Regierungserklärung von Kanzler Scholz: Marshallplan für die Ukraine

Bundeskanzler Olaf Scholz fordert einen Plan für den Wiederaufbau der Ukraine. Auch will er das Land und einige Balkanstaaten in die EU aufnehmen.

Olaf Scholz hört den Reaktionen auf seine Rede zu Foto: Markus Schreiber/ap

BERLIN taz | Bundeskanzler Olaf Scholz hat am Mittwoch im Bundestag einen internationalen „Marshallplan“ für den Wiederaufbau der Ukraine gefordert. Der Wiederaufbau des Landes sei eine „Generationenaufgabe“, werde viele weitere Milliarden Euro und Dollar brauchen, und das über Jahre, so Scholz. Er kündigte die Einberufung einer internationalen Expertenkommission an. Die soll beraten, welche Investitionen nötig sind, „um die Ukraine auf ihrem europäischen Weg voranzubringen“.

Mit einem Marshallplan hatten die USA nach dem Zweiten Weltkrieg Deutschland und weiteren Ländern Westeuropas wirtschaftlich wieder auf die Beine geholfen. Der Besuch im kriegszerstörten Irpin und in Kiew in der vergangenen Woche hatte Scholz sichtlich beeindruckt. Er kündigte an, dass Deutschland die Ukraine weiterhin massiv unterstützen werde, auch mit Waffen. Die versprochenen Panzerhaubitzen seien inzwischen in der Ukraine, die Ausbildung am Gepard laufe. Ziel sei es, Putin zu stoppen.

Die Regierungserklärung, die traditionell vor den Treffen der EU-Staatschef:innen erfolgt, war diesmal Auftakt zu einem regelrechten Gipfelmarathon. Am Donnerstag und Freitag tagt der EU-Rat in Brüssel, am Wochenende fliegt Scholz nach Elmau, wo er Gastgeber des G7-Treffens, der wirtschaftsstärksten Demokratien ist, und in der Woche darauf reist er zum Nato-Gipfel nach Madrid. Drei Treffen, deren Ergebnisse „auf lange Zeit die politische Ordnung auf unserem Kontinent und damit das Leben der Menschen in Europa bestimmen werden“, wie CDU-Chef Merz zutreffend analysierte.

Scholz erklärte, dass Deutschland bei diesen Weichenstellungen eine zentrale Rolle spielen und dass man sich dieser Verantwortung stellen werde. Einen Tag zuvor hatte der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil von „Führungsmacht“ gesprochen. Den Begriff nahm Scholz nicht in den Mund, doch es war, als hätte die Rede Klingbeils bei ihm einen Schalter umgelegt. Mit ungewöhnlich klaren Ansagen und fester Stimme trat Scholz am Mittwoch auf, wie man es von einem Leader eben erwartet.

Mit ungewöhnlich klaren Ansagen und fester Stimme trat Scholz am Mittwoch auf

So bekräftigte Scholz erneut, dass er sich mit Nachdruck dafür einsetzen werde, dass die Ukraine und Moldau in den Kreis der EU-Beitrittskandidat:innen aufgenommen würden. Sein Ziel sei: „27 mal Ja“. Um neue Kan­di­da­t:in­nen aufzunehmen, müssen alle EU-Mitglieder einverstanden sein. Deutschlands Votum im Vorfeld ist ein mächtiger Wink, für die übrigen Mitglieder, dem Beispiel zu folgen. Der Kanzler machte sich aber auch dafür stark, die Länder des Westbalkans, die zum Teil seit 17 Jahren im Kandidatenstatus hängen, endlich in die EU zu holen. „Wir wollen und brauchen den Westbalkan in der EU.“ Ein stabiler Balkan liege im europäischen Interesse.

Den östlichen Nato-Partnern versicherte Scholz, dass sie sich auf Deutschland verlassen könnten. Auf dem Nato-Gipfel soll ein neues strategisches Konzept beschlossen werden. Diesmal eines ohne Partnerschaft mit Russland.

Oppositionschef Merz hatte wenig zu meckern. Scholz war – endlich – in die Ukraine gereist, Waffen werden geliefert – wie von der Union gefordert. „Aber wo ist eigentlich ihr Parteichef“, fragte Merz mit scharfem Blick in den Saal. Klingbeil war abwesend. Da muss Scholz wohl ein wenig mehr Führung zeigen.

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