Rechtsextremer AfD-Richter Jens Maier: „Kleiner Höcke“ ist noch zu stoppen

Das sächsische Justizministerium sieht sich verpflichtet, den AfD-Politiker Maier wieder als Richter einzustellen. Ein Staatsrechtler widerspricht.

Maier trägt eine löchrige scharze Maske, ein Mann schaut ihn amüsiert von unten an

Jens Maiers Mundschutz ist ähnlich löchrig wie sein Verständnis von Menschenwürde und Demokratie Foto: Jens Jeske

BERLIN taz | Jens Maiers klar rechtsextreme Gesinnung lässt sich schnell zusammenfassen: Der ehemalige Bundestagsabgeordnete der AfD Sachsen sprach mit Blick auf Migration von der „Herstellung von Mischvölkern“, in Bezug auf NS-Aufarbeitung von „Schuldkult“ und nannte die NPD die einzige Partei, „die immer geschlossen zu Deutschland gestanden“ habe. Maier gehört zur völkischen Strömung der Partei, bezeichnete sich selbst als „kleiner Höcke“ und äußerte Verständnis für den Rechtsterroristen Anders Breivik. Auch der sächsische Verfassungsschutz stuft ihn als Rechtsextremisten ein.

Das sächsische Justizministerium unter der Leitung der Grünen-Politikerin Katja Meier scheint das eher wenig zu stören. Trotz alledem erkennt es an, dass Maier nach seiner verpassten Wiederwahl für den Bundestag wieder Richter werden kann. Den Antrag auf Wiedereinstellung habe Maier im Dezember fristgerecht gestellt.

Da könne man nichts machen, so das Ministerium sinngemäß auf taz-Anfrage mit Verweis auf das Abgeordnetengesetz: „Danach ist ein Richter […]spätestens drei Monate nach Antragstellung wieder in das frühere Dienstverhältnis zurückzuführen.“ Amt und Gehalt müssten mindestens „gleichwertig“ sein. Spätestens Ende März könnte Maier also wieder Richter sein. Zwar gab es bereits einen disziplinarischen Verweis, aber der ist offenbar bereits verjährt.

Die defensive Haltung des Ministeriums zog vergangene Woche große Empörung nach sich. Aber Schadensbegrenzung schien das Einzige zu sein, wozu sich die grün geführte Behörde imstande sah: Maier habe keinen Anspruch auf dieselbe Dienststelle. Das Justizministerium entscheide, wo Maier eingesetzt werde. Ebenso betont das Ministerium mittlerweile, dass Maier nach seiner Rückkehr ein weiteres Disziplinarverfahren drohen könnte – insofern der dann zuständige Vorgesetzte dies für erforderlich hält.

„Rechtsextremer Marsch durch die Institutionen“

Justizministerin Meier, die sich sonst gern den Kampf gegen rechts auf die Fahnen schreibt, möchte sich nicht zur Sache äußern. „Da es sich um eine nicht abgeschlossene Einzelpersonalmaßnahme handelt, können hierzu keine Kommentare durch Frau Staatsministerin abgegeben werden“, teilt Sprecherin Anna Gürtler mit. Auch Fragen zu Disziplinarverfahren gegen Maier seien „mangels verwertbarer Informationen hierzu“ nicht zu beantworten. Wie man wenigstens künftig verhindern könne, dass Rechtsextremisten zurück in den Justizdienst dürfen? Auch hierzu könne keine Antwort erteilt werden, so das Ministerium auf taz-Anfrage. Fürs Abgeordnetengesetz sei der Bund zuständig.

Der Rechtswissenschaftler Andreas Fischer-Lescano kritisiert derweil die „skandalöse Nonchalance“ des sächsischen Justizministeriums. In einem Beitrag im Verfassungsblog schreibt er, dass Maier auf keinen Fall wieder Richter werden dürfe: „Am sächsischen Beispiel zeigt sich wie in einem Brennglas, wie wenig wehrhaft die deutsche Justiz gegen die grassierende Gefahr des Rechtsextremismus aufgestellt ist und wie ungehindert der rechtsextreme Marsch durch die Institutionen vonstatten geht.“

Laut Fischer-Lescano hat das Ministerium angesichts der Radikalität von Maiers Ausfällen durchaus die Möglichkeit, tätig zu werden. Nach seiner Einschätzung könnte das Ministerium parallel zum Rückkehrverfahren ein weiteres Disziplinarverfahren gegen Maier einleiten, Disziplinarklage erheben und Maier vorläufig des Dienstes entheben.

Anlässe gebe es dafür genug: Schließlich habe sich Maier während seine ruhenden Dienstzeit im Bundestag weiter radikalisiert. Auch Richter außer Dienst seien der demokratischen Grundordnung verpflichtet, so Fischer-Lescano. Erst im März 2021 sei im Fall des rechtsextremen Staatsanwalts und AfD-Abgeordneten Thomas Seitz höchstrichterlich geklärt worden, dass dessen Entlassung rechtmäßig war. Demnach können rechtsextreme Ausfälle schwere Dienstvergehen darstellen. Seitz hatte ähnlich wie Maier rassistisches Gedankengut in den sozialen Medien geteilt.

Auf erneute Nachfrage der taz, inwiefern das sächsische Justizministerium vor diesem Hintergrund möglicherweise ein weiteres Disziplinarverfahren anstreben will, äußerte sich die Behörde bislang nicht. Auch Maier selbst wollte auf taz-Anfrage keine Stellung beziehen.

Maier ist dabei nicht die einzige Baustelle der sächsischen Justiz: Erst kürzlich hatte der sächsische Verfassungsgerichtshof die Nicht-Zulassung eines III.-Weg-Kaders zum Rechtsreferendar kassiert – obwohl dessen Beschwerden vom Bundesverfassungsgericht 2021 noch abgewiesen wurde. Dabei hatte das Justizministerium die Ausbildungsbedingungen sogar noch verschärft, weil in Sachsen bereits im Mai 2020 ein nach Neonazi-Krawallen wegen Landfriedensbruchs verurteilter Mann Volljurist werden durfte.

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