Regionalparlamentswahl in Katalonien: Absolute Mehrheit für die Separatisten
Die Unabhängigkeitsparteien stellen nach der Wahl 70 der 135 Abgeordneten im Parlament. Mehren sich jetzt die Zweifel an Ministerpräsident Rajoys Krisenpolitik?
„Entweder ändert Rajoy sein Rezept, oder wir ändern das Land“, sagte Ex-Regierungschef Carles Puigdemont im Fernsehen, begleitet von vier ehemaligen Ministern. Puigdemont war nach seiner Entmachtung Ende Oktober nach Belgien geflüchtet. Ein Sprecher erklärte per Textnachricht: „Wir sind die Comeback-Jungs.“ Den Teilergebnissen zufolge dürfte Puigdemonts Partei Junts per Catalunya das Lager der Separatisten mit 34 Parlamentssitzen anführen. Bei einer Rückkehr nach Spanien würde Puigdemont allerdings wohl festgenommen.
Er hatte die Unabhängigkeit der Region ausgerufen und damit das Eingreifen der Zentralregierung ausgelöst. Bereits das Unabhängigkeitsreferendum am 1. Oktober war von der spanischen Justiz als illegal kassiert worden. Die Verfassung Spaniens von 1978 sieht eine Abspaltung einer Region nicht vor.
Zuletzt hat es vonseiten der Unabhängigkeitsbefürworter Signale der Entspannung gegeben. Rajoy hoffte daher auf eine Rückkehr der Region zur Normalität. Ein Sieg der Separatisten könnte dagegen mehr Zweifel an seiner Krisenpolitik aufkommen lassen.
Ciudadanos kann keine Koalition bilden
Die Gegner der Unabhängigkeit verpassten die absolute Mehrheit überraschend deutlich. Umfragen hatten zuvor lange ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit den Separatisten prognostiziert. Dennoch ging die liberale Partei Ciudadanos der Spitzenkandidatin Inés Arrimadas als eigentlicher Gewinner aus der Wahl hervor.
Ciudadanos ist strikt gegen eine Loslösung der Region von Spanien und erzielte 37 Sitze – jedoch gab es wegen des schlechten Abschneidens der möglichen Koalitionspartner keine Chance auf eine Regierungsbildung.
Katalonien ist etwa so groß wie Belgien und liegt im Nordosten des Landes an der Grenze zu Frankreich. Die Region hat eine eigene Sprache und Kultur und ist vergleichsweise wohlhabend. Die Wirtschaftsleistung ist höher als die Portugals und trägt maßgeblich zum spanischen Wachstum bei. Der Konflikt um die Unabhängigkeit hat jedoch zur Verunsicherung geführt: Zahlreiche Firmen in der Region haben ihren Sitz in andere Regionen verlegt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen