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Reform des KlimaschutzgesetzesRan ans Auto!

Susanne Schwarz
Kommentar von Susanne Schwarz

Die Ampel schwächt das Klimaschutzgesetz ab – und Au­to­fah­re­r:in­nen können sich freuen, dass es kein Fahrverbot gibt. Der Verkehr bleibt ein Problem.

Mehr Zug und weniger Auto, wäre eine Lösung, hier die A3 in NRW Foto: Jochen Tack/imago

G erade wollte man dem Verkehrsminister dazu gratulieren, dass er nach nicht einmal zweieinhalb Jahren das geltende Klimaschutzgesetz verstanden hat – da einigen sich die Fraktionen der Ampelkoalition im Bundestag doch noch auf dessen Verwässerung.

Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte damit gedroht, er werde zu drastischen Maßnahmen wie Autofahrverboten greifen müssen, wenn es bei den bisherigen Regeln bleibe. Die zwingen Mi­nis­te­r*in­nen dazu, Sofortprogramme vorzulegen, wenn in ihren Bereichen zu viel Treibhausgas ausgestoßen wurde. Das ist beim Verkehr der Fall, wie am Montag der Expertenrat für Klimafragen für 2023 bestätigt hat. Durch ein Sofortprogramm soll die Einhaltung „für die folgenden Jahre“ gewährleistet werden.

Die Formulierung lässt Interpretationsspielraum. Legt man sie eng aus, gilt sie gleich für das Folgejahr, also das jetzt laufende. Das Umweltbundesamt prognostiziert, dass der Verkehr 22 Millionen Tonnen CO₂ zu viel ausstoßen wird. Das ist eine Menge. Einzelne Maßnahmen können die Lücke nicht schließen.

Ein Tempolimit könnte zwar schon helfen, jährlich etwa 11 Millionen Tonnen CO₂ zu sparen. Dafür dürften auf Autobahnen nur noch 100 Kilometer pro Stunde gefahren werden, 80 außerhalb von Ortschaften und 30 in Städten. Überfällige Maßnahmen wie das Streichen des Dieselprivilegs oder der Ausbau der Bahnschienen wirken viel langfristiger. Viel mehr als die Einschränkung des Autofahrens bleibt da nicht.

Wimmelbild der Klimapolitik

Die Reform des Gesetzes macht es unverbindlicher. Die Pflicht zum Sofortprogramm in seiner jetzigen Form soll entfallen. Statt die Mi­nis­te­r*in­nen für den Klimaschutz in ihren jeweiligen Bereichen zur Verantwortung zu ziehen, soll die Bundesregierung insgesamt für das große Ganze zuständig sein. Das klingt nach einer Formalität. Geht man davon aus, dass alle Regierenden immer mit aller Kraft den Klimakollaps abwenden, ist das auch so. In der Praxis macht das aber möglich, dass die Regierung Probleme und Verfehlungen in einem großen Wimmelbild der Klimapolitik verschwinden lässt.

Denn ob man es nun Sofortprogramm nennt oder anders: Im Verkehr müssen die CO₂-Emissionen dringend sinken. Und es muss ans Auto gehen. Das ist offensichtlich, wenn man sich anschaut, woher die Treibhausgas-Emissionen im Verkehr kommen. Der Sektor wird im laufenden Jahr voraussichtlich 145 Millionen Tonnen CO₂ emittieren. Rund 140 Millionen Tonnen davon kommen von Pkws, Lkws und Bussen. Wenn die Bundesregierung es mit der Klimaneutralität bis 2045 ernst meint, muss sie das angehen.

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Susanne Schwarz
Leiterin wirtschaft+umwelt
Jahrgang 1991, leitet das Ressort Wirtschaft + Umwelt und schreibt dort vor allem über die Klimakrise. Hat ansonsten das Online-Magazin klimareporter° mitgegründet.