stark in die Natur, in Gene, eingreifen dürfe. Was antworten Sie darauf?

Wenn wir es schaffen würden, widerliche Erbkrankheiten, Parkinson, Demenzkrankheiten und so weiter mit Hilfe von Gentherapie über adulte Stammzellen zu beseitigen, dann kann ich nicht sehen, was daran schlecht sein soll. Da muss man schon sehr religiös sein, wenn man dagegen ist. Dann muss man aber auch feststellen, dass der Mensch seit Tausenden von Jahren pausenlos in die bestehende Natur eingreift. Da ist die Gentechnik auch nicht etwas völlig Neues. Aber natürlich wird mit der Grünen Gentechnik viel Schindluder überall auf der Welt getrieben. Ich bin gegen genmanipuliertes Soja und genmanipulierten Mais, aus ökologischen und aus ökonomischen, aber nicht aus religiösen Gründen.

Wie steht es mit Gesundheitsrisiken?

Wenn Sie heute Fleisch essen, ist das Gesundheitsrisiko wegen der Antibiotika und Wachstumshormone vergleichsweise hoch. Mit Massentierhaltungsfleisch nehmen Sie sehr viel Gift in sich auf. Und auch sehr viel Fett. In den In-vitro-Burgern ist überhaupt kein Fett, sondern das Fett wird von außen zugesetzt. Da können Sie sich die Fettsorte und den Fettgeschmack aussuchen. Sie haben auch ein paar Antibiotika in den Zellkulturen. Aber insgesamt wird Fleisch aus dem Labor gesundheitlich voraussichtlich wesentlich gesünder sein als das aus der Massentierhaltung.

Kann man ausschließen, dass durch diese Genveränderungen neue Risiken entstehen?

Rein theoretisch kann man das nicht ausschließen. Aber das können Sie bei allem wissenschaftlich-technischen Fortschritt nicht ausschließen. Ich würde es essen.

Bei Fleischproduktion im Labor bräuchten wir kaum noch Nutztiere. Aber was machen dann die Biobauern, die die Exkremente der Tiere als Dünger brauchen?

Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Es gibt so viele Fragen, die dann ganz neu sind und die ich ganz spannend finde. Landschaftspflege zum Beispiel. Wir haben ja weithin Kulturlandschaften in Deutschland, die das Ergebnis der Viehhaltung sind. Wachsen die dann zu oder wie werden die zukünftig bewirtschaftet? Ich sehe das als interessante Herausforderung. Da entstehen neue Jobs.

Das ist Zukunftsmusik. Derzeit bleibt als Alternative vor allem die vegane Ernährung. Die kommt aber nicht ohne künstliche Vitamin-B12-Zusätze etwa durch Pillen aus, um Mangelerscheinungen zu verhindern. Zeigt das, dass der Mensch von Natur aus tierische Lebensmittel braucht?

Mich interessiert die vegane Ernährung überhaupt nicht. Und ich bin auch kein Fachmann für Ernährungsfragen. Mir geht es um die politische Dimension, dass wir ethisch etwas durchgehen lassen, nämlich die Massentierhaltung, die wir eigentlich mit unserer Sensibilität und unser Moral nicht mehr vereinbaren können.

Wie ernähren Sie sich denn?

Das ist die Frage, die ich am meisten fürchte und zwar aus folgendem Grund: Ich werde wüst beschimpft im Internet dafür, dass ich kein Veganer bin. Weil die Leute denken, dass ich zum Maßstab für andere machen würde, wie ich mich ernähre. Ich möchte aber nicht als Missionar unterwegs sein. Das ist nämlich in dieser veganen Szene sehr verbreitet. Für Veganer sind bereits Vegetarier schlechte Menschen. Und ich plädiere dafür, aus diesem Heiligkeitskult um sich selbst auszubrechen. Ich habe den Eindruck, dass viele Menschen, die in diesem Diskurs moralisieren, sich über Moral wenig Gedanken gemacht haben, also über das, was Moral überhaupt ist. In der Moral geht es nicht darum, dass man selber der beste Mensch wird, sondern unter dem Strich möglichst viel Gutes zu erreichen.

Das heißt, Sie beantworten diese Frage nicht mehr?

Fast jedes Interview beginnt mit dieser Frage.

Dieses endet damit.

Ich denke immer: Was für eine narzisstische Gesellschaft!

Wenn jemand anders lebt, als er redet, ist das doch unglaubwürdig, oder?

Erstens tue ich das nicht. Und zweitens: Über die Ernährungsgewohnheiten des großen Tierfreundes Arthur Schopenhauer wissen wir fast nichts. In früheren Zeiten haben die Leute, wenn Philosophen sich geäußert haben, nicht als erstes geguckt, wie der persönlich lebt. Wir leben heute in einer Gesellschaft, in der sich die Menschen nur noch für das Persönliche interessieren und immer weniger für das Gesellschaftliche und das Politische da drin.

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27 Kommentare

 / 
  • & weils sich so schön reimt

    Auf Fisch & Richard David Precht -

    Mal was & etwas abgefeimt -

    'n alt&feinen Reim vom Hecht!

     

    Bitte - Herr Morgenstern -

     

    Der Hecht

     

    Ein Hecht, vom heiligen Anton

    bekehrt, beschloss, samt Frau und Sohn,

    am vegetarischen Gedanken

    moralisch sich emporzuranken.

    Er aß seit jenem nur noch dies:

    Seegras, Seerose und Seegrieß.

    Doch Grieß, Gras, Rose floss,

    o Graus, entsetzlich wieder hinten aus.

    Der ganze Teich ward angesteckt.

    Fünfhundert Fische sind verreckt.

    Doch Sankt Anton, gerufen eilig,

    sprach nichts als »Heilig! heilig! heilig!«

     

    Christian Morgenstern (1871-1914) http://www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/morgenstern.php

    • 3G
      36120 (Profil gelöscht)
      @Lowandorder:

      Was beweist, daß von prominenten Dichtern auch nicht immer Kluges kommt.

      • @36120 (Profil gelöscht):

        Gehn wir mal für hier davon aus -

        Daß Gedichte/Dichter was - ja was? zu beweisen hätten & seis was Kluges.

         

        Wenn ich bedenke - daß er - zum Schluß etwas Steiner-lastig - zwar die industrielle Revolution ab 1870 ff zeitgenössig mitbekam, aber nur bis 1914 lebte.

        D.h. Die mit WK I einsetzenden riesigen beschleunigten

        Industriellen Umwälzungen & gesellschaftlichen Verwerfungen aber nicht. Anders als meine nur 6 Jahre jüngere Großmutter - die hellwach über 101 wurde & davon zu erzählen wußte.

         

        Ja dann - ist doch aber dann die Erkenntnis des Gedichts "Never touch a running system" & trau den Apologeten nicht!

        Das - ist dann doch ziemlich klug - odr?!

        Mag er auch diese Einsicht - "denn du kannst nur bis zum Horizont gucken" - naheliegenderweise nicht als die Lösung aller anstehenden zukünftigen Probleme gewähnt haben. Auch klug.

        Solches Ansinnen überließ er klug anderen - sicher dafür Berufeneren!;)

  • Das Interview ist sehr schön. Der Herr Precht selbst auch, ja, sehr schön, die beiden. Ich finde es immer schön, wenn schöne Menschen sich Gedanken machen um das Leid der Welt und versuchen, die Dinge zum Schöneren zu wenden.

     

    Und was die hier in einem Kommentar erwähnte schöne Bratwurst am HBF im schönen Trier betrifft, so bin ich sicher, dass diese kaum gelitten hat, als Precht damals - lang ist's her - seine wunderschönen Zähne in sie hinein schlug. Heute hat er die Fleischnahrung hinter sich - passt ja auch irgendwie nicht zu seinem schönen Image.

     

    Was denkt der schöne Herr Precht eigentlich über das Leid einer Antilope, wenn diese die scharfen Krallen eines Löwen im Fleisch spürt und seine schönen Zähne in der Kehle? Und was denkt er über das Leid seiner Elefantenrüsselfische, die normalerweise in den Fließgewässern Westafrikas ihr schönes Leben führen würden. Fließgewässer wohlbemerkt. Befindet sich in Prechts Aquarium ein Fließgewässer? Ich vermute, da muss ein Fließgewässer sein. Sonst würde Precht doch diese Fische dort nicht halten, das wäre ja grausam.

     

    Speist er denn wenigstens den Strom, den diese Tiere mit ihren elektrischen Organen produzieren, klimafreundlich ins öffentliche Netz ein? Und wird er die Tiere irgendwann nach Westafrika zurückbringen und in ihren heimatlichen Gewässern auswildern? Und kann man aus Elefantenrüsselfischen eigentlich Bratwurst machen?

    • @Njerion:

      mal so direkt gefragt: was halten sie persoenlich von massentierhaltung?

  • @@ - Also mal in echt -

     

    Gene - " jede Technik hat Risiken"!

    Das - ist dämlichster Helmut Kohl

    Bei Atom - "was hintern rauskommt" &

    Steinzeitphilosophie - übelst!

    Mal ab - von offensichtlich fehlender Kenne! - oder grad deswegen?!

    kurz - Peinlich - Herr Precht! &

    "Religiös" - Abmeiern?!

    Unterste Kajüte. Punkt.

    • @Lowandorder:

      & Daß auch Sie - Auch nur mit -

      Wasser kochen - Is ja eh längst klar.

      Bi lütten aber was kalkhaltiger!

  • Was ein fein-elaboriertes Interview!

     

    "Das ist Martin Heidegger - der hatte von Tieren keine Ahnung -" & das -

    "Das ist Richard David Precht - der hat von Genen keine Ahnung!" sagt Erwin Chargaff.

    Sagt Rabbi Wolff "Könnt ich von dem Käse da oben ein paar Scheiben haben?" -

    "Das ist ein Schinken!"sagt der Metzger. -

    " Mir ist es egal - wie dieser feine Käse heißt!" & zackoflex -

    Seh ich ihn wieder mit wehendem Haupthaar & Tasche Über die Nord-Süd-Fahrt hasten & order noch'n

    Cappuccino.

  • 3G
    36120 (Profil gelöscht)

    Würde die Industrie ernsthaft in Soja-Fleisch investieren, gäbe es diese ewige Fleisch-essen-Diskussion schon lange nicht mehr. Vielleicht liegt es ja an den vielen Viehbaronen, die durch ihren politischen Einfluß jede Veränderung blockieren. Hast Du Schweine, hast Du Scheine. Weniger Tierleid, weniger Geld.

  • Kompliment: Wieder ein schönes Interview! Also, wir haben gelernt, dass Moral etwas ist, das wir ins Bücherregal stellen. Die ist zwar da, aber konsequent daran, halten müssen wir uns nicht. Ev. hat das ja auch mit Prinzipien zu tun, die Herr Precht hier aus dem Hut zaubert. Offensichtlich hat er das Proseminar zu David Hume verpasst: Es gibt keinen logischen Zusammenhang vom Sein zum Sollen. Ich kann aus dem Sosein von Dingen, Tieren, Personen nicht ableiten, dass sie auch so sein müssten. Der Naturzustand ist nicht irgendwie besser als unsere jetzige Lebensweise, nur weil es natürlich ist. Deswegen finde ich es problematisch, aus Eigenschaften wie Bewusstsein etwa Rechte abzuleiten. Wer definiert das? Aber das neue Buch verkauft sich bestimmt ganz "precht"ig ... Wenn es so langweilig ist wie die anderen, wird es auch viel im Regal rumstehen.

  • An folgender Stelle war der Artikel für mich zu Ende : ´Während ich hier mit ihnen rede, schaue ich auf mein Aquarium. Da sind Elefantenrüsselfische drin.Das sind jene Lebewesen, die in Relation zu ihrem Körper ein größeres Gehirngewicht haben als der Mensch. Dieser Fisch ist elektrisch. Der hat eine enorme Sensibilität und ein hochkomplexes Zusammenleben. Diese Fische sind wie Menschen ´- Und der Herr Philosoph hält sie sich im Aquarium -zu seiner Belustigung. Vielen Dank an den Gilderoy Lockhardt der Tierphilosophie.

    • @Florian Moritz:

      wenn man den fehler beim anderen endlich gefunden hat, brauch man sich um seine eigenen auch nicht mehr kuemmern.

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Deutschlands schlauester Dreitagebart, immer gut für ein paar populärwissenschaftliche Nachdenkzeilen.

  • 3G
    35440 (Profil gelöscht)

    Fleischgegner könne offenbar noch so "Verstandes-voll" auftreten, am Schluss spürt man in jeder zweiten Antwort den Extremismus.

     

    Artgerechte Tierhaltung mit schmerzloser Schlachtung ist für ihn das gleiche wie Milliardenfacher Aussortierung von Menschen. Gleichzeitig hat er aber kein Problem damit mithilfe der Gentechnik all die Menschen schon von Geburt auszusortieren, die nach seiner Meinung nach unter einer Krankheit leiden.

     

    Ach ja, ich vergass, er beschäftigt sich ja nicht mit der Zukunft und "hypothetischen Fragen" für die er keine Verantwortung übernehmen will, sondern lebt lieber im Hier und Jetzt, wo er sich offenbar darauf rausreden kann, dass er nichts ändern kann.

     

    Oder wie soll ich dieses Geschwurbel verstehen?Mal ist es akzeptabel Tiere zu töten, dann ist doch auch ein Fisch zu viel und sollte verboten werden?

     

    Wie wenig Philosophie mit der Realität zu tun hat, merkt man doch schon daran, dass er auf Fragen, die sich aus einer Haltung ergeben, gar nicht mehr eingeht und die zwei Gretchenfrage am Schluss des Interviews überhaupt nicht mehr behauptet. Statt einer Antwort gibt es eine Beleidigung an die Gesellschaft.

     

    Schade, aber dieses interview ist für mich Sinnbildlich für goldenen Kalauer: "Philosophen sind Menschen, die ihre Tagträume als Arbeit Denken tarnen."

     

    Ich finde, die TAZ war hier sehr freundlich und hat sehr gute Fragen gestellt. Da hätte man als Mensch mit Überzeugung auch antworten müssen. Statt sich rauszureden oder Fragen als sinnlos und hypothetisch abzutun.

    • @35440 (Profil gelöscht):

      Wenn man einen Artikel nur nach Schlagworten absucht, kann man ihn nicht verstehen – es steht nichts vom Aussortieren solcher Menschen drin, die eine bestimmte Krankheit haben, sondern davon, solchen Krankheiten mithilfe der Gentechnik zuleibe zu rücken (den Krankheiten, nicht den Kranken!).

      Den Text als Geschwurbel zu bezeichnen, zeugt doch von großem Unverständnis – die Antworten sind nicht nur lesenswert, sondern lohnen auch, darüber nachzudenken. Aber wenn ich gleich mit der Haltung „Fleischgegner“ daran gehe, dann kann das mit dem detaillierten Verstehen oder auch nur Nachvollziehen nichts werden. Vom Fleischgegnertum erzählt Precht nichts, er führt nur Verschiedenes auf, was gegen das Töten von komplexeren Tieren spricht. Explizit zum Verzehr von Fleisch bekennt er sich ja (vielleicht ein wenig unkritisch, das mögen Eingeweihtere ihm vorhalten können), wenn das Fleisch in vitro erzeugt wird.

  • Prima Diskussion hier. Vergleich macht klug. Ich empfehle das Buch "Peace Food" von Ruediger Dahlke.

  • Ich fürchte in einer so veganisierten Welt wie sie einge erträumen wird es weit aus weniger 'frei' lebende Nutztiere geben als jetzt; in einer auf Kostenfaktoren reduzierten Welt ist kein Platz für 'nutzlose' Tiere. Deshalb ist der Ansatz für eine zumindest vegetarische Kultur erst über eine grundsätzliche Veränderung der Produktionsverhältnisse im Allgemeinen zu erreichen.

    Sonst bleibt der Kampf gegen Fleischgenuß immer im Verdacht eines politischen ADS...

    • @Vidocq:

      Aus der Reihe: Probleme einer gewaltlosen Gesellschaft:



      "Du, wir haben zu wenige Tiere hier." - "Hm, ja. Wie wäre es, wenn wir einfach welche einfangen und züchten?" - "Das wär toll! Die dürfen dann aber nicht so lange leben, damit wir mehr züchten können."

  • All jene, die predigen, der Verzehr tierischer Lebensmittel sei gegen die Natur, mögen sich an den Biologie-Unterricht in der Schule erinnern! Gebiss und Verdauungsapparat des Menschen ist auf gemischt tierische/pflanzliche Kost eingerichtet, ebenso wie das z. B. der Bären und Schweine, die sich gleichfalls von Mischkost ernähren.

     

    Wer sich allerdings aus Prinzip („Tierleid“) nur vegetarisch oder gar vegan ernährt, dem sollte bewusst sein, dass er auf halbem Wege stehen bleibt. Denn eigentlich dürfte er auch keine pflanzliche Kost zu sich nehmen: Pflanzen sind mitnichten „schmerzfreie Masse“ und reagieren sehr wohl auf Verletzungen, wie selbst der Laie an jeder Mimose und jedem harzendem Baum beobachten kann.

     

    Nehmen wir mal eine Möhre: Sie wird aus der Erde gezerrt, das Kraut wird abgerissen, sie wird geschält, zerstückelt, vielleicht noch gekocht und aufgegessen. Und all das bei „lebendigem Leibe". Täte man das mit Tieren - der Aufschrei wäre grenzenlos!

     

    Sowohl Tiere als auch Pflanzen sind Lebewesen. Der Unterschied ist nur, dass Pflanzen keine Klagelaute abgeben können und keine traurigen Augen haben!

     

    Noch was. Mit welchen Argumenten würde Herr Precht die Völkerstämme rund um den Polarkreis ermuntern, sich auf pflanzliche Kost umzustellen? Mit Landwirtschaft wird’s dort auch künftig nix, bei Temperaturen unter 0 Grad. Es sei denn, der Klimawandel kommt kräftig voran. Aber das wird Herr Precht hoffentlich nicht ernsthaft in Betracht ziehen!

    • @Pfanni:

      ihr Argument mit den Inuit's ist klasse, und auch in der DDR haben wir im Biologieunterricht das selbe gelernt wie andere, der Mensch ist ein Allesfresser...,

    • 4G
      4932 (Profil gelöscht)
      @Pfanni:

      Ja, Pfanni, das ist der neueste Stuß, den Sie in Ihrem 2. Absatz verkünden.

      Nehmen Sie dann aber bitte zur Kenntnis, daß jeder Fleischesser sich mindestens doppelt versündigt: Die Kuh beißt herzlos den Grashalm ab, der Mensch nimmt der Kuh die Freiheit und dann auch noch das Leben.

      Keine ausgereifte Theorie, die Sie da verkünden.

      • @4932 (Profil gelöscht):

        stimmte früher, heute werden die Kühe mit Gensoja u. Genmais gefüttert, dafür müssen Urwälder gerodet werden und die natürliche Nahrung der Kühe ist dies auch nicht...,

  • Schade, dass Herr Precht denjenigen, die zu dem Schluss gekommen sind, dass es Unrecht ist, Tiere zu töten, die konsequent danach handeln, und sich für die Tiere einsetzen, "holzhackerischer Sicherheit" vorwirft. Auf die Idee, dass auch diese Menschen sich viele Gedanken zu den Thema gemacht haben, oft lange vor ihm, kommt er scheinbar nicht.

     

    Letztendlich sehe ich hier nur ein Schlupfloch, dass sich Herr Precht offen lassen möchte, um eben nicht konsequent dass zu tun, was er als das ethisch richtige Verhalten erkannt hat - wie so viele andere auch.

    • 3G
      36855 (Profil gelöscht)
      @PS:

      Vielleicht will er sich wirklich ein Schlupfloch offen halten, denn anscheinend schmeckt ihm eine Bratwurst sehr gut, jedenfalls an einem Stand vor dem Trierer Hauptbahnhof.

      Ok, ist schon eine Weile her.

      Was er hier so verschwurbelt rüberbringt, in dem Interview, bezüglich Gentechnik etc. läßt mich ihn in einem ganz anderen Licht sehen.

      Menschen, die das Leben der Tiere achten, haben Respekt verdient und keine derartigen Bezeichnungen....

      und nein, ich bin kein Veganer.

  • Schönes Interview. Selten, dass ich mit jemandem 100%ig übereinstimme.

    • 3G
      35440 (Profil gelöscht)
      @Co-Bold:

      Wie bitte? Der ist doch jeder kritischen Nachfrage, zu welchen Entwicklungen seine Meinung und Hypothesen führt, klassisch ausgewichen.

       

      Wie kann man mit einer Meinung übereinstimmen, die offenbar kein Rückgrat hat?

  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    Nur als Ergänzung für das Interview, ein externes Erlebnis.

    Ich habe vor 47 Jahren aufgehört, Fleisch zu essen. Während eines Fahrradausflugs an einem sehr milden und schönen Spätsommertag in Oberbayern sah ich auf einer Wiese etwa 10 Kühe im Dreiviertelkreis um einen Kastenanhänger mit dunkler Plane, die sich alle vollkommen gleich mit den Vorderbeinen flach auf der Wiese, die Hinterbeine normal, richtig eingestemmt haben gegen diesen Wagen, weil sie warscheinlich wussten, daß wieder eine von ihnen gewaltsam in diesen Wagen getrieben werden wird und nie wiederkommen wird.

    Dieses Märchen, daß Tiere keine Empfindungen, Gefühle und Erfahrungen haben, das würde dem Menschen so richtig passen. Freibrief für jeden Tiermord.

    Und ein Märchen, daß der Mensch die Krone der Schöpfung sei.