Regierungsbildung in Berlin: Sondierungen auf der Zielgeraden
SPD, Grüne und Linke haben wohl eine Möglichkeit gefunden, mit dem Enteignen-Volksentscheid umzugehen. Ist das eine Vorentscheidung?
Auch wenn Giffey nur über den Umgang mit dem erfolgreichen Entscheid zur Enteignung großer Wohnungsunternehmen spricht – die beiden Sätze könnten gleichwohl den Weg bahnen für eine erneute rot-grün-rote Regierung in Berlin. Denn die mögliche Umsetzung des Volksentscheids gilt als größtes Hindernis für Rot-Grün-Rot II: Während die Linke dies vehement einfordert, hatte Giffey es im Wahlkampf sogar aus „Gewissensgründen“ abgelehnt.
Details, wie dieser Weg aussehen könnte, werden am Montagabend nicht mitgeteilt. Aber aus grünen Kreisen wird der taz bestätigt, dass man Giffeys Einschätzung teile. Und Katina Schubert, Vorsitzende der Linkspartei, wählt ähnliche Worte in Bezug auf den Volksentscheid: „Es könnte einen Pfad geben.“
Die Regierungsbildung in Berlin nach der Wiederholungswahl am 12. Februar ist kompliziert. Rein rechnerisch möglich sind drei Bündnisse: Die CDU, mit 28 Prozent klar stärkste Partei geworden, könnte entweder mit SPD oder Grünen ein Zweierbündnis bilden. Und obwohl SPD, Grüne und Linke insgesamt fünf Prozentpunkte verloren haben im Vergleich zu 2021, hätten auch sie zusammen eine Mehrheit im Parlament. Franziska Giffey könnte so, obwohl ihre SPD als Wahlverliererin gilt, das Rote Rathaus verteidigen.
Seit zehn Tagen sondieren alle vier Parteien. Die Lage ist verworren, weil es angesichts der vergleichsweise vielen Optionen keinen klaren Fahrplan gibt. Irgendwann muss sich eine der drei großen Parteien – CDU, SPD und Grüne – aus der Deckung wagen. Letztlich hängt es aber vor allem an der SPD: Sie kann – oder vielmehr muss – entscheiden, ob sie weiter mit Giffey regieren will, als Juniorpartnerin mit der CDU zusammen oder gar ganz in die Opposition geht.
Bettina Jarasch, Grüne
Letzte Gespräch zwischen CDU und Grünen
An diesem Dienstag findet die voraussichtlich letzte Runde der Sondierungen statt: Die CDU spricht noch einmal mit den Grünen. Inzwischen gilt dies jedoch als die unwahrscheinlichste der drei Möglichkeiten. So ist unsicher, ob die in Berlin sehr linke grüne Basis überhaupt einer solchen Koalition zustimmen würde; Spitzenkandidatin Bettina Jarasch sagt am Montag, man werde nicht in eine „Koalition mit offenen Sollbruchstellen gehen“. Das kann durchaus als Absage an die CDU gewertet werden.
Zudem ist die inhaltliche Nähe von CDU und SPD deutlich größer. Und schließlich wurde durch die Wiederholungswahl die Legislaturperiode nicht verlängert: Sie endet bereits in dreieinhalb Jahren – wenig Zeit, um politische Ideen effektiv umzusetzen. Von daher könnte diese letzte Runde der rot-grün-roten Sondierungen am Montag tatsächlich den Weg frei gemacht haben für eine Verlängerung von Rot-Grün-Rot.
Die Verhandler*innen der Linkspartei wollen bereits am Dienstagabend dem Landesvorstand einen Vorschlag unterbreiten, ob man erneut eine Regierungsbeteiligung anstreben sollte. Für Freitagabend ist ein Sonderparteitag angesetzt, der darüber abstimmen könnte. Zuvor hatten elf der zwölf Kreisverbände öffentlich dafür plädiert, eine Regierungsbeteiligung von einer Zustimmung für ein Enteignungsgesetz abhängig zu machen. Die Grünen wollen wohl Mitte der Woche eine Entscheidung herbeiführen. Die SPD hat für Mittwochabend eine Sitzung des Landesvorstands anberaumt.
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