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Das Selbstbestimmungsrecht muss man schon achten.
Algerien war mal ein Teil von Frankreich.
Lettland war mal ein Teil der UDSSR.
Tschechien ein Teil von Österreich.
Irland ein Teil des Britischen Königreichs.
usw.
Es ist schon verwunderlich, dass hier von Seiten des Nein-Vertreters mit Zahlen jongliert wird, die schlicht und einfach falsch sind. Die Zahl 52 % ist, bezogen auf das Wahlergebnis, absolut nichtssagenden und inhaltsleer.Ich sehe, dass diese Fälschung in diversen Lesekommentaren hier korrigiert wird. Es wäre höchst an der Zeit, dass Herr Maurin endlich die notwendigen Korrekturen an seinen Behauptungen vornimmt. Es wäre dies im Interesse der Glaubwürdigkeit taz.
Festzuhalten ist eine mediale Gegebenheit, welche in der Berichterstattung über die Krise in Katalonien eine grosse Rolle spielt:
"El Pais", die spanische "Qualitätszeitung", ist in der katalanischen Krise längst zum Propagandahauptinstrument von Rajoy und Co. bei ihren "Partnern" (SZ, FAZ, ZEIT,le monde,La Republica usw.)geworden. Dort wird dann einfach abgeschrieben und so getan, als habe man selber "recherchiert". Leider. Als Einwohner von Barcelona stellt man am laufenden Band fest, dass zahlreiche Journalisten im übrigen Europa einfach die El-Pais-Behauptungen abschreiben, und zwar auch Falschnachrichten und immer wieder falsche Angaben über die angeblichen "Verbrechen" der Independista-Bewegung. Nie wird nachgefragt, was denn beispielsweise der Begriff "Rebellion" bedeutet, wann eine politische Bewegung "Rebellion" erzeugt, wann nicht. Oder der Begriff "Ungehorsam" in einem politischen Prozess, der in Katalonien sehr wohl demokratisch abläuft und ohne jegliche Anwendung von etwas anderem als absolut friedfertig verlaufenden Demonstrationen und Wahlen. Und schon gar nicht - das beweist das Gerede von Herrn Maurin deutlich, haben diese Nachschreiber eine Ahnung, weshalb es - nicht vor hunderten Jahren, sondern seit 2010, überhaupt zu dieser Independista-Bewegung in Katalonien mit Millionen Unterstützerinnen und Unterstützer -gekommen ist.
Jeder macht sich hier seine Wahlergebnisse, die Separatisten haben nicht die absolute Mehrheit der Wählerstimmen und die Loyalisten auch nicht. Ich weiss nicht, ob die Separatisten mit der CUP regieren können und ein Regierungsbündnis aus PP, C's , PSC mit Comu-Podem wird es nie geben. Die Frage sollte also lauten: Wer wird Katalonien regieren und wie? Bevor wild darüber spekuliert wird, ob es zur Unabhängigkeit kommen wird oder nicht.
Was mich aber besonders freut ist Rajoys persönliche Wahlschlappe. Den 155 kann er sich jetzt abschminken, wenn er nicht, berechtigterweise, Unruhen provozieren wiil, denn irgendwann wird die Geduld der Katalanen mit den Franquisten in Madrid zu Ende sein.
Interessant ist auch zu bemerken, dass quer durch alle Fraktionen die wirtschaftsliberalen Kräfte die Wahlen gewonnen haben, personifiziert durch die beiden Todfeinde Puidgedemont und Albert Rivera.
"Jeder macht sich hier seine Wahlergebnisse ..."
Das Wahlergebnis in Katalonien am 21.12.2017
Nachhilfeunterricht im Rechnen von SPIEGEL-User-Joe Amberg:
Tatsächliche Stimmenanteile: - Separatisten-Parteien: 47,45% - Madrid-Parteien: 45,06% - Partei CeC, die sich nicht festlegt: 7,45% Wird CeC exäquo zwischen den Lagern geteilt, ergibt das: - Separatisten 51,215% - Madridis: 48,785%
Vgl.://http://www.spiegel.de/politik/ausland/wahl-in-katalonien-wie-es-nach-dem-sieg-der-separatisten-nun-weitergeht-a-1184608.html#js-article-comments-box-pager
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Demnach: Separatisten 51,215% - Madridis: 48,785%
@Reinhold Schramm Die Arethmetik ist ein Messinstrument, dass die poltische Analyse nicht ersetzen kann. Das wissen Sie genau wie ich Herr Schramm. Und solange Podemos offiziell für eine einheitliche spanische Republik ist, können Sie auch nicht mit Genauigkeit sagen wie viele Mitglieder oder Wähler von Podem für die Unabhängigkeit sind. Das ergibt keinen Sinn. Genausowenig wie das Summmieren von ERC, CUP und dem Unabhängigkeitsverein von Puidgedemont. Es gibt keine politischen Mehrheiten und genau das ist das Problem.
@82236 (Profil gelöscht) Arithmetik
Die immer wieder geforderten 80% Zustimmung, die notwendig sind, gibt es doch: alle diesbezüglichen Umfragen in Katalonien ergeben, dass 80% der Bevölkerung dafür sind, dass Katalonien in einem Referendum über seine Unabhängigkeit entscheidet. Es herrscht allergrößte Einigkeit innerhalb der Bevölkerung, das Ergebnis dieses Referendums zu respektieren. Hier manifestiert sich auch die eigentliche Spaltung der Katalanen: offensichtlich ist das Lager der Unionisten in zwei etwas gleich große Hälften gespalten.
Ansonsten Danke an Herrn Misser für die präzise Analyse, HerrMarin hat die mittlerweile sicher auch gelesen und hoffentlich auch verstanden:-)
"Madrid sollte den Dialog mit den Unabhängigkeitsbefürwortern suchen – über eine Verfassungsreform. Aber keinesfalls über die Modalitäten einer Abspaltung Kataloniens. Denn das würde Separatisten in anderen EU-Staaten stärken und langfristig die Grenzen und damit den Frieden in Europa gefährden."
Was ist denn das für eine Logik? Weil die EU und ihre nationalen politischen Ordnungen dysfunktional sind, soll der Diskurs über eine Regionalisierung der Macht unterbunden werden? Es läßt sich dem entgegenhalten, dass es gerade die fehlende Vermittlungsbereitschaft, ja Feindseligkeit der EU-Staatslenker ist, die Rajoy die Rückendeckung für seinen antidemokratischen Kurs ist.
Juncker mit seinem steuerparadisischen Stadtstaat,
Macron mit dem politischen Gestus des Ancient Regime, Merkel mit der Austeritätspolitik für Resteuropa, Faschistennachfolger wie Rajoy oder die FPÖ, Nationalreligiöse wie die PiS oder Orban - sind sie und ihre politischen Partner es nicht, die mit ihrer politischen Kultur eine Entdemokratisierung betreiben und damit die Zukunft der EU am meisten gefährden?!
Für eine Europäische Republik der Regionen! Nicht-Intervention ist auch eine Form der Intervention. Das heißt, man überläßt denen mit den meisten Waffen und dem meisten Geld das politische Feld. Statt sich eloquent "herauszuhalten" und damit eigentlich Rajoy zu unterstützen, sollten demokratische Routinen, Prozeduralitäten und Standards erarbeitet werden, denen sich Nationalstaaten wie Sezessionisten zu unterwerfen haben, damit eine friedliche und demokratisierende (nicht: 'demokratische') Abspaltung oder aber eine befriedigende und demokratisierende (nicht: 'demokratische') Teilautonomie erreicht werden kann.
Das muss zur Bedingung gemacht werden, mit Sanktionsregime. Der Verweis auf die nationalstaatlichen Grenzen und die Integrativität der EU zeigt lediglich die Schwächen der momentanen Gestaltung der EU auf:
Die nationalen Interessen in der Kommission entwerten das Parlament und die Regionen.
@85198 (Profil gelöscht) "Madrid" kann mit den Unabhängigkeitsbefürwortern garnicht über die Modalitäten einer Abspaltung verhandeln, da diese Abspaltung gegen die Verfassung verstoßen würde. Die spanische Regierung ist für einen entsprechenden Dialog also garnicht zuständig. Zunächst müsste die Verfassung geändert werden. Ergo, es braucht zunächst einen Dialog über eine Verfassungsreform.
Das wäre überhaupt kein Problem!
Wir nehmen einfach mal an, die PP und die PSEO sind so schnell wie bei der letzten Verfassungsänderung, die hat knapp 3 Wochen gedauert, um was ging es da nochmal, ach genau Einführung der Schuldenbremse in Artikel 135. Mit 316 von 350 Abgeordneten verabschiedet, gegen alle Proteste von der "Straße."
Dann ist spätestens Ende Januar alle für weitere Verhandlungen geklärt, Weihnachten und Neujahr haben die Abgeordneten auch Urlaub.
Ebend, also müssen die Separatisten nur die Abgeordneten der PP und PSEO überzeugen. Das wäre von Anfang an der richtige Weg gewesen.
Ich kann mir nur keinen Grund vorstellen, weshalb Herr Rajoy irgendein Ergebnis zusichern sollte.
Selbst bei der Saarabstimmung waren nur 70% dafür. Das ist alles kein Argument.
Madrid sind die Wahlergebnisse Wurscht
Zitat: „Nein, das ist kein Freifahrschein für die Separatisten. Sie haben Sitze verloren, erstmals wird eine prospanische Partei stärkste Fraktion im Regionalparlament sein. Vor allem aber haben 52 Prozent der Wähler gegen die Kräfte gestimmt, die Kataloniens staatliche Unabhängigkeit anstreben.“
Das Für und Wider der Sezession von den Wahlergebnissen abhängig machen, hieße, das Sezessionsrecht der Katalanen prinzipiell anzuerkennen. Aber dies genau tut die PP-Minderheitsregierung in Madrid gerade eben nicht: Selbst wenn 90 % der Wähler für sezessionistische Parteien stimmen würden, änderte dies nichts an dem Dogma der pan-spanisch-kastlischen Nationalisten und ihrer spezifischen Verfassungs-Exegese, wonach eine Abspaltung prinzipiell verfassungswidrig sei, völlig unbekümmert vom Ausmaß des Sezssionsbegehrens der Katalanen und ihres Abstimmungsverhaltens. Nicht nur die Sezession ist aus Madrider Sicht verfassungswidrig, sondern schon die entschlossene Willenskundgebung dazu.
@Reinhardt Gutsche ...Madrid und der EU.
Es scheint mir unerheblich, ob eine Parteiengruppe in Summe 46, 48 oder 55 % bei der Regionalwahl erhalten hat.
Fakt ist, es wählt ein erheblicher Anteil nicht die Parteien, die die Sezession von Spanien wollen.
Ich halte es für unabdingbar erst die Katalanischen internen Verhältnisse so zu klären, dass klar ist, dass man überhaupt in der Lage ist mit einem belastbaren und von den Menschen in Katalonien akzeptierten Konzept auf Madrid zuzugehen; ein Konzept die Abspaltung betreffend, bei gleichzeitigem Verbleib in der EU.
Und letztlich erst dann wenn alle Austrittsmodalitäten klar sind, sollte abermals abgestimmt werden, ob denn die Abspaltung GENAU SO überhaupt mehrheitsfähig ist.
Gleichzeitig sollte auch über Wahlbeteiligungsschwellen z.B. > 80% und einer mindestens 60 % Mehrheit diskutiert werden um eine Abspaltung die Generationen betrifft zu legitimieren.
Wie kommt man auf solche Werte?
Keine Wahl in Spanien auf nationaler Ebene hat jemals mehr als 80% Wahlbeteiligung geschafft, nicht mal die ersten freien Wahlen 1977 und die hatte immerhin 78,83%. Das Referendum über die Verfassung am 6. Dezember 1978 hatte eine Wahlbeteiligung von 67%, bei den 3 Wahlen in diesem Jahrzehnt wurde bei keiner auch nur 70% erreicht.
Und die würde bei einem "echten" Referendum, das Spanien nicht verhindert, sowieso wahrscheinlich erreicht werden.
Zum Vergleich, bei den Wahlen zum schottischen Parlament, die vor dem Referendum 2014 stattfanden, also die von 2011, lag die Wahlbeteiligung bei 50,2%. Die SNP hat 902.915 Stimmen geholt, bei 3.946.869 Wahlberechtigten sind das 22,88% aller schottischen Stimmen und mit diesem Stimmenanteil ist man in London in die Downing Street 10 marschiert und hat gefordert, so wir machen jetzt unser Referendum, wie sind die Bedingungen.
Die Wahlbeteiligung lag beim Referendum übrigens bei 84,68%, bei den folgenden Parlamentswahlen 2016 wieder bei 55,6%.
Und zum Punkt, Abstimmungen die Generationen betreffen.
Ich nehme mal Ihre Werte Wahlbeteiligungsschwelle > 80% und eine Zustimmung von > 60% und nehmen wir mal die Ergebnisse der Referenden über die fünfte EU Erweiterung.
Sie werden mir sicher zustimmen, auch der Beitritt zur EU betrifft auch nachfolgende Generationen und fällt in die gleiche Kategorie von Sezession.
Es gab Referenden in 9 Ländern, Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Zypern.
Wendet man Ihre Kriterien an, hätte kein Land der EU beitreten dürfen, außer Malta hat keiner die 80% Wahlbeteiligung geschafft und da lag die Zustimmung zur EU nur bei 54%.
@Sven Günther Es geht mir nicht um eine exakte Zahl die ich beweisen könnte sondern darum auszudrücken, dass die Hürde bei so einer Entscheidung höher sein sollten als bei der Wahl für eine x-beliebige Legislaturperiode in der vier Jahre irgendwas entschieden wird was reversibel ist.
@Tom Farmer Warum sollte eine demokratisch zustande gekommen Mehrheit nicht ausreichen?
@Sven Günther Ich würde das analog hier in der BuntenRepublikDeutschland am ehesten mit einer Änderung des Grundgesetzes vergleichen. Bei maßgeblichen Änderungen mit grundsätzlichen Auswirkungen ist ein breiterer Konsens nötig, daher anspruchsvollere Mehrheiten definieren.
"Dass die Sezessionisten dennoch die absolute Mehrheit im Regionalparlament haben werden, liegt an einem ungerechten Sitzverteilungsverfahren." Das liegt am spanischen Wahlsystem, es jetzt bei der Wahl in Katalonien als ungerecht zu bezeichnen ist ein billiger Trick. Auch bei der Wahl zum Parlament von Spanien werden bevölkerungsarme Wahlkreise gegenüber Kreisen mit vielen Einwohnern bevorzugt. Es gibt 350 Parlamentarier, 248 werden über das Hare-Niemeyer-Verfahren vergeben und 2 Mandate pro Provinz plus jeweils 2 für die Städte in Nordafrika. Die Provinz Palencia hat 3 Abgeordnete bei 164.644 Einwohnern, also pro Abgeordneter 54.881 Einwohner und die Autonome Gemeinschaft Madrid hat 35 Abgeordnete bei 6.466.996 Einwohnern, also pro Abgeordneter 184.771 Einwohner.
Dieses Wahlsystem sichert der PP bei den Wahlen in Spanien viele Sitze, darum will sie es auch nicht ändern. Die PP brauchte bei den Wahlen 2016 57.965 Stimmen pro Abgeordneter, Podemos zum Beispiel 71.655 Stimmen, das sind 23,6% mehr und da sind die 8% jetzt angeblich unfair?
@Sven Günther Aber Herr Günther, Sie werden doch wohl nicht diese Separatistenterroristen mit der edlen Falange vergleichen wollen?
Kommentar entfernt. Bitte verzichten Sie auf polemische Unterstellungen. Danke, die Moderation
@Kunz Verehrte Moderation, ich werde mich bemühen, aber es fällt mir schwer bei jemandem, der so offensichtlich Fake News verbreitet wie Herr Maurin, der z.B. behauptet "viele" autonome Gemeinschaften hätten ihr Wahlsystem, das bevölkerungsschwache Gegenden bevorzugt, geändert.
Lieber Herr Maurin, wieso blubbern Sie die Zahlenspiele der Propaganda-Postille "El Pais" mit ohne selber nachzurechnen?
Ich habe gerade mal eine Tabellenkalkulation angeworfen: Das absurde spanische Wahlrecht - wer genau müsste hier eigentlich etwas ändern? - begünstigt große Parteien und benachteiligt kleine, also z.B. auch die CUP, die CEC-Podem und auch Rajoys PP.
Wenn man die absoluten Zahlen der Stimmberechtigen nimmt, dann landen die klar separatistischen Parteien bei 48,25% und die gegen die Autonomie Kataloniens innerhalb Spaniens agierenden Parteien der derzeitigen Regierungskoalition in Madrid bei 40% (postfaschistische PP und rechts-neoliberale Ciudanos).
Die Parteien, die sich gegen eine Unabhängigkeit von Spanien ausgesprochen haben (also inklusive PS), landen bei 44,18% der Stimmen, sind also in der Minderheit.
Die Parteien die z.B. ein Unabhängigkeitsreferendum befürworten - und damit nach Auffassung der Regierung in Madrid eine neue Verfassung in Spanien wollen - sind aber von einer absoluten Mehrheit der Wähler gewählt worden!
Und ganz nebenbei: Wenn man deutsches Wahlrecht ansetzen würde (ist das jetzt der neue Demokratie-Goldstandard???) dann würden sich die Verhältnisse noch ein kleines bisschen weiter zugunsten der Referendumsbefürworter verschieben.
Es handelte sich nur um eine Wahl einer Regionalregierung. Nicht mehr und nicht weniger. Die Rechte und Befugnisse dieser neuen Regierung sind in der spanischen Verfassung geregelt. Es macht keinen Sinn, mehr in diese Wahl hinein zu deuten. Es handelte sich insbesondere nicht um ein Referendum um eine Unabhängigkeit Kataloniens.
Sollte die neue Regierung den gesetzlichen Rahmen überschreiten, wird halt erneut Artikel 155 ausgerufen. Davon wird Spanien nicht untergehen.
Das Gedenken zum 7. Oktober an Hamburger Schulen sorgte für Kontroversen. Eine Lehrerin schildert ihre Erfahrung dazu.
Pro und Kontra Wahl in Katalonien: Ein Votum für die Unabhängigkeit?
Die Mehrheit haben die Separatisten gewonnen. Doch ist damit das Ergebnis auch ein Votum für die Abspaltung?
Noch wehen sie Seit an Seit im Wind: Kataloniens und Spaniens Fahne Foto: dpa
Ja,
der Sieg der Unterstützer der Unabhängigkeitsbewegung ist klar. Die Verteidiger der spanischen Verfassungsordnung betonen zwar, die Wahl vom 21. Dezember stellen kein Votum für die Unabhängigkeit dar, weil die für ein unabhängiges Katalonien eintretenden Parteien nur 47,55 Prozent der Stimmen erhielten. Doch bei genauem Hinsehen ist die Sache komplizierter.
Es ging bei dieser Wahl um die Wiedergewinnung der katalanischen Souveränität, die Spaniens Zentralstaat per Aktivierung des Art. 155 der Verfassung außer Kraft gesetzt hat. Die Parteien, die diesem Schritt zustimmen, haben nur 45,01 Prozent geholt – die Gegner haben die Mehrheit. Wie es Puigdemont ausdrückt, der sich für den „legitimen“ Präsidenten Kataloniens hält: „Die Katalanische Republik hat die Monarchie des Artikels 155 besiegt.“
Eine vollständige Wahlanalyse darf die Partei CEC-Podem (Catalunya en Comú-Podem) der Bürgermeistern von Bacrcelona, Ada Colau, nicht vernachlässigen. Diese politische Kraft, in der sich Grüne und Exkommunisten wiederfinden, hat beim Unabhängigkeitsreferendum nicht zum Ja aufgerufen, aber sie hat das Referendum an sich gutgeheißen, sie lehnt Art. 155 ab und erkennt Puigdemont als Präsidenten an. Ist es legitim, die 7,44 Prozent dieser Partei zum Lager der Unabhängigkeitsgegner dazuzurechnen, um diesem eine Mehrheit anzudichten?
Welches Lager gewonnen hat, ist klar. Die Partei des spanischen Ministerpräsidenten ist dahingeschmolzen wie Schnee in der Sonne, die Parteien um Puigdemont behalten ihre Mehrheit. Wer von beiden kann einen Erfolg verbuchen? Das könnte sich positiv auswirken, wenn Madrid sich nun davon überzeugen ließe, den Weg der Repression zu verlassen und einen Dialog über eine gütliche Trennung einzuleiten. Francois Misser
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Nein,
das ist kein Freifahrschein für die Separatisten. Sie haben Sitze verloren, erstmals wird eine prospanische Partei stärkste Fraktion im Regionalparlament sein. Vor allem aber haben 52 Prozent der Wähler gegen die Kräfte gestimmt, die Kataloniens staatliche Unabhängigkeit anstreben. Das ist kein zufälliges Ergebnis oder Folge einer angeblichen Unterdrückung durch Madrid, es war auch schon bei früheren Wahlen und Umfragen so ähnlich.
Dass die Sezessionisten dennoch die absolute Mehrheit im Regionalparlament haben werden, liegt an einem ungerechten Sitzverteilungsverfahren. Das sorgt in Katalonien dafür, dass nationalistische Parteien regelmäßig mehr Mandate erhalten, als ihrem Anteil an den Wählerstimmen entspricht. So mussten die prospanischen Ciudadanos rund 8 Prozent mehr Stimmen je Sitz aufbringen als die größte separatistische Allianz JuntsXCat. In Deutschland ist dieses Verteilungsverfahren vor Jahren im Bund und in den meisten Ländern abgeschafft worden.
Die Separatisten sollten endlich zur Kenntnis nehmen, dass sie in der Minderheit sind. Und die Regierung in Madrid muss endlich akzeptieren, dass die Separatisten zu stark sind, um sie mit der Justiz zu bekämpfen. Sie muss ihnen durch mehr Mitspracherechte und mehr Geld für einige der autonomen Regionen Spaniens den Nährboden unter den vielen Katalanen entziehen, die nicht fanatische, sondern pragmatische Nationalisten sind.
Madrid sollte den Dialog mit den Unabhängigkeitsbefürwortern suchen – über eine Verfassungsreform. Aber keinesfalls über die Modalitäten einer Abspaltung Kataloniens. Denn das würde Separatisten in anderen EU-Staaten stärken und langfristig die Grenzen und damit den Frieden in Europa gefährden. Jost Maurin
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Kommentar von
François Misser
Autor*in
Kommentar von
Jost Maurin
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.
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